Der "Tatort" vom letzten Sonntag rückt ein Thema in den Mittelpunkt, über das Monika Claasen ein Buch geschrieben hat und das jetzt neu aufgelegt wird.
Als im Jahr 2008 ihr Buch "Der Alltag mit demenzerkrankten Menschen" - damals noch unter ihrem Namen Monika Hammerla - erschien, war es der Renner. "Ich habe sehr viele Rückmeldungen von Angehörigen bekommen", erzählt die Autorin, "das hat mich bestärkt, weiterzumachen".
In den nächsten Wochen erscheint die zweite, aktualisierte Auflage des Buches. Und wie präsent dieses Thema nach wie vor in vielen Familien ist, zeigte der "Tatort", der am zurückliegenden Sonntag in der ARD lief. Worum ging es? Ein alter Mann lebte mit seiner demenzerkrankten Frau zu Hause. Ein Pflegedienst, der das Ehepaar eigentlich unterstützen sollte, zog den Senior in einen Abrechnungsbetrug hinein. Denn wie viele andere Familien war er offenbar mit seinen finanziellen Möglichkeiten kaum noch in der Lage, sich gute Betreuung zu leisten.
"Warum stirbst du nicht endlich, Mama?"
Ein zweiter Handlungsstrang erzählte von einer Tochter, die ihre erkrankte Mutter pflegte und damit physisch und psychisch an ihre Grenzen kam. Das Ergebnis: häusliche Gewalt gegen die eigentlich geliebte Mutter und schließlich die Frage: "Warum stirbst du nicht endlich, Mama?"
Für Monika Claasen ist das alles nichts Neues. "Es kommt immer wieder vor, dass überforderte pflegende Angehörige gewalttätig werden." Denn die Anforderungen sind hoch. Wenn der Tag-Nacht-Rhythmus kippt, weil die Demenzerkrankten nachts nicht schlafen, wenn Inkontinenz dazukommt oder aggressives Verhalten, dann sei ein Punkt erreicht, an dem die Pflegenden mit ihrer Kraft am Ende sind und keinen Ausweg mehr wissen.
Rechtzeitig Hilfe holen
So weit muss es nicht kommen, ist Monika Claasen überzeugt. Doch: "Oft holen sich die Angehörigen zu spät Hilfe." Die gibt es in Coburg zum Beispiel bei den Wohlfahrtsverbänden und im Awo-Mehrgenerationenhaus am Bürglaßschlösschen. Die bieten Schulungen, aber auch Kurzzeit- und Verhinderungspflege an, um die Angehörigen zu entlasten.
"Erster Ansprechpartner sollte aber in der Regel der Hausarzt sein, dem man die Krankheitssymptome schildert." Neurologen und geriatrische Fachärzte können darüber hinaus in Tests feststellen, ob tatsächlich eine Demenzerkrankung vorliegt. Denn sogenannte Verwirrtheitszustände haben mitunter auch andere Ursachen - zum Beispiel zu wenig Flüssigkeitsaufnahme oder ein Vitamin-B12-Mangel. "Nach der ärztlichen Untersuchung sind Gespräche in der Familie empfehlenswert. Es sollte geprüft werden, ob eine Patientenverfügung vorliegt und wichtige Angelegenheiten des Erkrankten geregelt werden", erläutert Claasen.
Auch die Schulungen der pflegenden Angehörigen und des Pflegepersonals in den Einrichtungen hält die Buchautorin, Pflegefachkraft für Gerontopsychiatrie und geriatrische Rehabilitation sowie Fachtherapeutin für Gedächtnistraining, für unabdingbar. Sie hat selbst viele Jahre in Pflegeeinrichtungen gearbeitet, Schulungen geleitet und bietet sie auch jetzt noch an.
Widerspruch ist nicht sinnvoll
"Es ist wichtig, mit den Demenzerkrankten zu kommunizieren. Wie das möglich ist, habe ich in meinem Buch beschrieben." Oft sei es so, das Fehlreaktionen falsch gedeutet werden. "Sie sind nicht rational, haben nichts mit Trotz oder Vergeltung zu tun. Die Gefühle werden nicht dement." Deshalb sei es nicht sinnvoll, den Erkrankten zu widersprechen, ihnen die Würde zu nehmen. "Ich sage in den Schulungen immer, man muss ihnen Recht geben, locker und freundlich bleiben, dann spiegeln sie dieses Verhalten", sagt Monika Claasen.
Um zu erlernen, wie man das hinbekommt, seien die Angehörigenkurse dringend erforderlich. "Sie verbrennen sonst." Als eine Handreichung für zu Hause und als Ergänzung betrachtet die Autorin aber auch ihr Buch, dessen Neuauflage demnächst im Handel erhältlich sein wird. Ein Leser schrieb ihr Anfang März erst dazu: "Der wichtigste Führer durch und für das Leben mit meiner Frau."