Novecento verlässt das Schiff nie

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Tom Tooney (Frederik Leberle) erinnert sich an seinen Freund Novecento. Foto: Andrea Kremper
Tom Tooney (Frederik Leberle) erinnert sich an seinen Freund Novecento.  Foto: Andrea Kremper

Das Landestheater Coburg erzählt die geheimnisvolle und anrührende Geschichte des "Ozeanpianisten" Novecento. Frederik Leberle gibt den Monolog von Alessandro Baricco in der Reithalle.

Es ist eine merkwürdige Geschichte, vorsichtshalber als modernes Märchen deklariert. Ein Junge wächst Anfang des 20. Jahrhunderts wie außerhalb der Welt und doch tief verquickt mit ihr auf einem Ozean dampfer auf, den er sein Leben lang nicht verlässt.

Der Junge entpuppt sich als geniales Klaviertalent, wie auch immer er das auf dem Schiff werden konnte. Er verzaubert das Heer von Passagieren, die Reichen, wie die armen Auswanderer, mit seiner ganz eigenen Musik zwischen Volkstum und Jazz. Der Junge wird weltberühmt. Den Dampfer verlässt er jedoch auch dann nicht, als der nach dem Zweiten Weltkrieg zur Verschrottung in Plymouth liegt.

Alessandro Bariccos Erzählung "Novecento", die Legende vom "Ozeanpianisten", hat 1999 in der grandios-nostalgischen Verfilmung von Giuseppe Tornatore - mit Musik von Ennio Morricone - diejenigen tief berührt, die Sinn haben für das Wunderbare in unserer sogenannten ganz normalen Welt.


Geboren am 1. Januar 1900

Barricos 1994 uraufgeführter Theatermonolog ging ein bisschen anders als Tornatore die Geschichte von dem auf dem Ozeandampfer zunächst versteckt aufgezogenen Novecento erzählt. Der Junge wurde so genannt, weil er am 1. Januar 1900 von einem Maschinisten gefunden wurde, von Auswanderern zurückgelassen in einer Pappschachtel auf dem Piano des Ballsaales.

Das Wunderbare vom Mikrokosmos im Makrokosmos oder umgekehrt ist beiden Verarbeitungen des Stoffes eigen. Das Stück Theaterliteratur spricht intensiv vom Geheimnis des Lebens, der Kunst und der Fantasie, während es gleichzeitig die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts spiegelt.


Leberle erzählt und spielt

Am Landestheater Coburg, in der Reithalle, erzählt ab kommenden Samstag der Schauspieler Frederik Leberle als Trompeter Tom Tooney die unglaubliche Geschichte seines Freundes Novecento, den er auf dem Ozean dampfer kennengelernt hatte. Im rückblickenden Monolog schlüpft Frederik Leberle in die verschiedenen Rollen. Regie führt bei dieser Produktion erstmals die seit letzter Spielzeit am Landestheater Coburg engagierte Regieassistentin Mascha Pitz.

Im Theater Krefeld-Mönchengladbach läuft "Novecento", das zu den einflussreichsten und erfolgreichsten postmodernen italienischen Theaterstücken gehört, übrigens bereits in der elften Spielzeit.

Landestheater Coburg: Novecento - Die Legende vom Ozeanpianisten. Monolog von Alessandro Baricco. Inszenierung Mascha Pitz; Bühnenbild und Kostüme Thomas Unthan; Dramaturgie Carola von Gradulewski; Darsteller: Frederik Leberle. Premiere am Samstag, 7. November, 20 Uhr, Reithalle.

Der Autor Alessandro Baricco wurde 1958 in Turin geboren. Er studierte Philosophie und Musikwissenschaft und veröffentlichte in verschiedenen Gebieten, so über Adorno, Walter Benjamin, Gioachino Rossini und die Neue Musik. Baricco arbeitete lange Zeit als Musikkritiker. Populär wurde er durch seine Tätigkeit beim Fernsehen. Seit 1994 leitet Baricco eine Literaturhochschule namens Scuola Holden in Turin, wo er bis heute lebt. wp