Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verbänden setzen sich bei der evangelischen Landeskirche für den Erhalt ein.
Der Beschluss der Landessynode der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, eine Jugendbildungsstätte in Oberfranken zu errichten, hätte eine gute Nachricht für alle sein können, die das Jugendhaus
Neukirchen tragen und nutzen. In Wahrheit verbindet sich nun mit diesem Beschluss die Angst, die Region könnte diese Einrichtung verlieren. Der Grund für diese Angst wiegt schwer. Es geht um Geld. Und es existiert mit der Weihermühle im Landkreis Kulmbach eine Konkurrenz, die weniger Investition erfordert.
Es gibt Gründe das Haus zu erhalten. Mehr als eine halbe Stunde nahm sich Landrat Michael Busch (SPD) Zeit, solche Gründe ins Feld zu führen. Seine Zuhörer lauschten aufmerksam. Es waren hohe Vertreter der Landeskirche. An der Spitze Regionalbischöfin Dorothea Greiner, die betonte: "Wir wollen mehr hören als sprechen." Zu hören bekam sie viel. Michael Busch breitete vor ihr ein breites Netzwerk von Bildungsträgern aus, das über 42 Jahre des Bestands der Einrichtung immer enger geknüpft wurde. Zahlen wie die 10 000 Übernachtungen und 15 000 Teilnehmertage im Jahr, die das Haus vorweisen kann, sprechen für sich und stehen für verlässliche Einahmen. Schulen, Wirtschaftsunternehmen und selbstverständlich die Kirche selbst nutzen das Haus. Busch erinnerte an die Aktion Arche 2020 bei der eine Arche vor dem Jugendhaus gebaut wurde, die bis heuten als Stätte der Besinnung genutzt wird. Mehr als 500 Akteure waren daran beteiligt. Die Partnerschaften für Demokratie, jährlich gefördert mit 100 000 Euro, haben dort ihren Sitz und die Bewegung "Coburg ist bunt", die sich gegen Extremismus richtet, sitzt ebenfalls in der Jugendbildungsstätte. Die Volkshochschule nutzt die Räume und der Kreisjugendring ebenfalls.
Breite Unterstützung
Michael Busch hatte zahlreiche Unterstützer an seiner Seite. Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) erinnerte daran, dass Coburg "Lutherisches Kerngebiet" ist. "Eine Schließung hätte eine verheerende Wirkung für das evangelische Leben", mahnte er. Meeders Bürgermeister Bernd Höfer (CSU) bestärkte diesen Gedanken mit Blick auf das Friedensdankfest in Meeder, das seit 368 Jahren gefeiert wird. Und Lautertals Bürgermeister Sebastian Straubel (CSU) schilderte eindringlich die Verbundenheit in seiner Gemeinde mit dem Jugendhaus.
IHK-Präsident Friedrich Herdan verdeutlichte, wie eng die Wirtschaft der Region mit der Jugendbildungsstätte verzahnt ist. Berufsorientierung, ein bundesweit einmaliges Integrationsprojekt für junge Migranten mit Betreuungspaten, die in Neukirchen ausgebildet werden, und Integrationsklassen der Berufsschule, die ebenfalls immer wieder das Haus nutzen, führte er an. Resümee: "Machen Sie das bitte nicht kaputt, es ist wichtig für die Region und darüber hinaus."
Martina Benzel-Weyh, Lehrerin und Stadträtin der Grünen im Coburger Stadtrat, schilderte die Arbeit mit ECN-Klassen, die in einem besonderen Projekt Jugendlichen mit Problemen helfen sollen, doch einen Schulabschluss zu erhalten - und viel Zeit in Neukirchen verbringen. Ein Projekt, das stellvertretenden Landrat Rainer Mattern (CSU) vorrechnen ließ, wie sich die Einrichtung bezahlt macht, weil durch die Bildung dieser Jugendlichen, wenn sie auf diesem Weg zu einer Arbeitsstelle kommen, Sozialkosten gespart und Steuereinnahmen generiert werden.
Klare Worte zum Geld
Das Jugendhaus steht jetzt in der Verantwortung des Dekanats. Die künftige Bildungsstätte soll in den Händen der Landeskirche liegen. Martin Gockel, zuständig für finanzielle Grundsatzfragen bei der Landeskirche erläuterte den Entscheidungsprozess. Neben allen ideellen Gründen gelte es auch, finanzielle Aspekte zu gewichten. Einerseits sei da die Immobilie und der Umfang einer notwendigen Investition. Dieser sei eben in Neukirchen erheblich höher, als bei einer Entscheidung für die Weihermühle. Die Region könne sich aber auch Gedanken machen, wie sie unterstützen kann, um diesen Unterschied kleiner zu machen. Der zweite Aspekt sei der Betrieb, sprich die Auslastung und wie sie zur künftigen laufenden Finanzierung beiträgt. Eine klare Aussage, die Friedrich Herdan aufnahm: "Das höre ich heute zum ersten Mal so deutlich, dass wir mit finanzieren sollen." Es gelte jetzt für alle Beteiligten, auszuloten was Wirtschaft, Kreis und Kommunen da leisten können.
Das allerdings rief Ahorns Bürgermeister Martin Finzel (parteilos) auf den Plan. Er war in Doppelfunktion gekommen. Zum einen ist er als Bürgermeister und Kreistagsmitglied, Vertreter der Region. Zum anderen aber auch Mitglied der Dekanatssynode. In deren Finanzausschuss hat er über die Mittelvergabe mit zu entscheiden. In beiden Funktionen mahnte er an, dass die Zahlen zur geplanten Finanzierung schon detailliert auf dem Tisch liegen müssten, um zu entscheiden. Das vor allem für die politischen Vertreter in der Region. War ursprünglich eine Zahl von sieben Millionen im Raum gestanden, um Neukirchen zu sanieren, sei jetzt eine Summe von 12,5 Millionen Euro genannt. Das möchte er erklärt haben.
Ebersdorfs Bürgermeister Bernd Reisenweber (FW) rechnete vor, dass eine Entscheidung für die Weihermühle das Problem mit dem sanierungsbedürftigen Haus in Neukirchen nicht aus der Welt schaffen würde. Es bliebe immer noch eine stark sanierungsbedürftige Immobilie stehen. Er fürchtet, dass diese Last dann wieder auf den Schultern des Dekanats zu liegen käme.
Einen Artikel zu Weihermühle finden Sie
hier:
Dieses peinlich-nickelige Gezerre ist ein gewaltiges Armutszeugnis für die Firma Bedford-Strohm und deren allenthalben vernehmbares wohlfeiles Wortgeklingel ... – und zugleich bezeichnend dafür.