Ein Theaterstück zeigte den Schülern am Arnold-Gymnasium, was radikale Gedanken bei jungen Menschen bewirken können. Die Kripo klärte nun dazu auf.
Mit minimalen Requisiten aus dem Sportunterricht haben drei Schauspieler des Jungen Theaters Augsburg in ihrem Stück "Krass!" auf eine große Gefahr aufmerksam gemacht. Bereits Ende November zeigten sie in der Turnhalle des Arnold-Gymnasiums, wie Jugendliche in die Fänge radikaler Gruppen gelangen können.
Ob als Deutsch-Türke, der plötzlich für den IS in Syrien kämpfen will, als junges Mädchen aus einer wohlhabenden Familie, die über Hooligans in die rechtsextreme Szene rutscht und schließlich einen Flüchtling tötet - alles reale Fälle, die insgesamt 1300 Schüler aus dem Landkreis auf der Bühne erleben konnten. Nun haben Schüler und die Verantwortlichen eine erste Bilanz gezogen.
"Es war sehr spannend und mit einfachsten Mitteln aufgeführt", sagt Matteo Dohnalek aus der 8a über das Stück. Beeindruckt waren die Lehrer und andere geladene Gäste über die Reaktion der Schüler. "Nach zehn Minuten war es mucksmäuschenstill", erinnert sich Michael Bergner von der Kripo Coburg. Ein eher ungewöhnliches Verhalten für so junge Zuschauer. "Ich fand es gut umgesetzt. Wir haben danach noch wochenlang über das Stück gesprochen", sagt die Zehntklässlerin Özge Bikmaz.
Frühzeitig handeln
Gesprochen wurde auch in Workshops vor und nach der Aufführung. Für Bergner sind solche präventiven Projekte wichtig, wenn es um das Verhindern einer radikalen Laufbahn geht. "Wenn jemand schon am Abdriften ist, wird es schwieriger", sagt er.
Doch wie erkennt man dieses "Abdriften"? Es kann mit verändertem Verhalten beginnen, einer neuen Frisur oder anderen Klamotten, erklärt er weiter. "Natürlich gibt es noch einige, die mit Bomberjacke oder Irokesen-Schnitt herumlaufen. Bei den meisten ist das aber nicht mehr so offensichtlich." Deshalb verlegt sich der Fokus der Kriminalbeamten immer mehr auf das Internet. Einschlägige Bilder oder Videos werden geteilt, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen "Über die sozialen Netzwerke erreicht man so viele", sagt Bergner.
Der Wandel vom normalen Jugendlichen hin zum Islamisten, Rechts- oder Linksextremen ist schleichend. Viele seien zunächst orientierungslos, suchten nach Halt in einer neuen Gruppe, "der Einstieg verläuft in relativ kleinen Schritten", erklärt der Kripo-Beamte. Er empfiehlt in solchen Fällen, die Augen offen zu halten und auf Auffälligkeiten hinzuweisen. "Das hat nichts mit Denunziantentum zu tun. Man hat halt Bauchschmerzen", beruhigt er.
Wann wird's brenzlig?
Veränderungen ihrer Schüler sind auch für Lehrer oft eine Gratwanderung. Ist ein Mädchen, das plötzlich ihre Religiosität entdeckt und Kopftuch trägt, schon gefährdet, musste sich etwa schon Dorit Findeisen fragen. Die Lehrer nahmen schon bevor das Theaterstück aufgeführt wurde an speziellen Workshops teil und besprachen das Thema später im Unterricht. "Wir haben vor allem über Grundbegriffe gesprochen. Dafür war eine Stunde etwas knapp. Man stößt da organisatorisch an seine Grenzen, aber wir dürfen da nicht aufhören", sagt sie. Ein wenig Sorgen machten sich die Lehrer am Arnold-Gymnasium im Vorfeld um die Flüchtlingskinder an ihrer Schule. Schließlich hatten sie einen Teil der gezeigten Geschichten selbst miterlebt. "Für manche war das auch ein Türöffner. Teilweise haben die dann etwas ausführlicher von ihren Erlebnissen erzählt", sagt Schulleiterin Ursula Kick-Bernklau.