Mücke nach Rödental - der Streit eskaliert

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Schuh Mücke darf nach Rödental - das hat die oberste Finanzbehörde erlaubt, und das bringt die Nachbarstädte auf die Palme. Sogar der Vorwurf von "Filz" wird erhoben. Juristische Schritte werden geprüft.

Die Politiker, die sich am Mittwoch zu einem gemeinsamen Termin in der Regimentsstube des Coburger Rathauses versammelt hatten, waren sich in vielen Punkten einig. Vor allem, und das wurde gleich mehrmals betont: "Wir schimpfen hier nicht über Schuh Mücke und auch nicht über Rödental." Frank Rebhan (SPD), Oberbürgermeister von Neustadt, gab sogar zu, Verständnis für seinen Kollegen Gerhard Preß (CSU) zu haben: "Wenn ich weiß, das etwas möglich ist, dann reize ich es für meine Kommune aus!" Auch Kommunen stünden schließlich in einem Wettbewerb, wie Coburgs Noch-Zweiter und Bald-Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) zu bedenken gab. Um so wichtiger sei es, dass bestimmte Spielregeln eingehalten werden - und dass es eine Stelle gibt, die aufpasst, dass sich jeder an diese Spielregeln hält.

Genau das ist aber nach Ansicht von Tessmer, Rebhan & Co.
der Knackpunkt: Ihrer Meinung nach hätte die oberste Finanzbehörde, also Bayerns CSU-geführtes Finanzministerium, dem auch das Ministerium für Landesentwicklung und Heimat angegliedert ist, es niemals erlauben dürfen, dass sich Schuh Mücke im Rödentaler Gewerbegebiet Oeslau-West (ehemaliges Gebäude Toy Factory) ansiedelt.

"Vertrauen erschüttert"
Während Stephan Horn von Coburgs Wirtschaftsförderungsgesellschaft später noch sehr sachlich darlegte, warum einem diese Genehmigung so sauer aufstößt, konnte sich Frank Rebhan zwischendurch nicht zurückhalten: "Bei mir im Fachamt ist schon die Rede vom ,Ministerium für Landesentwicklung, Heimat, Filz und Bananen'." Und: "Diese Geschichte erschüttert mein Vertrauen in unsere rechtsstaatlichen Strukturen."

Norbert Tessmer erklärte, dass die Stadt Coburg schon häufig auf Ansiedlungen auf der "grünen Wiese" verzichtet habe, weil man sehr wohl Rücksicht nehme auf die Vorgaben der Landesplanung, der Raumordnung und der Städtebaurichtlinien. Um so ärgerlicher sei es dann, wenn eine Behörde diese Vorgaben nun im Fall von Schuh Mücke "sehr eigenwillig auslegt". Oder, noch konkreter: "Beim Planen und Bauen gelten Gesetze. Aber in unserer Nachbarstadt ist da offenbar ein rechtsfreier Raum."

Und damit zur Analyse von Stephan Horn: Im März 2013 habe Schuh Mücke erstmals signalisiert, sich in der Region niederlassen zu wollen. Viele Kommunen hätten daraufhin Interesse gezeigt - auch Coburg. Doch die innenstadtnahen Flächen, die gezeigt wurden, hätten dem Unternehmen nicht zugesagt. Und die Lauterer Höhe kam nicht in Frage, weil Schuhe als "innenstadtrelevantes Sortiment" gelten und somit laut Landesplanung nicht auf der "grünen Wiese" verkauft werden dürfen.

Im Sommer 2013 konkretisierte sich dann "Oeslau-West" als möglicher Standort. Das dortige Gewerbegebiet wird zwar nicht als "grüne Wiese" eingestuft, ein paar Vorgaben gibt es aber trotzdem. Und die konnte Schuh Mücke (geplant waren ursprünglich 2400 Quadratmeter Verkaufsfläche für Schuhe sowie etwa 1300 Quadratmeter für Textilien und Accessoires) zunächst auch nicht einhalten; ein von der Stadt Rödental eingeleitetes "Zielabweichungsverfahren" sei auch prompt vom Ministerium abgelehnt worden. Unter anderem sei in der Begründung, so Horn, von einer "Gefährdung benachbarter Innenstädte" die Rede gewesen.

Mitarbeiter wurde versetzt
Doch dann hätten Rödental und Mücke einen zweiten Anlauf unternommen und dabei die Zahlen intern verschoben: nur noch 1200 Quadratmeter Schuhe, dafür 2500 Quadratmeter Textilien. Mit großer Verwunderung habe man die "180-Grad-Drehung" des Ministeriums zur Kenntnis genommen, denn plötzlich war das Projekt genehmigt und sollte auch keine Gefährdung mehr für benachbarte Innenstädte darstellen. Als sich Horn diesen "Sinneswandel" erklären lassen wollte, bekam er mitgeteilt, dass der zuständige Mitarbeiter soeben versetzt worden und nicht mehr zuständig sei. Horn: "Das ist frustrierend, wir sind verbittert."

Rebhan wählte erneut deutlichere Worte: "Da werden völlig willkürlich Genehmigungen erteilt!" Dies wiederum habe weitreichende Folgen: "Es fehlt an Rechtsgleichheit und an Rechtssicherheit." Schließlich habe auch Neustadt schon auf mögliche Ansiedlungen verzichtet, weil die Vorgaben der Landesplanung dagegen sprachen. In diesem Zusammenhang betonte es Rebhan noch ein weiteres Mal: "Es geht hier nicht um Neid, sondern darum, ob für alle die gleichen gesetzlichen Bedingungen gelten." Es könne nicht sein, dass dem einen "eine Kugel ans Bein" gebunden werde und dem anderen nicht. Auf die Sache mit der Korrektur bei der Mücke-Verkaufsfläche gibt der Neustadter Oberbürgermeister ohnehin nichts: "Wenn so ein Betrieb erstmal läuft, kontrolliert das keiner mehr!"

In Sorge ist auch Manfred Röser (UBV), der Zweite Bürgermeister von Rödentals direktem Nachbarn Dörfles-Esbach: "Wir haben mit Aldi und Reno bereits zwei Firmen an Rödental verloren. In unserem Gewerbegebiet Ziegelei stehen jetzt schon vier Flächen leer. Und Schuh Mücke mit seinem Sortiment ist eine Konkurrenz für unseren Real-Markt sowie auch für unseren Intersport."

Norbert Tessmer kündigte schließlich an, "rechtliche und politische Schritte" zu prüfen. Was man sich unter "politischen Schritten" vorzustellen hat, wollten weder Tessmer noch Rebhan weiter erklären.

Kontakt zu Preß-Nachfolger
Auf konkrete Nachfrage zum künftigen Verhältnis zwischen den Städten Coburg und Rödental ließ sich Norbert Tessmer aber zumindest noch entlocken, dass er zu Preß' Nachfolger Marco Steiner (FW) bereits in einem "sehr kollegialen Kontakt" stehe. Aber, wie gesagt: Die gestern geäußerte Kritik sollte ja gar nicht auf Gerhard Preß zielen.

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