Hermann Koch Creidlitz heißt jetzt Hermann Koch Cosmetic Packaging. Auch sonst gibt es einige Neuerungen in dem Unternehmen.
"Es muss auch mal positive Schlagzeilen über uns geben!" Christian Abicht, seit November 2015 technischer Geschäftsführer der Hermann Koch Cosmetic Packaging, sieht das Unternehmen inzwischen auf sicherem Kurs: Zwar gilt noch der Insolvenztarifvertrag für die Beschäftigten, aber die Auftragslage sei stabil, und es werde auch wieder investiert.
Die ersten Maschinen sind schon da: Die Spritzgussmaschine ist in Betrieb genommen, die neue Heißfolienprägemaschine wird ihre ersten Durchläufe bald haben, ein Montageautomat und eine Duroplastpresse sind bestellt. Rund 1,5 Millionen Euro wird die Hermann Koch Cosmetic Packaging in diesem Jahr investieren und in den nächsten Jahren ebenso, wenn es nach Abicht geht.
Der Mittvierziger hat alle Höhen und Tiefen der vergangenen Jahre mitgemacht, bis hin zur vorläufigen Insolvenz im Frühjahr 2015.
Gläubiger der Vorläuferfirma Hermann Koch hatten seinerzeit ein Firmenkonto der (damaligen) Hermann Koch Europe GmbH sperren lassen, um ihre Ansprüche zu sichern, hieß es. Vorausgegangen waren dem ganzen schon mehrere Jahre, in denen das Traditionsunternehmen am Abgrund entlang schlitterte. Die Übernahme durch die Velox GmbH 2013 schien die Rettung zu sein: Schon ein Jahr später bezeichnete der damalige Geschäftsführer Thimo Hagedorn das Unternehmen als überlebensfähig und feierte mit der Belegschaft das 100-jährige Bestehen.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Werker in der Creidlitzer Kunststofffabrik gut zu tun, und das ist auch heute noch so, wie Christian Abicht zufrieden berichtet. Die Kundenstruktur sei gut - keiner mache mehr als zehn Prozent des Umsatzes aus. Das ist wichtig für ein Unternehmen, das nicht in einseitige Abhängigkeiten geraten will.
Creidlitzer Kosmetikverpackungen stehen in Apotheken und Discountern, finden sich in ganz Europa und sogar in Asien.
Die Hermann Koch Cosmetic Packaging fertigt, wie all ihre Vorgängerfirmen am Standort, Behälter für kosmetische Produkte: Cremes, Lippenstifte, Deos. Allerdings hat sich das Unternehmen inzwischen rein auf den Spritzguss verlegt. Geblasene Teile (die hergestellt werden, indem eine flüssige Kunststoffmasse mit Druckluft in eine Form geblasen wird) stellt nun ausschließlich das Schwesterunternehmen Rebhan in Stockheim her. Die Creidlitzer liefern dann Spritzgussteile wie Schraubverschlüsse mit Klappdeckel zu.
Dass es ein Schwesterunternehmen gibt, ist auch eine Folge der vorläufigen Insolvenz von 2015: Die konnte letztlich abgewendet werden, weil der Certina-Konzern die Firma übernahm.
Die in München ansässige Familienholding hat schon mehrere Firmen oder Unternehmenssparten gekauft - im Portfolio finden sich ein Hersteller von Schmelzöfen für Glas, Lebensmittelmarken, Softwarefirmen und eben die beiden Kunststofffirmen Hermann Koch Cosmetic Packaging und Rebhan Kunststoffverpackungen (seit 2012).
Vor kurzem kam noch ein französischer Kosmetikverpackungshersteller dazu.
Derzeit 180 Beschäftigte
Als die Certina Hermann Koch übernahm, war die Umstrukturierung infolge der vorläufigen Insolvenz bereits erfolgt: 58 Arbeitsplätze wurden abgebaut. Derzeit beschäftigt das Unternehmen rund 180 Menschen, und bei dieser Größe werde es auch in den nächsten Jahren bleiben, schätzt Abicht.
Eingestellt wurde inzwischen auch der Betrieb in Streufdorf - das Hin- und Herfahren von Material und Werkzeugen sei schlicht zu aufwendig gewesen, sagt der Geschäftsführer.
Auch am Fabrikweg in Creidlitz hat sich einiges geändert. Der Verwaltungsbau mit der braun verglasten Fassade steht leer. Er gehört noch den Alteigentümern der Hermann Koch Creidlitz und war gemietet. Die Hermann Koch Cosmetic Packaging beschränkt sich auf ihre eigenen Gebäude, die dahinter liegen; eine ehemalige Lageretage im ersten Stock wurde umgebaut. Innen findet sich schon ein properes Foyer und ein Besprechungsraum mit Blick auf den Hof; die neue Außentreppe soll demnächst kommen.
"Es gibt uns noch", sagt Christian Abicht, der selbst vor 30 Jahren im Unternehmen Werkzeugmacher gelernt hat und sich nach oben arbeitete, bis hin zum Leiter des Werkzeugba us und der Fertigung.
Der Vorstandsvorsitzende der Certina-Gruppe, Hans Wehrmann, berief ihn im November 2015 zum technischen Geschäftsführer.
Nach wie vor gibt es in Creidlitz einen eigenen Werkzeugbau. Nur so sei die Produktion überhaupt rentabel, sagt Christian Abicht: Sollte ein Werkzeug (also eine Form für einen Kosmetikbehälter) defekt sein, wird er meist innerhalb weniger Stunden repariert, und die Produktion kann weiterlaufen. Aber auch bei interner Verrechnung haben komplexe Werkzeuge ihren sechsstelligen Preis.
Traditionen erhalten
Nach wie vor bildet das Unternehmen Werkzeugmacher, Kaufleute, Logistiker und Verfahrensmechaniker aus. In diesem Jahr seien alle Azubis übernommen worden, betont Susanne Klimm, zuständig fürs Personalwesen.
Abicht will außerdem an einigen Traditionen festhalten, wie sie für Familienunternehmen typisch sind, wie Hermann Koch mal eines war: Es gab in diesem Jahr wieder einen Azubi-Ausflug, organisiert von Betriebsrat und Geschäftsleitung, und im vergangenen Jahr eine Weihnachtsfeier. Für nächstes Jahr denkt Abicht an ein Sommerfest mit der Belegschaft.
2017 läuft der Insolvenztarif aus: Die Beschäftigten haben auf Urlaubsgeld verzichtet und sozusagen zwei Stunden pro Woche umsonst gearbeitet. Aber dass bei Hermann Koch überhaupt nach einem Tarif bezahlt werde, würden die Beschäftigten durchaus als Vorteil werten, sagt Susanne Klimm.