Migranten sollen in Coburg zu Pflegekräften werden

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In der Pflege fehlen zahllose Vollzeitstellen. Foto: CT-Archiv
In der Pflege fehlen zahllose Vollzeitstellen. Foto: CT-Archiv

Der Landkreis Coburg wurde als einer von sechs für ein Förderprogramm der Robert Bosch Stiftung ausgewählt, das Migranten für Pflegeberufe gewinnen will.

In Pflegeberufen fehlen Tausende Arbeitskräfte. Mit dem neuen Förderprogramm "Land.Zuhause.Zukunft - Integration und Teilhabe von Neuzuwanderern in ländlichen Räumen" möchte die Robert Bosch Stiftung GmbH zur Abhilfe beitragen. Sie unterstützt deutschlandweit sechs Landkreise dabei, Migranten für Pflegeberufe zu qualifizieren. Coburg gehört zu den ausgewählten Regionen, wie das Landratsamt jetzt mitteilt.
Neben Coburg wurden die Landkreise Goslar (Niedersachsen), Harz (Sachsen-Anhalt), Ludwigslust-Parchim (Mecklenburg-Vorpommern), Prignitz (Brandenburg) und der Vogtlandkreis (Sachsen) in das Förderprogramm aufgenommen.
Bereits im Jahr 2017 hatte die Robert Bosch Stiftung den Landkreis Coburg für eine Bedarfsanalyse zur Integration von Migranten in ländlichen Regionen ausgewählt. Die daraus abgeleiteten Empfehlungen flossen in das neue Förderprogramm ein.
Die beteiligten Landkreise haben im Förderprogramm verschiedene thematische Schwerpunkte gewählt. Der Landkreis Coburg wird sich intensiv mit dem Thema Fachkräftesicherung in der Pflege beschäftigen.
"Im Rahmen eines einjährigen Prozesses sollen Vorschläge und Ansätze erarbeitet werden, wie vermehrt Migranten für Pflegeberufe gewonnen werden können und wie diese an die Region - vor allem den ländlichen Raum - gebunden werden können", so Martina Berger, Sozialreferentin im Landratsamt.
Die Pflegebranche steht in der Region wie auch bundesweit vor großen Herausforderungen. Die Anzahl der Pflegebedürftigen steigt schon jetzt und in Zukunft noch vermehrt, so das Landratsamt in einer Mitteilung. Das Angebot an Pflegekräften hingegen sei gleichzeitig bundesweit rückläufig.
"Diese Entwicklung wirkt sich stark auf den Pflegebereich aus. Die Nachfrage nach Pflegeleistungen steigt deutlich. Es fehlt aber an qualifiziertem Personal", so Martina Berger weiter. Offene Stellen bleiben oft schon jetzt lange Zeit unbesetzt. Prognosen gehen davon aus, dass in 15 Jahren in Deutschland bis zu 200 000 Vollzeitstellen in der Pflege fehlen werden.
Ziel des Landkreises Coburgs sei es, im Rahmen des Förderprogramms Land.Zuhause.Zukunft über Strategien für Strukturen nachzudenken, die auch unter den veränderten Bedingungen eine qualitativ hochwertige sowie menschenwürdige Pflege und Betreuung gewährleisten. Kernfrage wird sein, wie verstärkt Migranten für Pflegeberufe gewonnen und an den Landkreis gebunden werden können.
Bei der Auftaktveranstaltung zum Förderprogramm wurde zusammen mit den Trägern vor Ort die Situation in der Region analysiert. In gemeinsamer Verantwortung werden Martina Berger von der Landkreisentwicklung, die Träger und weitere kommunale Akteure dieses Zukunftsthema angehen. Der erste Schritt wird die Erarbeitung eines Konzepts sein, das dann in die Praxis umgesetzt werden kann.
Dass dieses Konzept funktioniert hofft auch Margit Welscher. Sie leitet die Seniorenheime der Arbeiterwohlfahrt in Rödental und Neustadt. "Es herrscht überall Notstand", sagt sie und weiß, dass nicht nur die Pflege betroffen ist. Daher fand sie es sehr vorteilhaft, dass bei der Vorbesprechung zu dem Förderprogramm auch Vertreter der Wirtschaft dabei waren. "Wir haben uns bereit erklärt, mitzumachen, auch wenn das erst einmal eine weitere Arbeitsbelastung mit sich bringt", erklärt sie. Dabei spiele die Sprache eine Schlüsselrolle, denn Pflegebedürftige könnten sich oft nur noch schlecht artikulieren und äußern sich dabei vielleicht auch im Dialekt. Das stelle Pflegekräfte mit geringen Sprachkenntnisse rasch vor Probleme. Zum Konzept soll auch deshalb gehören, dass Migranten, die sich für das Programm interessieren, neben einem Deutsch-Kurs auch begleitende schon sechs Monate in einer Einrichtung in den Beruf hinein schnuppern können. "Da konnten Wirtschaftsvertreter schon Erfahrungen einbringen, die da Erfahrungen haben", lobt sie die breite Aufstellung der Beteiligten. Eine dieser Erfahrungen möchten die Pflegeeinrichtungen gern vermeiden. Denn gerade in Betrieben, die junge Migranten ausgebildet haben und sie dann gern behalten hätten, wurde immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Leute trotz aller positiven Prognosen und gelungener Integration dann abgeschoben wurden. "Das sind Dinge, an denen die Politik noch arbeiten muss, wenn solche Projekte gelingen sollen", sagt daher Margit Welscher. rlu

red
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