Ich spiele derzeit viele Konzerte mit meiner Group, die aber einen ganz eigenen, nicht unbedingt Jazz-typischen Stil hat. Dann aber gibt es auch Projekte, die deutlich den Jazz-Rahmen verlassen, die viel freierer Natur sind, wie zum Beispiel das Duo "Moving Sounds" mit Tara Bouman. Meine Tätigkeit als Interpret klassischer oder anderer zeitgenössischer Literatur habe ich inzwischen ganz eingestellt.
Auf Ihrem neuen Album "Tales" spielt Ihre Group als Quartett in der Besetzung mit Cello statt des im Jazz ja meist üblichen Kontrabass. Wie hat sich diese Besetzung ergeben?
Wir suchten damals eine Ergänzung zum bestehenden Trio mit Klavier und Schlagzeug, und da wurde mir Jörg Brinkmann empfohlen. Er ist so vielseitig, als Solist oder auch als Spieler der Bass-Funktion, dass ich mir keine bessere und flexiblere Besetzung wünschen kann.
"Tales" meint Märchen oder Erzählungen: Wovon erzählen Sie auf Ihrem neuen Album? Wo ordnen Sie "Tales" stilistisch ein?
Wie ein díckes Buch ist hier ein "dickes" Album mit drei CD entstanden. Eine Stunde Musik mit Kompositionen, und zwei Stunden mit freien Improvisationen, 25 Stücke insgesamt. Ich fand alles so schön, dass ich es wie Erzählungen in einem Buch veröffentlichen wollte. Es sind bei den Stücken konkrete Bilder, die gezeichnet werden, bei den Improvisationen mehr Stimmungen, klangliche Ausflüge, spontane Entdeckungen. Die stilistische Zuordnung überlasse ich gerne anderen, irgendwo zwischen Jazz und freier Musik ... für mich ist es kreative, offene, aktuelle Musik ... oder ganz einfach Musik, die den ganzen Menschen anspricht, jenseits von Stilistiken und Erwartungen. Mir ist es wichtig, dass echte und tiefe Gefühle ausgedrückt werden, die im Jetzt entstehen, keine Klischees.
Wie hat sich Ihr kurzfristiges Gastspiel in Bad Rodach ergeben?
Ein anderes Konzert fiel aus, und der Tag war frei in einer kleinen Tour. Da hab ich überlegt, wo wir spielen könnten kurzfristig, und fragte eine liebe Freundin aus Heldritt, die mir dann den Kontakt zur Pianistin Antoinetta Bafas aus Coburg gab. Sie setzte dann im Handumdrehen alle Hebel in Bewegung, sodass wir jetzt einen sehr schönen Saal mit gutem Flügel im Jagdschloss in Bad Rodach gefunden haben.
Zur Person
Markus Stockhausen, geboren 1957 in Köln, Trompeter und Komponist, bekannt als vielseitiger Grenzgänger. 25 Jahre lang konzertierte er mit seinem Vater, dem Komponisten Karlheinz Stockhausen, der viele Werke für ihn schrieb.
2005 wurde er mit dem WDR-Jazzpreis als bester Improvisator ausgezeichnet, 2017 mit der "Silbenen Stimmgabel" und dem JTI Jazz Award, 2018 bekam er den Echo Jazz Preis, 2021 wurde er als bester Blechbläser mit dem Deutschen Jazzpreis ausgezeichnet. Er wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, zuletzt erhielt er 2021 als bester Blechbläser den Deutschen Jazzpreis.
Tickets bei der Gästeinformation Bad Rodach, Tel. 09564/1550. Es gelten die 3-G-Regeln.red