Ein literarisch-musikalischer Abend verzaubert die Zuhörer im Kaisersaal. Die "Kleine Kantorey" aus Kronach und der Coburger Projektchor "Ziemlich beste Stimmen" beeindrucken mit ihrer Klangkultur und ihrer Ausdruckskraft.
Liebesleid und Liebesfreud' - wie nahe liegen sie doch manchmal beieinander. Einen Moment braucht es nur, und aus wolkenlosem Glück wird abgrundtiefes Lied. Freude und Leid im Namen der Liebe - darum geht es an diesem Sommerabend im Kaisersaal von Kloster Banz. Während draußen die Mauersegler die barocke Klosteranlage umkreisen, wetteifern drinnen zwei besondere Chöre bei einem Konzert, das der Sängerkreis Coburg-Kronach-Lichtenfels präsentiert. Zu Gast: die "Kleine Kantorey" aus Kronach unter ihrem Gründer und Leiter Burkhart M. Schürmann und der erst im vergangenen Jahr aus der Taufe gehobene Projektchor "Ziemlich beste Stimmen" mit seiner Dirigentin Carolin Heckel.
Gemeinsam mit der aus Coburg stammenden jungen Harfenistin Anna-Maria Frankenberger und Heidi Lehnert als Rezitatorin erlebt das Publikum im bestens besuchten Kaisersaal ein vielseitiges Programm, das vom späten 15.
Jahrhundert bis in die Gegenwart reicht und zum höchst klangvollen Plädoyer für den Chorgesang wird. Denn die Zuhörer genießen einen Abend mit hörbar gut geschulten Stimmen, denen es um lebendigen Ausdruck, nicht um gnadenlosen Drill geht.
"Ich hab die Nacht geträumet" Natürlich ist sorgsame Probenarbeit Voraussetzung für niveauvollen Chorgesang. Doch im Vordergrund steht der ausdrucksvolle Vortrag. Das beweist die "Kleine Kantorey" an diesem Abend vornehmlich mit Musik des 16. und 17. Jahrhunderts von Michael Praetorius, Melchior Franck und Thomas Tomkins sehr eindringlich. Mit klarer, intensiver Zeichengebung führt Burkhart M. Schürmann seinen kultiviert singenden Chor und achtet auch stets auf prägnante Textbehandlung und feinsinnig abstufte Dynamik.
Mit einer eigenen Bearbeitung des Volkslieds "Ich hab die Nacht geträumet" stellt sich Schürmann dann auch noch als versierter Chorkomponist vor.
Im zweiten Teil beweist dann der Projektchor "Ziemlich beste Stimmen" seine stilistische Bandbreite zwischen klangvoller Romantik und anspruchsvollen Popsong-Arrangements. Gleich bei Felix Mendelssohn-Bartholdys "Abschied vom Walde" erweist sich dieser Chor als vielversprechender vokaler Klangkörper.
Klangkultur fasziniert Reaktionsschnell und konzentriert setzen die Sängerinnen und Sänger die gestalterischen Impulse ihrer Chorleiterin um. Carolin Heckel beweist stets Gespür für lebendige, in Dynamik wie Ausdruck fein differenzierte Gestaltung. Sie entfaltet die Musik mit großer Natürlichkeit, lässt die melodischen Bögen aufblühen und spürt den harmonischen Feinheiten nach.
Unter ihrer Leitung überzeugt der Chor durch Klangkultur und sorgfältige Textbehandlung.
Zum Hit des Abends wird der aus dem 17. Jahrhundert stammende englische Folksong "Lavender's blue" in einem reizvollen Arrangement für Chor und Harfe von Gordon Langford. Die junge Harfenistin Anna-Maria Frankenberger, die hier die einfühlsame Begleitung übernimmt, beeindruckt auch solistisch. Drei der "Vier Romanzen" für Harfe solo von John Thomas interpretiert sie nuancenreich differenziert.
Die Liebe kennt auch in literarischer Hinsicht viele Tonarten. Das macht Heidi Lehnert mit Texten von Oscar Wilde bis Siegfried Lenz deutlich, die sie in höchst anschauliche kleine Szenen verwandelt.
Am Ende eines rundum gelungen musikalisch-literarischen Abends gibt es reichlich Applaus für alle Mitwirkenden und als Zugabe nochmals "Lavender's blue".