"Kirche soll Zeugnis ablegen"

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Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in der Lutherkapelle auf der Coburger Veste - eine seiner Wirkungsstätten als Pfarrer in Coburg.Foto: Simone Bastian
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in der Lutherkapelle auf der Coburger Veste - eine seiner Wirkungsstätten als Pfarrer in Coburg.Foto: Simone Bastian

Warum Martin Luther als Playmobilfigur ganz okay ist und was die "Freiheit des Christenmenschen" 500 Jahre nach dem Thesenanschlag bedeutet.

Heinrich Bedford-Strohm kommt dienstlich relativ häufig nach Coburg in diesen Tagen: Erst vor wenigen Wochen tagte hier die Landessynode, am Montag, 8. Mai, wird der Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern zur Eröffnung der Landesausstellung "Ritter, Bauern, Lutheraner" in der Morizkirche sprechen. Bis 2004 war St. Moriz seine Wirkungsstätte als evangelischer Pfarrer, bevor er als Theologie-Professor nach Bamberg ging und 2011 zum Landesbischof gewählt wurde.

Hat Coburg als Ort eine Bedeutung für die evangelisch-lutherische Kirche, und wenn ja, welche?
Heinrich Bedford-Strohm: Coburg ist für die evangelisch-lutherische Kirche ein ganz besonderer Ort. Nirgendwo sonst im Bereich unserer bayerischen Landeskirche hat Luther mehr Zeit verbracht. Und heute ist das Dekanat Coburg ein großes und bedeutendes Dekanat in unserer Kirche.

Woran denken Sie, wenn Sie in der Veste in der Lutherkapelle stehen?
Ich denke natürlich an viele Gottesdienste, die ich selbst dort gehalten habe. Ich liebe die Veste Coburg. Immer wenn ich sie beim Zufahren auf Coburg von weitem sehe, geht mein Herz auf. In der Lutherkapelle kommt vieles zusammen: die Veste, Martin Luther und eben auch biographische Erfahrungen, an die ich gerne zurückdenke.

Wofür steht die Lutherkapelle? Herzog Carl-Eduard, der sie erbauen ließ, war das Oberhaupt der Landeskirche, Luther ist hier in der Kapelle sehr dominant - und auf Luther beriefen sich irgendwann sogar die Nazis in ihrem Antisemitismus. Sollte man das nicht auch kritisch betrachten?
Natürlich schauen wir kritisch auf diese Seiten der Geschichte. Ich habe als EKD-Ratsvorsitzender bei einer feierlichen Veranstaltung zur Eröffnung der diesjährigen Woche der Brüderlichkeit den versammelten Vertretern der jüdischen Gemeinschaft gegenüber für die Hassreden Martin Luthers gegen die Juden am Ende seins Lebens um Vergebung gebeten. Seine Worte sind leider auch zum Nährboden für den Antisemitismus der Nationalsozialisten geworden.

Luther und sein Aufenthalt auf der Veste werden in der Ausstellung eine Rolle spielen. Wie soll man heute mit der Figur Luther umgehen?
Man soll keine Heldenverehrung betreiben, sondern da, wo es nötig ist, kritisch mit Luther umgehen und über ihn hinausgehen. Gleichzeitig dürfen wir dankbar auf die religiösen Erneuerungsimpulse schauen, die Martin Luther gegeben hat. Die Freiheit eines Christenmenschen, die ihm so wichtig war, ist hochaktuell. Seinem Gewissen folgen, Zivilcourage zeigen und sich für andere einsetzen - das brauchen wir auch heute.

Playmobil-Figuren, Teddybären, Lutherkaffee, Luther-Frisbee-Scheiben: Was ist von solchen Dingen zu halten?
Da gibt es natürlich auch Auswüchse. Aber wenn diese Dinge dazu helfen können, neues Interesse an Martin Luther und der Reformation zu wecken, wenn sie also Türöffner für Inhalte sind, dann freue ich mich darüber.

Welt im Umbruch, Kirche im Umbruch: Vor welchen Herausforderungen sehen Sie Ihre Kirche jetzt und in den nächsten Jahren?
Das Wichtigste ist, junge Leute neu für den Glauben zu interessieren, vielleicht sogar zu begeistern. Denn da ist der Traditionsabbruch am stärksten. Dabei berührt der Glaube Themen, die gerade für junge Leute hoch relevant sind: Liebe, Vergebung, Selbstwert, Gemeinschaft, Hoffnung. Ich hoffe, dass wir das wieder mehr deutlich machen können. Das Wichtigste dabei ist, dass wir als Kirche selbst ausstrahlen, wovon wir sprechen und ein klares öffentliches Zeugnis geben.

Was kann/sollte die Landesausstellung mit ihrem Blick auf die Zeit vor 500 Jahren den Menschen von heute vermitteln?
Sie sollte einen Einblick geben in die historischen Umstände der Reformation. Aber gleichzeitig sollte sie auch ihre Relevanz für heute deutlich machen. Was heißt "Freiheit eines Christenmenschen" heute? Das, was ich in dieser Hinsicht schon von der Ausstellung gesehen habe, ist vielversprechend!

Worauf freuen Sie sich besonders, wenn Sie am 8. Mai zur Eröffnung kommen?
Ich freue mich besonders darauf, dass ich an zwei Orten, die für meine Biographie so wichtig sind, die Morizkirche und die Veste, eine so bedeutende Ausstellung mit eröffnen darf. 500 Jahre Reformation ist wirklich ein einmaliges Ereignis. Und ich hoffe, dass auch aus Coburg viele zum Reformationssommer nach Wittenberg kommen - mit der Weltausstellung der Reformation und dem großen Gottesdienst am 28. Mai. Dass ich mich auch jedes Mal, wenn ich nach Coburg komme, besonders auf die Coburger Bratwurst freue, ist ja kein Geheimnis mehr.

Die Fragen stellte Redaktionsmitglied Simone Bastian.