Kein Putz fürs Seßlacher Rathaus

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Ähnlich wie kürzlich bei der Nacht des Handwerks soll, falls finanziell möglich, die Beleuchtung im Zuge der Modernisierung des Rathauses im Zuge des KIP realisiert werden. Foto: Archiv/Michael Stelzner
Ähnlich wie kürzlich bei der Nacht des Handwerks soll, falls finanziell möglich, die Beleuchtung im Zuge der Modernisierung des Rathauses im Zuge des KIP realisiert werden. Foto: Archiv/Michael Stelzner

Die Verwaltungsgebäude sollen modernisiert, erweitert und barrierefrei werden. Der Stadtrat spricht sich für den Erhalt der Fachwerk-Fassaden aus.

"Es ist kein Wunder, dass es im Rathaus zieht!" Mit diesen Worten fasste Stadtplaner Klaus J. Schulz (Büro für Städtebau und Freiraum, München) am Dienstagabend die Ergebnisse der Bestandsaufnahme über den Zustand der Verwaltungsräume für den Seßlacher Stadtrat zusammen. Der Architekt und sein Team hatten Fassaden, Fenster, Dächer und Heizung der beiden denkmalgeschützten Baukörper (Haus Nr. 97 und 98) unter die Lupe genommen. Raum für Raum mussten akribisch untersucht werden, in Ermangelung entsprechender Unterlagen.

Um herauszufinden, was sich hinter der Fassade verbirgt, führte das Team Analysebohrungen durch. "Wir haben uns langsam an die energetische Situation herangearbeitet", berichtete der Architekt. Für die von den Mitarbeitern bemängelte "Arbeitsplatzqualität" zeigte Schulz volles Verständnis.
So weisen etwa die Fenster defekte Verkittungen, fehlende Dichtungen, abplatzende Farbe und gelockerten Verbund auf. Kämmerer Hans Vogt schwanke in seinem Büro zwischen "tropischen Sommern und arktischen Wintern".


Nach der Sanierung wird mit 50 bis 60 Prozent weniger Verbrauch gerechnet

Die Ursachen für Strahlungskälte und Wärmeverlust wurden identifiziert. Wie Bauingenieur Bernhard Michel ausführte, liegt der derzeitige Energiebedarf um ein Zehnfaches über Neubau-Standard. Durch die vorgestellten Modernisierungsmaßnahmen, wie neue Fenster, Windfänge, Ausmauern der Fensternischen und Dämmung, so hat er errechnet, ließen sich zumindest "Einsparungen von 50 bis 60 Prozent" erreichen.

Lange diskutierten die Stadträte über die Art der notwendigen Dämmung und die Fassadengestaltung der beiden Verwaltungsgebäude. Nachdem Martin Brandl vom Landesamt für Denkmalpflege eine Außendämmung ausschließt, wie Bürgermeister Martin Mittag (CSU) mitteilte, verbleibt als einzige Lösung die Innendämmung. Im Rathaussaal sollen die Wände nicht verändert werden. Hier reicht nach Auffassung von Mittag ein Austausch der Fenster, um angesichts der temporären Nutzung eine "spürbare Verbesserung" herbeizuführen. Gegen einen Einbau von Wandheizungen anstelle der jetzigen Radiatoren sprechen die hohen Kosten sowie der jetzige Wandaufbau mit hinderlichen Kabelkanälen. Stattdessen empfahl Michel eine Anpassung der Konvektor-Heizung.

Weil das Dach gedämmt werden muss, kann dort das Archiv um einen zusätzlichen Raum erweitert werden. Weiter sollen im Erdgeschoss Bürger- und Tourismusbüro durch eine doppelte Glaswand optisch wie akustisch getrennt und eine weitere Kältebrücke im Rathausinnenhof beseitigt werden.


Alles hat seine Tücken

Da auch die Fassade wegen diverser Fäulnis- und anderer Schäden saniert werden muss, hatte Brandl ein Verputzen ins Gespräch gebracht. Aus Sicht der Denkmalschützer sei das konstruktive Fachwerk nicht sehr schützenswert, berichtete Mittag, es solle ursprünglich gar nicht sichtbar sein. "Viele Häuser in der Innenstadt haben kein freigelegtes Fachwerk", warb der Rathauschef dafür, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Ein möglicher Dämmputz würde nach Auskunft von Michel energetisch nicht viel bringen. Beide Varianten haben laut Martin Burgsmüller ihre Tücken.

"Treten wir eine Lawine los?", fragte Berthold Borczyk (FW). Er warnte vor einer Veränderung des Stadtbildes und verwies auf die "Vorbildfunktion des Rathauses". Auch Architekt Schulz sagte: "Ich würde es mir für Seßlach nicht wünschen." Schon wegen seiner Größe und des Wegfalls kleingliedriger Elemente würde sich der Baukörper verändern, der jetzt als Fachwerkbau "ästhetisch ansprechend", städtebaulich passend und akzeptiert sei. Letztlich votierte einzig Mittag für ein Verputzen des Rathauses.

Ohne Gegenstimme beschlossen die Stadträte den Einbau eines Plattform-Aufzugs im Foyer des Rathauses. "Dann können auch Bürger mit Behinderung am politischen und sozialen Leben teilnehmen", sagte Schulz. Die hintere Tür zum Foyer muss dazu noch umgebaut, die Vorfläche geglättet werden. Einstimmig votierte das Gremium dafür, die Förderfähigkeit einer neuen Beleuchtung zu prüfen, und zwar nach dem Lichtkonzept von Mario Hägele aus dem Jahr 2013. Ist nur ein Teil zu realisieren, müsse gelten: "Außenbeleuchtung vor Innenbeleuchtung", meinte Mittag.

Für den Innenhof sollen die Alternativen Wärmeschleuse (Glasraum) oder Glashaus geprüft werden. Eine Umgestaltung des Hofes mit Grünfläche und Sitzgelegenheiten stellten die Stadträte dagegen bei 14 zu 3 Stimmen vorerst zurück.

Nachdem der Stadtrat ihnen einhellig grünes Licht gab, werden Schulz und seine Mitarbeiter am 26. Oktober der Regierung von Oberfranken ihre Pläne fürs Rathaus vorstellen, um die Förderfähigkeit zu prüfen und die notwendigen Anträge zu stellen. Bis Mitte November muss der Bauantrag eingereicht werden, damit die Stadt Seßlach in den Genuss der Fördermittel kommt. Über das Kommunalinvestitionsprogramm (KIP) werden maximal 90 Prozent von 700.000 Euro gefördert, alle Ausgaben über 630.000 Euro muss die Stadt tragen.


Ein Investor fürs Heilgersdorfer Schloss?

Auf Anfrage von Gudrun Jöchner (FW), wie es um die Zukunft des Heilgersdorfer Schlosses stehe, sagte Mittag, es gebe "gute Ideen, das Ganze an einen Investor zu verkaufen", der dann zusammen mit der Dorfgemeinschaft nach einer einvernehmlichen Lösung suchen könnte. Eine 90-prozentige Förderung, von der beim Sommerfest der FW im Heilgersdorfer Schloss die Rede war, sei "faktisch nicht möglich, weder über die Denkmalpflege noch sonst". Dies habe ihm Dr. Brandl schriftlich mitgeteilt.

Dorferneuerung Am 8. Oktober fand als erster Schritt zur Dorferneuerung von Gleismuthhausen und Merlach eine Bürgerversammlung statt. Weiter geht es mit einer Informationsveranstaltung in Klosterlangheim am 28. und 29. Oktober. "Ich denke, dass es für diese beiden Stadtteile eine große Chance und ein wichtiger Abschnitt in der Dorfgeschichte sein wird", kommentierte Bürgermeister Martin Mittag.

1. Platz
Beim Zwischenwettbewerb 2016 "Die Ortsmitte - ein Ort der Begegnung" errang Merlach in der Kategorie ohne (Dorferneuerungs-)Verfahren den 1. Platz. Einen Teilnehmer-Preis bekam neben Merlach auch Bischwind.

Feuerwehr Den 2. Platz beim Bezirks-Jugendleistungsmarsch in Pressig am 8. Oktober belegte das Team der Jugendfeuerwehr Oberelldorf-Merlach, punktgleich mit dem Sieger.

Erste Hilfe 30 Senioren ließen sich von Silvia Schinkel (Diakoniestation Weitramsdorf-Seßlach) in Erster Hilfe ausbilden. "Ein weiteres Beispiel, dass unsere Seniorenarbeit wirklich gut funktioniert", so Mittag.

Termine Die Bürgerversammlung in Gemünda wird statt am Reformationstag nun am Donnerstag, 3. November, stattfinden. Carsten Höllein (SPD) bat die Verwaltung, zukünftig die Termine vorab mit dem jeweiligen ortsansässigen Stadtrat abzusprechen.

Projekte In den Maßnahmenkatalog für 2017 wurden einmütig die Errichtung eines Urnengrabfelds in Gemünda sowie die Sanierung der Orgel in Bischwind aufgenommen. Baldmöglichst installiert werden sollen auch die zwei von Ortssprecher Bernd Schleicher beantragten Leuchten in Unterelldorf, um die dunklen Wegabschnitte im Umfeld des Brauhauses ausreichend zu beleuchten.