Kapellmeister Da Rio holt "König Arthur" nach Coburg

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Lorenzo Da Rio studiert Purcells "King Arthur" ein. Foto: Andrea Kremper
Lorenzo Da Rio studiert Purcells "King Arthur" ein. Foto: Andrea Kremper

Als erste eigene Opern-Einstudierung bringt Coburgs Chordirektor und Kapellmeister Lorenzo Da Rio "King Arthur" von Henry Purcell und John Dryden auf die Bühne. Was ihn an diesem Werk fasziniert, verrät er im Gespräch.

Coburg — Eigentlich war Lorenzo Da Rio vor zwei Jahren als Chordirektor mit Dirigierverpflichtung nach Coburg gekommen. Hier hat er als Dirigent inzwischen ein Musical ("Me and My Girl") und eine Operette ("Im weißen Rössl") einstudiert. Nun folgt als erste eigene Opernproduk tion Henry Purcells "King Arthur" - ein Projekt, das gemeinsam mit dem Ballett und dem Schauspiel des Landestheaters realisiert wird und am Samstag Premiere feiert.

Im Frühjahr Ralph Benatzkys "Im weißen Rössl", jetzt "King Arhtur" von Henry Purcell: Ist der Wechsel zwischen den Genres eine große Umstellung?
Lorenzo Da Rio: Für mich eigentlich nicht. Ich komme schließlich aus der Welt der Kirchenmusik und bin groß geworden mit der Barockmusik. Als Musiker bin ich aufgewachsen in der Zeit von Gardiner, Harnoncourt und Koopman.
Sie haben sich darum gekümmert, die Barockmusik so klingen zu lassen, wie sie ursprünglich gedacht war. Das hat auch meine Vorstellung von Barockmusik geprägt.

Wie bringt man mit einem klassischen Orchester Barockmusik adäquat zum Klingen?
Das Orchester in Coburg ist zwar nicht wirklich gewohnt, ständig Barockmusik zu spielen, hat aber in den letzten Jahren einige Erfahrungen sammeln können mit "Iphigenie", "Rinaldo" und jetzt "Orpheus". Dann gab es Barockkonzerte mit Georg Kallweit, wo ich auch Cembalo gespielt habe. So konnte man ein wenig Arbeit sparen bei dieser Produktion, weil zum Beispiel die Streicher dank der großen Hilfe von unserem Konzertmeister Martin Emmerich schon wussten, wie der Klang sein soll. Natürlich werden wir keinen perfekten Originalklang erreichen, weil wir nicht auf historischen Instrumenten musizieren. Aber wir werden versuchen, der historischen Aufführungspraxis so nahe wie möglich zu kommen. Im Barock gibt es zum Beispiel viele verschiedene Triller - das haben wir speziell geübt in den Proben.

Was ist aus Ihrer Sicht die besondere Herausforderung?
In einem Theater mit einem klassischen Sinfonieorchester braucht diese Musik ganz besonders einen Dirigenten, der sehr auf die Artikulation und Phrasierung achtet. Die größte Herausforderung für mich war die Vorbereitung des Orchestermaterials. Wenn man eine Partitur von Puccini oder Wagner sieht, stehen so viele Informationen in den Noten, dass man eigentlich ganz natürlich weiß, wie das klingen soll. In einer Barockpartitur stehen Noten, oft aber keine Bögen, und wenn man Glück hat, gibt es Piani und Forti - nicht mehr. Als Dirigent muss man deshalb jeden einzelnen Ton im Orchestermaterial prüfen und sämtliche Stimmen einrichten. Dafür habe ich zehn Tage lang 12 bis 14 Stunden daran gearbeitet. Das war eine Wahnsinnsarbeit, die man für Repertoirestücke natürlich nicht machen muss.

Kannten Sie "King Arthur" vor dieser Inszenierung schon genauer?
Ich kannte die sogenannte "Cold-Arie" - das ist ein unglaubliches Stück in dieser Zeit. Die harmonischen Spannungen, die darin entstehen, sind fast schon spätromantisch in einigen Takten. Die lautmalerische Wirkung ist faszinierend. Lautmalerische Effekte gibt es zwar durchaus in der Barockmusik, aber nicht in dieser Intensität.

Was darf das Publikum in "King Arthur" erwarten?
Wir werden Schlachten und Kämpfe auf der Bühne erleben, Blut und Tod, mit echten Schwertern.

Während der langen Schauspiel-Dialoge haben Orchester, Chor und Solisten Pausen. Wie hält man trotzdem die Spannung hoch?
Für ein Orchester mit Operettenerfahrung ist das kein Problem. Sie sind "offline" während der Dialoge, aber sie sind sofort wieder da, wenn sie spielen müssen.

Wie viel Händel steckt in Purcell? Oder - umgekehrt - wieviel Purcell steckt in Händel? Und was unterscheidet beide Komponisten?
Ich würde sagen, dass viel Purcell in Händel steckt. Händel hat allerdings eine raffinierte Orchestrierung. Man hört bei ihm wirklich neue Klänge. Das ist der Unterschied zu Purcell. Bei ihm hört man noch regelrechte Blöcke - Streicher, Holzbläser, Trompeten und Pauken. Das kommt von der Orgel - Purcell war ursprünglich Organist.

Was ist das Besondere an dieser Produktion?
Das ist eine Produktion für alle Sparten. Wir haben Musiktheater, Ballett und Schauspiel. Das Ballett tanzt sämtliche Tänze, die in dieser Partitur enthalten sind. Und diese Tänze kommen aus der Volksmusik.

Welche Werke Purcells kannten Sie bereits vor dieser Inszenierung am Landestheater?
Im Alter von 13 oder 14 Jahren habe ich in meinem Heimatdorf mitgesungen im Chor bei einer konzertanten Aufführung von "Dido und Aeneas". Aber mit Händel habe ich mich bislang viel mehr beschäftigt.

"King Arthur" ist Ihre erste eigene Operneinstudierung: Macht Sie dieser Umstand nervös?
Wenn man im Theater arbeitet, hat man keine Zeit, um nervös zu werden. Wir müssen manchmal unter sehr großem Zeitdruck arbeiten. Bei mir nimmt das die Nervosität weg, weil man einfach weiter machen muss. Das Stück ist echtes Chorstück. Der Chor hat in "King Arthur" viel mehr zu singen als in "Orpheus und Euryike" von Gluck, obwohl "Orpheus" eine große Choroper ist. Der Chor macht das wirklich gut, obwohl es viele schwierige Aufgaben gibt, zum Beispiel, wenn er auf der Bühne eine Fuge singen muss.

Das Gespräch führte
Jochen Berger.



Premiere "King Arthur" - Semi-Opera von Henry Purcell und John Dryden; Samstag, 27. September, 19.30 Uhr

Das Werk Als großes Spektakel zur Herrscherhuldigung schufen der Dramatiker John Dryden und der Komponist Henry Purcell die 1691 im Londoner Dorset Garden uraufgeführte Semi-Opera "King Arthur". Der pralle Bühnenzauber erwies sich im England der Barockzeit als Publikumsmagnet.

Produktions-Team
Musikalische Leitung und Chor: Lorenzo Da Rio; Inszenierung: Matthias Straub; Bühnenbild und Kostüme: Gabriele Wasmuth; Choreografie: Tara Yipp; Kampfchoreografie: Jochen Schmidtke, Jean-Loup Fourure;Dramaturgie: Renate Liedtke

Lorenzo Da Rio (33) ist seit zwei Spielzeiten Chordirektor am Landestheater sowie seit dieser Saison parallel dazu Kapellmeister. 1980 in Udine/Ita lien geboren, studierte er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim Chorleitung und Orchesterleitung. Er wird vom Dirigentenforum des Deutschen Musikrats gefördert.