ICE-Halt am Bausenberg: Wäre das möglich?

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Schotterarbeiten im ICE-Überholbahnhof Bausenberg. Hier sollen Güterzüge stoppen, um die schnelleren ICE vorbei zu lassen. Doch Michael Resch von den Eisenbahnfreunden Coburg hält es für denkbar, hier einen Haltepunkt für Coburg einzurichten. Die Aufnahme entstand unweit der Ortsverbindungsstraße Rögen - Neershof. Über die vordere Brücke führt eine Flurbereinigungsstraße, im Hintergrund ist die Brücke der Ortsverbindungsstraße nach Waldsachsen zu erkennen. Foto: Michael Resch
Schotterarbeiten im ICE-Überholbahnhof Bausenberg. Hier sollen Güterzüge stoppen, um die schnelleren ICE vorbei zu lassen. Doch Michael Resch von den Eisenbahnfreunden Coburg hält es für denkbar, hier einen Haltepunkt für Coburg einzurichten. Die Aufnahme entstand unweit der Ortsverbindungsstraße Rögen - Neershof. Über die vordere Brücke führt eine Flurbereinigungsstraße, im Hintergrund ist die Brücke der Ortsverbindungsstraße nach Waldsachsen zu erkennen.  Foto: Michael Resch

Warum will die Bahn den ICE nur drei Mal am Tag in Coburg halten lassen? Liegt es am Zeitverlust bei der Fahrt durch Coburg?

Die Strecke Berlin-München in vier Stunden: Wer das erreichen will, kann sich unterwegs nicht lange aufhalten. Aber die ICE-Neubaustrecke bei Coburg wird nicht nur von den Sprinterzügen befahren, die auf der Strecke zwischen der bayerischen Landes- und der Bundeshauptstadt vielleicht mal zwei Stopps in Nürnberg und Erfurt einlegen. Es wird auch ICE geben, die es ermöglichen, in Oberfranken oder Sachsen-Anhalt zuzusteigen, also in Bamberg, Coburg und Halle. Doch die Hoffnung auf einen ICE-Halt alle zwei Stunden hat sich zerschlagen. Hier einige Fragen und Antworten zum Thema.

1. Wäre der Überholbahnhof Bausenberg geeignet als Haltepunkt? Zumindest Michael Resch hält das für denkbar: Der Drucker und Verleger (Eisenbahn-Fachbuchverlag) ist der Ansicht, dass am Bausenberg mit relativ einfachen Mitteln ein Personenbahnhof eingerichtet werden könnte. Das Wichtigste, nämlich die zusätzlichen Gleise und die Sicherheitstechnik, seien ja schon da. Gebraucht würden "nur noch ein paar Bahnsteigkanten, wenn man so will", meint Resch. Das ist natürlich untertrieben, wie er selbst einräumt: Die Bahnsteige müssen erreichbar sein, und überdacht werden sollten sie auch. Hinzu kommt, dass der Bahnhof auch als solcher erreichbar sein müsste. Kein Problem, sagt Resch: Die für den Bau angelegten Zufahrten müssten nur bleiben, einen Parkplätze könnte man leicht anlegen, und der Stadtbus auf der Linie nach Rögen/Neu- und Neershof fahre quasi auch schon am Haltepunkt vorbei.

Marita Nehring, Nahverkehrsexpertin bei der Stadt Coburg, sieht das ein bisschen anders. Für die Bahnsteige brauche es schon ein wenig mehr Platz als der Überholbahnhof biete, und für Parkplätze biete sich auch keine Fläche an. Hinzu komme, dass die Brücken über die Gleise relativ hoch sind, weil für die Oberleitungen viel Freiraum bleiben muss. "Wie will man die Passagiere da runterbringen?" Es gehe ja nicht nur um die Erreichbarkeit der Bahnsteige allein, sondern auch um die Fußgängerführung von Gleis zu Gleis sowie von Bus oder Parkplatz zum Zug und umgekehrt. Und die Bahn "hält solche Ideen für untauglich", wie ein Sprecher des Unternehmens sagt.

2. Wäre ein Haltepunkt direkt an der Strecke nicht generell sinnvoll? In Anbetracht dessen, dass der Zug auf der Strecke weniger Zeit verlieren würde, vielleicht. Aber es spricht auch vieles dagegen: Nicht nur, dass es die teure Verbindung von der ICE-Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt zum Coburger Bahnhof gibt. Die hat immerhin 30 Millionen Euro gekostet. Aber am Coburger Bahnhof kommen Bahnreisende aus Bad Rodach, Sonneberg und aus Richtung Lichtenfels an und können direkt umsteigen. Auf der Neubaustrecke fahren nur ICE (und eventuell Güterzüge); die Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln ist nicht einfach (siehe Punkt 1). Es gibt auch keinen geeigneten Standort im Coburger Raum. Denn für einen Bahnhof bräuchte es zwei Kilometer freie Strecke, sagt Marita Nehring, allein, um die Ausleitungen für die Haltegleise zu bauen. Aber wenn tatsächlich die Strecke mal über zwei Kilometer weder durch einen Tunnel noch über eine Brücke führt, dann verläuft eine Brücke obendrüber, oder es ist kein Platz für eine Zufahrt. "Heute würde man die Bündelung Autobahn-ICE so planen, dass man gleich den Halt an der Schnellbahnstrecke hinbekommen hätte", ist Marita Nehring überzeugt. Aber die Pläne für die ICE-Trasse sind vor 20 Jahren genehmigt worden. Zur Diskussion standen damals zwei Alternativen: Die Einschleifung nach Coburg oder ein "Turmbahnhof" bei Dörfles-Esbach. Dort hätten Fahrgäste mit Fahrstühlen den Höhenunterschied zwischen den Gleisen im Itzgrund und der Neubaustrecke etwa 30 Meter darüber überwinden sollen. "Die Region entschied sich für eine Ein- und Ausschleifung mit direkter Bedienung Coburgs, um die Vorzüge eines zentralen Fernverkehrshalts im Stadtgebiet Coburgs zu nutzen", teilt ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums dazu mit.

3. Aber an der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt-München gibt es doch auch zwei nachträglich gebaute Haltepunkte? Ja, sagt der Bahnsprecher. Die Regionalbahnhöfe Kinding und Allersberg habe aber der Freistaat Bayern bestellt und bezahlt, weil er auch den Regionalexpress Nürnberg-Ingolstadt-München (NIM) finanziert. An diesen Bahnhöfen hält nur der Regionalexpress, kein ICE. Das bayerische Innen- und Verkehrsministerium stellt die Sache mit der Finanzierung ein klein wenig anders dar: Nicht das Land habe den "knappen zweistelligen Millionenbetrag" für die Bahnhöfe bereitgestellt, sondern dafür habe es Bundesmitteln gemäß Paragraf 8 Abs. 2 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes gegeben (dieser Paragraf besagt, dass der Bund 20 Prozent des Geldes für den Bau von Bahnanlagen für öffentlichen Nahverkehr ausgeben muss). Laut bayerischem Innenministerium seien damals rund 4000 Ein- und Aussteiger täglich in Allersberg und rund 3000 in Kinding prognostiziert worden. Mit einem Halt an der ICE-Strecke bei Coburg seien diese Bahnhöfe aber nicht vergleichbar, da es im Falle Coburgs ja auch um einen ICE-Halt gehe.

4. Warum lässt die Bahn die ICE nur drei Mal und nicht regelmäßig in Coburg halten? Dafür gibt es im wesentlichen zwei Gründe: a) Das Fahrgastaufkommen in Coburg ist zu gering, um zusätzliche Halte zu rechtfertigen. Schon die jetzt vorgesehenen drei Halte stellen aus Sicht der Bahn ein Zugeständnis dar - vorgesehen waren nur zwei "in Tagesrandlage" in jeder Richtung. Nun ist ein vierter ICE-Halt am Nachmittag dazu gekommen. Nach Aussagen von Bahnvorstand Berthold Huber müssen rund 500 Fahrgäste täglich diese Halte nutzen, sonst rechnet sich der Umweg über Coburg nicht.

b) Der Weg nach Coburg kostet zwölf Minuten Zeit. Diese Zeit fehlt an den großen Umsteigebahnhöfen Nürnberg und Erfurt, wo die Züge mehrere Minuten stehen. "Die ICE und IC-Züge verkehren bundesweit in einem engmaschigen Netz. Dabei sind viele Anschlüsse und Fahrpläne aufeinander abgestimmt. Denn möglichst viele Reisende sollen möglichst gut von den Verknüpfungen profitieren", erklärt ein Bahnsprecher. Alle Planungen für die ICE-Verkehre zwischen München und Berlin seien auch genau dahingehend ausgerichtet. In Erfurt und in Nürnberg müssten daher alle wichtigen Anschlüsse harmonieren. "Die Ost-West-Verbindung Frankfurt-Eisenach-Leipzig trifft in Erfurt auf die Nord-Süd-Achse. Wir erwarten in diesen Fällen viele umsteigende Fahrgäste", erläutert der Bahnsprecher. Die alle, so sagte es Bahnvorstand Huber in Coburg, hätten einen Nachteil, wenn sie ihren Anschlusszug nicht mehr erreichen, nur, weil der Zug über Coburg fuhr. Der Bahnsprecher: "Deswegen sind die Fahrpläne entsprechend gestaltet und sehen mehr Aufenthaltszeit vor als bei Unterwegsbahnhöfen mit geringerem Reisendenaufkommen."

5. Okay, wir haben zum Ausgleich noch bis zu sieben Mal am Tag einen Regionalexpress in Richtung Nürnberg auf der Neubaustercke.
Aber warum fährt kein Regionalexpress bis Erfurt? Weil die Thüringer Landesregierung keinen solchen Zug bestellt hat. Die Regionalexpresszüge auf der Neubaustrecke nach Nürnberg sind ein Extra des Freistaatsbayern, finanziert mit Hilfe des Bundes. Dieser Zug hilft nicht nur Coburg, sondern stellt auf der viel genutzten Strecke Bamberg-Nürnberg ein zusätzliches Angebot dar. Davon profitieren also auch Reisende aus Bamberg. Forchheim, Erlangen. In Thüringen dagegen gibt es auf der Neubaustrecke nicht einmal einen Bahnhof, an dem der Zug halten könnte. Es ist zwar in den Plänen ein ein Personenbahnhof auf dem Wümberg bei Ilmenau vorgesehen. Allerdings wurde dieser nicht ausgebaut.