Hospizverein Coburg: Vom Tod mitten im Leben

2 Min
Athinas Geschichte in Hagen Lehmanns Fotografie: Schmerzhaftes Leben. Fotos: Carolin Herrmann
Athinas Geschichte in Hagen Lehmanns Fotografie: Schmerzhaftes Leben.  Fotos: Carolin Herrmann
Volker Sesselmanns alte Leutchen geben ihren eigenen Kommentar.
Volker Sesselmanns alte Leutchen geben ihren eigenen Kommentar.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der Hospizverein Coburg hat sich mit einer reizvollen Ausstellung und einem herausfordernden Programm für vier Wochen in der Heiligkreuz-Straße niedergelassen. Es geht um's Leben.

Ob Sie wollen oder nicht: Das "Thema" wird Sie erreichen, meist früher, als unsere fröhliche Halligalli-Gesellschaft vermittelt. Sterben. Tod. Ende. Früher gehörte die Beschäftigung damit, also die Einübung ins Unausweichliche, zum rituellen, religiösen Ablauf des Jahres. Heute ist der Mensch von vielen Riten entlastet, frei, vermeintlich frei. Denn nun steht er mit weit größerer eigener Verantwortung den "letzten Dingen" gegenüber. Das größte "Thema" unseres Lebens wird uns nicht mehr selbstverständlich aufbereitet und vermittelt. Und wie gesagt: Sie werden der Beschäftigung mit diesen letzten Dingen nicht entgehen.

Ein Angebot, Halt zu machen, unterbreitet gegenwärtig der Hospizverein Coburg, an zentraler Stelle, an der viel befahrenen Kreuzung mit Bushaltestelle Heiligkreuzstraße/ Ecke Bahnhofsstraße. Im ehemaligen Schuhhaus Schönfelder präsentiert der Hospizverein eine reizvolle, hintergründige, auch amüsante Ausstellung, verbunden mit einem herausfordernden Veranstaltungsprogramm für Junge und Alte:

"Mitten im Leben" überschrieben - sind wir vom Tod umgeben, lautet die vielfach variierte Sentenz, die so formuliert nachweislich bis in die Zeit um 750 zurückreicht. Große Kissen, klein bedruckt mit diesen Satzteilen, hat der Gemündaer Innenarchitekt Josef Starkl um den Ausstellungsraum arrangiert.


Geschichten im Bilder-Buch

Die großformatigen Schwarzweiß-Bilder des Coburger Fotografen Hagen Lehmann greifen in Lebensgeschichten, verweisen aber in erster Linie aufs Leben, nicht unbedingt auf den Tod. Die Geschichten im einzelnen dazu erzählt die Tageblatt-Redakteurin Christiane Lehmann im Katalog, ausgehend von den Bildern beigeordneten Zitaten. Der wurde in der konzentrierten, überlegten und sensiblen Erzählweise Christiane Lehmanns zu einem besonderen Bilder-Buch.
Dem Fotografen, der Autorin wie dem Hospizverein, der sterbenskranke Menschen begleitet, geht es eben nicht um die Jahrhunderte, Jahrtausende gepflegte Drohung: "Trauert. Fürchtet Euch. Wehe." Sie verleugnen die Trauer, den Schmerz, das Qualvolle nicht. Doch durch die Geschichten von Sterbenden, von Gestorbenen und von den sie bewusst Begleitenden zieht sich ein Leitmotiv: Hoffnungsvolles Loslassen. Davonfliegen. Einverständnis in den ewigen (Kreis-?)Lauf, in dem der einzelne erst durch seinen Abschied die endgültige Würde erlangt.
Von der unmittelbaren Hilfe des Vereins für die Sterbenden geht es in dieser Ausstellung vor allem um Anleitung zum guten, überlegten, überlegenen Leben derjenigen, die "Mitten im Leben" stehen.


Sesselmanns alte Leutchen

Zu all dem übrigens lachen die spindellangen Holzskulpturen des Steinacher Bildhauers Volker Sesselmann. Seine alten Leutchen stehen da hinter den Schaufenstern, neben den hier noch ganz unberührten Ruhekissen, vor den Bildern, grinsen, lachen sich kaputt über die da draußen auf der östlichen Lebens-Tangente der alten Stadt Coburg in ihren immer schickeren Auto-Mobilen Vorbeijagenden. Wonach hetzen sie denn alle?

Projekt Hospizverein Coburg: Mitten im Leben... den Menschen ganz nah. Ausstellung und Vortragsreihe "Haltestellengespräche". Ehemaliges Schuhhaus Schönfelder, Heiligkreuzstraße 11. Bis 1. November, Montag und Mittwoch 16 bis 19 Uhr, Donnerstag und Freitag 14 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 17 Uhr. Eintritt frei. Katalog 7,50 Euro.

Termin Nächstes Haltestellen-Angebot: Klangerlebnis mit Wolfgang Eichhorn und Gabriele Töpfer. 5. Oktober, 17 Uhr. Weitere Informationen zum Programm unter www.hospitzverein-coburg.de