Leben im Kapitalozän
Wir haben längst in die erdgeschichtliche Entwicklung eingegriffen. Lesch nennt es das "Kapitalozän", in dem wir leben. Das ungezügelte Gewinnstreben hat dazu geführt, dass wir Energie in kürzester Zeit aus der Erde herausholen, die dort in Milliarden von Jahren angesammelt wurde. Das kann unser Planet nicht verkraften.
Angesichts des alles beherrschenden "Zynismus der Ökonomie" wirkt Lesch nicht so, als ob er noch an die Möglichkeit zum Umsteuern glaubt. Zwar führte er in Coburg ebenso wie die UN-Klimakonferenz in Katowice Ende 2018 die Möglichkeit an, mit einer Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad den zu erwartenden Dominoeffekt vielleicht noch zu verhindern. Die vorhandenen Zahlen weisen aber auf eine zu erwartende Erderwärmung von 4 bis 5 Grad. Übrigens wird es schon 2035 - das ist bald - "nicht mehr lustig sein". Weitere Trockenperioden - "und die werden kommen" - werden riesige Grundwasser-Probleme bringen. Auch in Europa.
Trotzdem zieht Lesch durch die Lande und will aufrütteln, doch noch etwas zu tun. Er ist gläubiger Protestant. "Wir müssen Energie sparen, wir müssen aus allem raus, was Kohlendioxyd emittiert. Und entweder, wir machen es jetzt sofort, oder wir können es sein lassen." -
Als Trost für den Nachhauseweg hatte er nur noch einen Witz für uns.
Harald Lesch, geboren 1960, wuchs als Gastwirtssohn in der Gemeinde Mücke in Hessen auf. Er studierte Physik und als Nebenfach Philosophie. Lesch ist verheiratet und hat einen Sohn. Er lebt in Haar, wo er sich unter anderem in der Bürgerstiftung engagiert. Er ist nach eigener Aussage gläubiger Protestant.
Seit 1995 ist Lesch Professor für Astrophysik am Lehrstuhl für Astronomie und Astrophysik - Beobachtende und Experimentelle Astronomie an der Universitätssternwarte der Universität München. Zudem unterrichtet er Naturphilosophie. Seine Hauptforschungsgebiete sind kosmische Plasmaphysik, Schwarze Löcher und Neutronensterne. Er ist Fachgutachter für Astrophysik der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und Mitglied der Astronomischen Gesellschaft. Lesch ist Mitglied des Bayerischen Klimarats.
Bekannt ist Lesch, der auch zahlreiche Bücher veröffentlicht hat, vor allem durch seine Fernsehauftritte, zunächst als Moderator der von 1998 bis 2007 ausgestrahlten Sendereihe alpha-Centauri. Daraus entwickelte sich seine große Medienpräsenz in Fernsehen und Radio. Seit September 2008 moderiert er im ZDF die Sendung "Leschs Kosmos". Seit 2009 führt Lesch durch die Terra-X-Reihe "Faszination Universum".
Lesch wurde mit zahlreichen namhaften Preisen ausgezeichnet.
Kommentar: Fragen, die sich jeder stellen muss
Wohin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücket... Die meisten Besucher des Vortrages von Harald Lesch dürften geschockt gewesen sein. Dramatisiert er, um uns endlich in Gang zu setzen? Die Zahlen, allesamt aus hochoffiziellen Quellen, lassen diese Interpretation nicht zu. Dabei hat Lesch nicht einmal von den sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen gesprochen, die mit den Nöten von Milliarden von Menschen kommen werden.
Lesch spricht "mit bestürzender Offenheit", wie es der Laudator des Cicero-Preises formulierte, den Lesch letztes Jahr erhielt. Er tut mit seinen Möglichkeiten, was er noch tun kann.
Und wir kleinen Menschlein im einzelnen? Welche Haltung soll ich einnehmen, wenn ich nicht einfach bequem verdränge? Ist ohnehin alles egal, weshalb wir gleich noch hemmungsloser konsumieren, fressen, saufen, mit Energie prassen können? Werfen wir uns alle zu Boden vor Schrecken und Hilflosigkeit? Kann ich hier Ihnen und mir noch Mut zusprechen?
Bleibt uns nur noch, kosmisch zu denken? Was bedeutet der Verlust dieser Erde angesichts von Milliarden bewohnbarer Planeten allein in unser Galaxie? Hat diese Menschheit Überleben überhaupt verdient?
Sollen wir den Abgesang auf die Menschheit anstimmen, vielleicht mit dem Schlusschoral aus Bachs Matthäus-Passion: Wir setzen uns mit Tränen nieder. Ruhe sanfte, sanfte ruh! - Sie ist aber so schön, unsere Erde. - Luther vielleicht. Der sagte doch etwas von einem Apfelbäumchen, das er pflanzen würde, selbst wenn er wüsste, dass die Erde untergeht.
Der Eisschild auf Grönland liegt eigentlich flach auf dem Land, der bricht nicht in Gänze in den Ozean und lösst so einen spektakulären Tsunami aus. Gletscher brechen normalerweise an den Kanten ab, die Auswirkungen sind eher regional.
Was das Abnehmen der Schwerkraft unseres Planeten angeht hat wohl der Physiker die Physik vergessen, dazu müsste die Erde ihre Masse andern, und wenn sie das tut, dann hat das sicher nichts mit dem Gehalt an CO2 in der Athmossphäre zu tun.
Da war wohl der Herr Professor wieder mal im "Alarmmodus"