Frederik Leberle gibt sein Regie-Debüt in Coburg

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Der Schauspieler Frederik Leberle präsentiert sich in Coburg erstmals als Regisseur. Die Bühnenfassung des Romans "Tschick" von Wolfgang Herrndorf feiert am Freitag Premiere in der Reithalle. Foto: Tyler Stalman
Der Schauspieler Frederik Leberle präsentiert sich in Coburg erstmals als Regisseur. Die Bühnenfassung des Romans "Tschick" von Wolfgang Herrndorf feiert am Freitag Premiere in der Reithalle. Foto: Tyler Stalman
 
 
Frederik Leberle bei der Probenarbeit zu "Tschick". Die Bühnenfassung des Romans von Wolfgang Herrndorf feiert am Freitag Premiere in der Coburger Reithalle. Foto: Andrea Kremper
Frederik Leberle bei der Probenarbeit zu "Tschick". Die Bühnenfassung des Romans von Wolfgang Herrndorf feiert am Freitag Premiere in der Coburger Reithalle. Foto: Andrea Kremper
 

Das Coburger Theaterpublikum kennt Frederik Leberle seit gut vier Spielzeiten als wandlungsfähigen Schauspieler. Sportfans kennen ihn als Basketballer beim aufstrebenden BBC Coburg. Nun kann ihn das Publikum in einer völlig neuen Rolle kennen lernen.

Frederik Leberle erprobt den künstlerischen Seitenwechsel. Der am Landestheater Coburg engagierte Schauspieler gibt sein Regie-Debüt. Am Freitag feiert seine erste Inszenierung Premiere im Theater in der Reithalle - die Bühnenfassung von Wolfgang Herrnsdorfs Roman "Tschick". Wie er den Wechsel ans Regiepult erlebt, verrät Leberle im Interview.

Was reizt Sie, den Rollenwechsel vom Schauspieler zum Regisseur zu erproben?
Die Arbeit als Regisseur gibt einfach noch mehr Möglichkeiten, eine kreative Gesamtsicht eines Stückes umzusetzen. Als Schauspieler ist man ja doch nur ein Baustein einer gesamten Inszenierung und je nach dem, wie ähnlich die Sichtweisen des Schauspielers und des Regisseurs sind, desto stärker kann das auch eine eigene Vision des Stücks werden. Aber natürlich kann man als Schauspieler auch auf ein Regiekonzept treffen, das völlig gegenläufig zur eigenen Vorstellung ist.
Dann ist es Aufgabe des Schauspielers, trotzdem in diesem Konzept sein Bestes zum Gelingen beizusteuern.

Theorie und Praxis: Wie fühlt es sich an, tatsächlich Regie zu führen?
Das ist ein spannender Erkenntnisprozess. Manche Sachen sind viel einfacher, als man das befürchtet oder sich vorgestellt hat. Und an manchen Stellen hakt es dann, wo man nie damit gerechnet hätte, das dort Schwierigkeiten liegen könnten.

Was ist leichter als erwartet?
Was relativ leicht war für mich, war die inhaltliche Arbeit, die Schauspielerführung, der Umgang mit dem Text - alles, was die direkte Arbeit am Geschehen beinhaltet. Da kommt mir sicher entgegen, dass ich als Schauspieler auch zunächst sehr vom Text ausgehe, an der Psychologie der Figur arbeite. Als Schauspieler weiß man einfach sehr genau, wo liegen Fallstricke für Kollegen, gerade auch für junge Kollegen.

Was war schwieriger als erwartet?
Zumindest so schwierig wie erwartet waren die logistischen Fragen drum herum - das Koordinieren aller Dinge, die andere Abteilungen betreffen oder technische Aspekte beinhalten. Das Erstellen eines einfachen Videostandbildes auf einem Beamer: Wieviel Schritte das voraussetzt, ist nicht sofort klar.

Machen die bisherigen Erfahrungen bei der Probenarbeit als Regisseur Appetit auf mehr?
Das macht mir sehr viel Appetit auf mehr. Man muss natürlich erst mal das Ergebnis dieses Regie-Debüts zunächst mal ansehen. Ich bin aber eigentlich guter Dinge, weil ich gemerkt habe, wie spannend es ist, einfach eine Geschichte zu erzählen

Sie sagen, Sie würden gerne das Thema Regie weiter verfolgen. Eine Zukunft allein auf der Regieschiene sehen Sie aber nicht?
Davon gehe ich im Moment nicht aus. Meine Wunschvorstellung wäre, neben der Arbeit als Schauspieler die Möglichkeit zu bekommen, als Regisseur Erfahrungen zu sammeln. Nachdem sich jetzt eine erste Tür öffnet, wäre es schön, noch ein paar Schritte weiter in diese Richtung zu gehen.

"Tschick" erzählt die Geschichte zweier 14-jähriger Außenseiter, die mit einem gestohlenen alten Auto zu einer abenteuerlichen Fahrt aufbrechen. Im Grunde ist das ein Road-Movie in Buchform. Wie lässt sich Ihr Regie-Konzept beschreiben?
Ich wollte von Anfang an, dass man das Stück nicht verkleinert auf ein reines Generationsdrama zweier 14-Jähriger. Dieser Roman enthält so viele intelligente Sichtweisen, dass sich eigentlich jede Generation darin wieder entdecken kann und sagt: Ich war doch auch einmal 14. Das Stück wird ja aus der Erinnerung erzählt. Mein Ansatz ist es, diese Geschichte so zu erzählen, dass man sie nicht unbedingt aus der Sicht des letzten Sommers erzählen muss, sondern auch aus der Sicht des Sommer vor fünf Jahren, vor zehn Jahren, vor 20 Jahren erzählen kann. Ich möchte mich nicht nur auf die Komik, auf den Witz des Stücks konzentrieren, sondern auch jene Stellen aufgreifen, in denen eine ganz andere Tiefe auftaucht.

Im Herrndorfs Roman spielt ein altes Auto eine wichtige Rolle, mit dem die beiden jungen Hauptdarsteller unterwegs sind. Wie gehen Sie mit diesem Auto um?
Mit unserem Bühnenbildner Udo Herbst waren wir uns schnell einig, dass wir kein Auto auf die Bühne bringen wollen, dass diese Reise in der Fantasie stattfindet. Die Fantasie ist das Entscheidende für die beiden Hauptfiguren, aber auch für den Zuschauer. Man wird mitgenommen auf diese Reise.

"Tschick" zählt in den letzten Jahren zu den meistgespielten Stücken bundesweit. Haben Sie sich mit anderen Inszenierungen befasst oder dies bewusst vermieden?
Ich habe einen großen Bogen um diese Inszenierungen gemacht oder um Trailer auf YouTube und Kritiken. Denn bei dieser Anzahl von Inszenierung wird man immer irgend etwas finden, was sehr nahe dran ist an dem, was man selbst will - und dann hat man plötzlich Skrupel.



Sie bringen Wolfgang Herrndorfs Roman "Tschick" auf die Bühne der Coburger Reithalle


Premieren-Tipp "Tschick" - Schauspiel nach dem Roman von Wolfgang Herrndorf, Freitag, 7. November, 20 Uhr, Theater in der Reithalle

Produktionsteam Inszenierung: Frederik Leberle; Bühnenbild und Kostüme: Udo Herbster
Dramaturgie: Dirk Olaf Hanke

Darsteller Maik: Oliver Baesler
Tschick: Ingo Paulick
Eddie: Boris Stark

Weitere Vorstellungen 9., 14., 15., 16., 18. November, 20 Uhr, 27. November, 11 und 20 Uhr, 29. November, 3., 4., Dezember, 20 Uhr, 16. Dezember, 11 Uhr, 17. Dezember, 20 Uhr, 18. Januar, 18 Uhr, 30., 31. Januar, 20 Uhr

Frederik Leberle Nach einem Jurastudium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, das er 2001 mit dem Staatsexamen abschloss, entschied sich Frederik Leberle dazu, ein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt/Main anzuschließen. Die Wuppertaler Bühnen und das Theater Krefeld/Mönchengladbach waren Karrierestationen, bevor Leberle im Herbst 2010 als festes Ensemblemitglied ans Landestheater Coburg wechselte.

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