Wenn einer der bekanntesten Kabarettisten dieser Republik am Vorabend der Bundestagswahl zum Gastspiel im Kongresshaus erwartet wird, drängen sich manche Fragen einfach auf. Frank-Markus Barwasser findet nachdenklich stimmende Antworten.
Mit seinem Erwin Pelzig hat Frank-Markus Barwasser eine der langlebigsten Kunstfiguren der deutschen Kabarettbühne erschaffen. Im Interview vor seinem Coburg-Gasspiel im Kongresshaus Rosengarten gibt sich Barwassser als skeptischer und dennoch unverdrossener Aufklärer zu erkennen. Entschlossen plädiert er dafür massiv im Sektor Bildung zu investieren.
Glauben Sie, dass sich nach der Wahl am Sonntag in der Politik grundlegend etwas ändert?
Frank-Markus Barwasser: Wie viel sich ändert, hängt davon ab, welche Koalition am Ende zusammengewürfelt wird. Die Frage ist für mich im Moment auch weniger, ob sich durch das Wahlergebnis etwas grundlegend ändert, sondern ob wir aus der Pandemie grundlegende Konsequenzen ziehen. Die hat uns schließlich so viel um die Ohren fliegen lassen und gnadenlos zahlreiche Schwachstellen vor Augen geführt. Aber viel Anlass zum Optimismus besteht da nicht. Nehmen sie die Klimathematik. An Erkenntnissen mangelt es hier nicht, nur an Konsequenzen und das schon viel zu lange.
Was müsste sich denn konkret zuerst ändern? Was würden Sie ändern?
Wir leben in einer zunehmend antiaufklärerischen Zeit. Dagegen hilft nur Bildung. Daher würde ich massiv aufrüsten im Bildungssektor, also vor allem an Schulen und auch bei den Jüngsten. Den jüngeren Menschen müsste viel stärker geholfen werden, Resistenzen zu entwickeln gegen den ganzen Wahnsinn und Quatsch, der gerade über social media verbreitet wird. Das lässt sich nicht mehr zurückdrehen, aber wir müssen den Umgang damit erlernbar machen. Und das geht nur mit Bildung und Kompetenz. Hier steht letztlich auch der Glauben an Demokratie auf dem Spiel. Und gegen ein Tempolimit auf der Autobahn hätte ich auch nichts einzuwenden. Vom Umweltaspekt mal abgesehen, würde es auf der Straße etwas entspannter werden. Naja, die Entspanntheit der Franzosen werden wir wohl nie ganz schaffen, dafür ist es hier einfach zu voll. Wenn ich von Frankreich aus nach Deutschland reinfahre, beginnt in Saarbrücken jedesmal der Horror. Furchtbar. Aber inzwischen fahre ich ohnehin lieber Bahn, wann immer es geht. Muss man sich natürlich leisten können, ja, auch so eine Schraube, an der ich gerne drehen würde.
Angesichts grassierender Politikverdrossenheit und - zumindest in Vor-Corona-Zeiten - häufig sehr gut besuchter Kabarett-Veranstaltungen auch in Coburg: Sind Kabarettisten die besseren Politiker, weil Sie konkrete Dinge oft ganz unmittelbar ansprechen?