Die Empörung über den möglichen Skandal im Coburger Schlachthof ist groß. Während die Ermittlungen anlaufen, werden bereits erste Rufe laut, die städtische Einrichtung zu schließen.
Der Schock sitzt tief. Am Coburger Schlachthof sollen Betrüger ihr Unwesen treiben, die bereits aussortierte Schlachtabfälle wieder in Umlauf bringen. Die ersten Reaktionen auf diesen heftigen Vorwurf, der am Donnerstagabend vom Bayerischen Fernsehen erhoben wurde, sind eindeutig. "Ich bin erschüttert - das ist eine Riesensauerei", schimpft zum Beispiel Metzgermeister Manfred Thein namens der Coburger Fleischer-Innung. Er könne nur hoffen, dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind, schnell ermittelt werden. "Und dann gehört denen das Handwerk gelegt. Solche Leute darf man doch nicht auf die Menschheit loslassen!"
Kunden schauen auf den Preis Scharfe Kritik übt Thein an den "schwarzen Schafen" der Branche, die Fleisch- und Wurstwaren zu Billigstpreisen verkaufen. "In Deutschland schaut der Kunde eben auch leider oft nur danach, wo etwas am billigsten ist." Bei den diversen Fleischskandalen in der Vergangenheit (BSE, Gammelfleisch, Pferdefleisch) hat Thein die Erfahrung gemacht, dass es jeweils so etwa drei bis vier Wochen einen "Boom" in seinen Geschäften gab und die Menschen plötzlich doch bereit waren, für Qualitäts-Fleisch etwas mehr Geld auszugeben. "Aber nach diesen drei, vier Wochen haben die Leute den Skandal dann oft vergessen und gehen wieder zum Billiganbieter." Ob das diesmal auch so sein wird, vermag Thein nicht abzuschätzen: "Denn einen Skandal direkt in Coburg gab es ja noch nie." Er hätte es auch nicht für möglich gehalten, "dass es so etwas in Coburg geben kann".
Der Vorwurf, dass Schlachtabfälle, die eigentlich nur noch zu Hundefutter hätten verarbeitet werden dürfen, vom Coburger Schlachthof aus in den Warenverkehr gelangt sind, beschäftigt auch die Staatsanwaltschaft. Die Stadt Coburg selbst, die Betreiber des Schlachthofs ist, hatte dies in die Wege geleitet, nachdem sie wiederum vom Bayerischen Fernsehen über die vermutlichen Machenschaften informiert worden war. "Ja, wir ermitteln", sagte gestern der Leitende Oberstaatsanwalt Anton Lohneis. Er befürchte allerdings ein "schwieriges und komplexes Verfahren". Denn mit dem heimlich gedrehten Film des Bayerischen Fernsehens, der zeigen soll, wie mit dem Gammelfleisch zu nächtlicher Stunde "gedealt" wird, könne man zunächst gar nicht so viel anfangen. "Wir brauchen vor allem verlässliche Zeugenaussagen." Denn die Fernsehmacher beriefen sich im Wesentlichen auf einen Schlachthof-Mitarbeiter, der bislang unerkannt bleiben will. Grundsätzlich warnt Lohneis davor, den gesamten Schlachthof zu "kriminalisieren". Er gehe davon aus, dass sehr viele, die am oder mit dem Schlachthof zu tun haben, überhaupt nichts dafür können: "Vielleicht gibt es da einen Stinkstiefel, und alle müssen jetzt darunter leiden." Die Firma Dellert-Fleisch etwa, distanzierte sich gestern sofort und kündigte ihre Mithilfe bei der Aufklärung an (siehe dazu gesonderten Text - unten anklickbar).
Finanzielle Probleme Doch selbst, wenn diese Aufklärung relativ schnell gelingen sollte: "Irgendetwas bleibt immer hängen", befürchtet Anton Lohneis. Ob deshalb freilich der Vorstoß von Hans-Heinrich Eidt die Lösung ist, bleibt abzuwarten. Der FDP-Stadtrat brachte gestern den Antrag ein, zu prüfen, ob der städtische Schlachthof nicht geschlossen werden sollte. In seiner Begründung schreibt Eidt: "Seit langer Zeit sind im Coburger Schlachthof immer wieder Probleme aufgetreten, mit denen sich zum Beispiel der Rechnungsprüfungsausschuss mehrfach beschäftigen musste. Während meiner Zeit im Bausenat kamen immer wieder Fragen der Finanzierung von Verbesserungsmaßnahmen zur Abstimmung. Und in der jüngsten Vergangenheit haben Überprüfungen offenbar erneut Investitionsbedarf festgestellt."
Die Nachricht, dass es jetzt auch noch einen Fleischskandal gebe, bringt für Hans-Heinrich Eidt das Fass dann endgültig zum Überlaufen. Wörtlich schreibt er: "Ich meine, dass der Schlachthof in Coburg lange genug gehalten und seitens der Stadt getragen und finanziert wurde." Die jüngsten Meldungen seien daher nach Meinung der FDP "Anlass genug, die seit einiger Zeit geführte Diskussion um die Schließung des Schlachthofes zu beenden".
Areal anderweitig nutzen Eidt fordert in seinem Stadtratsantrag, dass die jüngsten Meldungen "schärfstens" überprüft werden - "und bei zutreffendem Ergebnis dieser Prüfung" soll der Schlachthof "sobald möglich" geschlossen werden. Das Gelände kann nach Ansicht von Eidt in Zukunft "sicher besser für die weitere Entwicklung der Stadt Coburg" genutzt werden - etwa für ein "Band der Wissenschaft".
Der Bayerische Rundfunk hat seinen Beitrag zu diesem Thema unter dem Titel "Betrügerring verkauft Gammelfleisch" ins Internet gestellt. Nüchtern betrachtet, muss man sagen: Ich sehe keinen Beweis für diese Behauptung. Es wird Bezug genommen auf die Information eines Menschen, der anonym bleiben will. Da frage ich mich, hat der BR recherchiert, ob dieser Informant "koscher" ist: Er könnte ein ehemaliger Mitarbeiter sein, der sich für eine vermeintliche oder tatsächliche Ungerechtigkeit ihm gegenüber rächen möchte. Oder auch ein übereifriger Vegetarier, der den Fleischessern einfach mal den Appetit verderben möchte. Zu Wort kommt außerdem einer, der bis 2009 am Schlachthof gearbeitet hat. Da frage ich mich: Warum ist er dort nicht mehr? Warum schildert er vier Jahre nach dem Ausscheiden angeblich verwerfliches Fehlverhalten, von dem er angeblich jahrelang Kenntnis hatte? Steht sein Ausscheiden aus dem Dienst des Schlachthofes im Zusammenhang mit den abgeblichen Schweinereien?
Mit grundsätzlichen Aussagen zum Umgang mit K3-Fleisch wird ein Wissenschaftler vorgeführt. Dem ist nicht zu widersprechen, aber er hat keinen Beweis für die Behauptungen gegen den Schlachthof von Coburg. Gezeigt wird außerdem ein anonym gedrehter Film aus dem Schlachthof. Der beweist wiederum nichts - zumal man Filmemachern alles unterstellen kann (bis hin zur vorzeitigen Verflmung des Weltuntergangs).
Schade, dass der Bayerische Rundfunk und sein Vorzeigeformat "Quer" vermutlich im Interesse der Exklusivität eine mögliche Ergreifung der Täter in flagranti vermasselt bzw. nicht ermöglicht haben. Gleichwohl müssen und werden die zuständigen Behörden jetzt mit der notwendigen Professionalität aufklären und gegebenenfalls energisch durchgreifen. Da bin ich mir sicher. Für eine permanente Video-Überwachung der Gammelfleisch-Sammlung und -Verwahrung ab sofort hätten Schlachthof-Mitarbeiter, -Kunden und -Besucher sicher Verständnis...
Hatte ich geschrieben, der OB müsse persönlich ... (was auch immer, Sie haben es nicht ausgeführt)? Der OB ist verantwortlich dafür, was seine Dienststellen machen. Er erarbeitet mit seinen Amtsleitern die Organisation und gibt Vorgaben für Abläufe (z.B. Vier-Augen-Prinzip ja oder nein, usw.). Das wird in der Hierachie weiter nach unten gegeben und umgesetzt. Dabei sollten gute Vorschläge der Mitarbeiter eingearbeitet werden.
In einer gut geführten Behörde ist klar, wer für was zuständig ist und wer den Erfolg verantwortet oder für den Mißerfolg geradestehen muß. Ist der OB seinen Aufgaben nachgekommen, dann hat ihn möglicherweise der Schlachthofleiter belogen und betrogen, Papiere gefälscht usw. Oder der Schlachthofleiter war nachlässig, überfordert oder wurde selbst von Mitarbeitern hereingelegt. Das muß geklärt werden.
Für mich ist es nicht unbedingt ein Zeichen für Führungsstärke, wenn Mitarbeiter Schlachtabfälle in den Verkehr bringen können. Bei uns war es jedenfalls so, daß der Chef sich bei Fehlern, die immer passieren können, vor seine Mitarbeiter gestellt hat. Schlamperei hätte Konsequenzen gehabt und der Verstoß gegen Gesetze die sofortige fristlose Kündigung nach sich gezogen.
Ich kenne die Interna und die Buchführung von Schlachthöfen nicht. Es muß doch aber auffallen, daß kein K3-Fleisch verkauft wurde und daß die blaue Farbe unheimlich lange reicht. Jede Kuh hat ihre Ohrmarke, sodaß man fast noch die Schuhgröße des Tierarztes feststellen kann, aber wieviele Tiere geschlachtet werden und wieviel Fleisch der verschiedenen Klassen den Schlachthof verläßt und was und wieviel entsorgt werden muß ist nicht bekannt?
Da wird jetzt wieder mal mit einer SoKo Schlachthof mit Hochdruck ermittelt, und zum Schluß geht's aus wie's Hornberger Schießen. Oder spricht noch jemand von Pferdefleisch, wie im Artikel ganz richtig steht?
Schlachthof schliessen - Problem gelöst? Die FDP macht es sich einfach. Die Schlachtung wird dann in riesige zentrale Schlachthöfe verlagert, wo alles anonym abläuft, ausländische Lohnsklaven im Akkord schlachten und dann schon einmal ein ein Schwein lebendig abgebrüht oder ein Rind lebendig gehäutet wird.
Über diese Rieseninstitutionen gibt es erst recht keiner Kontrolle. Und die Metzger kaufen dann Schweine- und Rinderhälften und wissen nicht mehr, von welchem Bauern das Tier stammte und wie es gehalten wurde.
Ohne daß ich die Interna kenne, frage ich mich doch, wie die Kontrolle über eine städtische Institution abläuft. Für mich wäre erster Ansprechpartner der Oberbürgermeister. Er muß seinen Laden im Griff haben und dafür sorgen, daß alles reibungslos und gesetzeskonform abläuft. Dafür wird er bezahlt.
Kann man eigentlich den Schlachthof nicht schon über die Bücher kontrollieren? Da müßte doch aufgeführt sein, wann welche Tiere geschlachtet werden und wieviel Fleisch das ergibt. Man weiß doch auch, wieviel Reste (ich kenne die Fachausdrücke nicht) entsorgt werden müssen und wieviel z.B. zur Herstellung von Tierfutter verkauft werden kann. Dann wäre es gut, wenn der Leiter des Schlachthofs ein Beamter vom guten alten Schlag wäre, der die Einhaltung der Gesetze durchsetzt und für das Wohl der Allgemeinheit arbeitet.
Zudem gehören die Schlachhöfe wie alle Institutionen, die Lebensmittel verarbeiten, regelmäßig kontrolliert. Was einer Pommesbude recht ist, muß dem Schlachthof billig sein. Und vielleicht sollte sich auch ab und zu mal jemand von der Rathausspitze mit offenen Augen in den Schlachthof bewegen, und zwar unangemeldet. Mir ist auch klar, daß es netter ist, Gäste in Coburg zu empfangen als den Schlachthof zu inspizieren. Aber diese Leute haben einen Diensteid abgelegt und da ist meines Erachtens auch die Kontolle des Schlachthofs inbegriffen.
Er musste die städtischen Gärtner beim Rasenmähen beaufsichtigen, nachdem er die Qualität der Frühstücksbrötchen in der SÜC Kantine gewährleistet hat.
Grundsätzlich haben Sie mit ihrer Kritik an Großschlachthöfen und an der mangelnden Lebensmittelkontrolle und dem niedrigen Niveau des Verbraucherschutzes Recht (übrigens beides Aufgaben der CSU Landesregierung). Aber eine persönliche Verantwortung des Oberbürgermeisters ist wohl an den Haaren herbei gezogen. Bei meinem Arbeitgeber wurden schon mal PCs geklaut. Hochkant geflogen sind dann aber die Diebe und nicht der Vorstand!