Es gibt noch viele Fragezeichen

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2004 wurde das G8 eingeführt, beinahe von Beginn an stieß die verkürzte Schulzeit auf Ablehnung bei Schülern und Eltern. Foto: Armin Weigel / dpa
2004 wurde das G8 eingeführt, beinahe von Beginn an stieß die verkürzte Schulzeit auf Ablehnung bei Schülern und Eltern. Foto: Armin Weigel / dpa
Burkhard Spachmann, Schulleiter des Casimirianums. Foto: Ulrike Nauer
Burkhard Spachmann, Schulleiter des Casimirianums.  Foto: Ulrike Nauer
 
Herbert Brunner, Schulleiter des Alexandrinums. Foto: Ulrike Nauer
Herbert Brunner, Schulleiter des Alexandrinums.  Foto: Ulrike Nauer
 

Die Coburger Gymnasien wollen die Schulzeit wieder auf neun Jahre erhöhen, doch konkrete Entscheidungen aus München lassen auf sich warten.

Das Ende des achtjährigen Gymnasiums (G8) in Bayern rückt näher. Zumindest werden die Rufe nach einer Rückkehr zum G9 immer lauter - sowohl bei Schülern und Eltern als auch bei den Schulen selbst. Die Coburger Gymnasien Ernestinum und Albertinum haben am Mittwoch angekündigt, so bald wie möglich wieder zum neunjährigen Gymnasium zurückkehren zu wollen. An den übrigen Coburger Gymnasien und am Neustadter Arnold-Gymnasium sehe man das genauso, wie die Schulleiter Herbert Brunner (Alexandrinum) und Burkhard Spachmann (Casimirianum) am Freitag im Gespräch mit dem Tageblatt - auch im Namen ihrer Neustadter Kollegin, Ursula Kick-Bernklau - klarstellten.
Eigentlich findet Burkhard Spachmann das Vorgehen der Nürnberger Gymnasien in der Angelegenheit "sehr wohltuend". Dort hätten die Schulleiter vereinbart, sich zum Thema vorerst nicht zu äußern. Denn auch wenn von allen Seiten der Wunsch nach einer Rückkehr zum G9 geäußert wird, weiß derzeit noch niemand genau, wie das ganze letztlich vonstatten gehen soll. Was aber nicht heißt, dass man sich am Casimirianum, Alexandrinum und Arnold-Gymnasium nicht die Köpfe zerbrechen würde, was für künftige Generationen das beste ist.
Staatssekretär Georg Eisenreich hatte im November auf der Direktorentagung in Lichtenfels die Überlegungen des Kultusministeriums vorgestellt. Demnach sollen die Gymnasien voraussichtlich ab dem Schuljahr 2018/19 entscheiden können, ob sie das G8 weiterführen oder zum G9 zurückkehren wollen. Große Gymnasien bieten vielleicht sogar beide Varianten an. Doch es gibt derzeit noch sehr viele Fragezeichen, entschieden ist bisher gar nichts.


Einheitlich entscheiden

Im März werden sich die Gymnasien in Coburg und Neustadt mit ihrem Bildungsangebot wieder ihren künftigen Schülern vorstellen. "Wir möchten den Eltern dann ja auch etwas sagen können", betont Herbert Brunner - aber was? Burkhard Spachmann erinnert das an die Situation 2003 - das Jahr vor der Einführung des G8. Damals sei auch vieles unklar gewesen. "Wir können nur hoffen, dass die Entscheidung diesmal einheitlich fällt", sagt Spachmann "Wir sind es den Kindern und Eltern schuldig, länger Sicherheit zu haben als eine halbe Legislaturperiode."
Doch den Schulen renne die Zeit davon. Zwar bleiben noch gut eineinhalb Jahre Zeit, bis die Rückkehr zum G9 frühestens möglich sein wird, doch wenn es kein "Schnellschuss" werden solle, dann müsse jetzt etwas getan werden, sind sich Brunner und Spachmann einig. "Wir müssen wissen, wie das Gymnasium der Zukunft aussehen soll", sagt Brunner, und sein Amtskollege ergänzt: "Wir könnten ein hochkarätiges Bildungsangebot machen, wenn man uns ließe."
Spachmann sieht dabei die Lehrplankommission als einen möglichen Ansatzpunkt. Diese sei schließlich erst vor einem halben Jahr auseinander gegangen und daher noch im Thema. "Die könnte man reaktivieren. Das wäre die Chance, ein noch warmes Eisen zu schmieden."
Wichtig wäre auch, die 5. Klassen, die ab 2017/18 mit dem neuen Lehrplan arbeiten werden, schon für das neunjährige Gymnasium mit ins Boot zu holen. Machbar wäre das durchaus, denn für die fünften Klassen gelte ohnehin der gleiche Lehrplan - egal ob sie im G8 oder G9 unterrichtet würden, erklärt Herbert Brunner.


Das Gute vom G8 bewahren

Klar sei allerdings auch, dass man nicht "eins zu eins" zum G9 zurückkehren könne, so Brunner. Das sei schon allein wegen der Veränderungen in der Kollegstufe nicht mehr möglich. Das Ziel sei deshalb auch nicht die "Rückkehr", sondern eine "neue Form des neunjährigen Gymnasiums". Man müsse aber deswegen nicht alles neu erfinden, betont Brunner. "Ich sehe auch viel Gutes am G8, das müssen wir bewahren", sagt Spachmann. Und mit den Erfahrungen des G8 sei es durchaus möglich, dass ein Schüler seine Zeit am Gymnasium schneller durchlaufe als seine Klassenkameraden. Spachmann kann sich zum Beispiel vorstellen, von der 6. zur 8. Klasse eine "Beschleunigung" einzubauen, sprich, den Schüler eine Klasse überspringen zu lassen und ihn dafür gezielt zu unterstützen.
Den Wunsch von Oberbürgermeister Norbert Tessmer, dass an Orten mit mehreren Gymnasien - wie Coburg/Neustadt - eine Schule weiterhin ausschließlich das G8 anbieten solle, sehen beide Schulleiter skeptisch. "Schauen wir uns die Zahlen an. Für wen wollen wir das G8 noch anbieten", fragt Spachmann. Bei dem geringen Anteil von Schülern, die sich tatsächlich freiwillig für den achtjährigen Durchlauf entscheiden würden, sei die individuelle Betreuung an einem G9 sicher leichter zu bewerkstelligen, als ganze Jahrgänge in die verkürzte Schulzeit zu pressen. Wenn zudem einem reinen G8-Gymnasium am Ende reihenweise die Schüler in Richtung G9 davonlaufen, ist erst recht nichts gewonnen.


Mehr Zeit zum Reifen

Die Schulleiter des Casimirianums und des Alexandrinums teilen den vielfachen Wunsch, den Kindern wieder mehr Zeit zum Reifen und zum Erwachsenwerden zu geben, "wir wissen nur noch nicht wie", so Spachmann. Doch ganz egal, ob nun acht oder neun Jahre Gymnasium - "beides ist eine lange Zeit. Da brauchen wir eine verlässliche Lösung".