Das mit Schadstoffen stark belastete Pfarrhaus in Gauerstadt soll verkauft werden. Eine neue Immobilie und ein neuer Geistlicher sollen her.
Es gärt kräftig bei den Evangelischen in Gauerstadt. Das trat bei einer rund zweieinhalbstündigen Gemeindeversammlung im Sportheim zutage. Voll besetzt war das Haus. Es ging insbesondere um die Zukunft des Pfarrhauses und der Pfarrstelle.
Der Grund für die Unzufriedenheit der evangelischen Christen kommt daher, dass der Kirchenvorstand beschlossen hat, das Pfarrhaus nicht zu sanieren, sondern ein neues Domizil in Gauerstadt zu suchen, das inzwischen gefunden wurde.
Die nicht einstimmige Entscheidung im Kirchenvorstand wurde von Pfarrer Christian Rosenzweig bei der Versammlung damit begründet, dass das derzeit von keinem Pfarrer bewohnte Pfarrhaus im erheblichen Maß schadstoffbelastet ist, wie eine Untersuchung ergab. "Die Grenzwerte sind deutlich überschritten", so Rosenzweig, insbesondere durch PCP und Holzschutzmittel. Eine Sanierung würde 360 000 Euro verschlingen, wobei nicht sichergestellt sei, dass dann nicht immer noch Schadstoffe vorhanden seien und ständig kontrolliert werden müssten.
Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde müsste für die Sanierung 250 000 Euro aufbringen, den Rest würde die Landeskirche übernehmen. "Eine derartige Finanzierung durch die Gauerstadter Kirchengemeinde ist unmöglich", betonte der Pfarrer.
Der Kirchenvorstand wurde fündig auf der Suche nach einer neuen Immobilie. Sie befindet sich in mittelbarer Nähe zur Kirche und sei für eine Pfarrerswohnung und ein Pfarramtsbüro geeignet, ebenfalls für einen Veranstaltungsraum.
Die Pfarrstelle ist nach dem Tod von Pfarrerin Johanna Sonntag vakant. In den Startlöchern für die Übernahme steht Pfarrer Karl-Heinz Hillermeier, der sich für die Stelle beworben hat. Der Kirchenvorstand ist der Meinung, dass das belastete Pfarrhaus dem neuen Pfarrer nicht zugemutet werden könne. Dem pflichtete auf der Versammlung Dekan Andreas Kleefeld bei: "Hier besteht eine Fürsorgepflicht der Kirche."
Derzeit ist laut Landesstellenplan die Pfarrstelle mit 670 Seelen als 77-prozentige Stelle bewertet und sie könnte auf 50 Prozent zurückfallen. "Das lohnt sich mittelfristig aus Sicht der Landeskirche nicht mehr", sagte Kleefeld klipp und klar.
Trotzdem wird derzeit an der Besetzung mit einem Pfarrer festgehalten, allerdings in einen anderen Haus. Hier gehen die Vorstellungen der Kirchengemeinde dahin, dass das Haus eine Gesamtkirchengemeinde (GKG) erwirbt und es an die Kirchengemeinde vermietet, was schließlich für sie wesentlich billiger ist als eine Sanierung des bisherigen Pfarrhauses. Dazu Kleefeld: "Die Kirchengemeinde ist von der Baulast befreit, wird durch das Mietgebäude finanziell entlastet, auch wenn diese Vorgehensweise schmerzhaft ist."
Bei der Diskussion im Sportheim ging es hart zu: Dekan, Pfarrer und Kirchenvorstand ließen sich jedoch wegen der Entscheidung im Kirchenvorstand nicht in die Enge treiben. Sie ließen sich nicht erweichen, was teils zu lautstarkem Unmut der Kirchenmitglieder führte. Einer der Angriffspunkte - auch von Jutta Dressel war -, dass vor der Entscheidung im Kirchenvorstand nicht die Gläubigen informiert worden seien. Ins gleiche Horn blies Bernd Oberender, der sich nicht vom Kirchenvorstand vertreten fühlte. Er missbilligte den Beschluss und forderte: "Löst den Kirchenvorstand auf." Peter Dressel befürchtete obendrein den Niedergang der Seelsorge. Horst Büchner bezweifelte die Sanierungskosten von 360 000 Euro, wobei er die Meinung vertrat: "Erst Pfarrhaus weg, dann der Pfarrer, das ist das Ziel der Landeskirche."
Auf die Frage Marco Geiß thardts, ob das Pfarrhaus überhaupt verkaufbar sei, kam die Antwort, dass zwar noch keine Schätzung erfolgt sei, das Gebäude jedoch als attraktiv angesehen werde.
Eine Lanze für die Entscheidung des Kirchenvorstands brach Sigrid Eiermann: "Schweren Herzens haben wir die Entscheidung getroffen, wir haben es uns nicht leicht gemacht, denn das Geld für eine Sanierung kann nicht aufgebracht werden." Auch wenn die Argumente der Redner, wie Pfarrer Christian Rosenzweig versicherte, im Kirchenvorstand nochmals gewürdigt würden, war zum Ende der Versammlung vom Pfarrer zu vernehmen, was auch der Dekan unterstützte: "Die Grundsatzentscheidung steht und Gauerstadt soll so schnell wie möglich einen Pfarrer bekommen."
Die Wogen sind derzeit jedoch nicht geglättet worden.