Dass das von ihm vorgeschlagene "neue Innenstadtkonzept" in den Jahren 2006 bis 2009 nicht umgesetzt wurde, wirft Brose-Gesellschafter Michael Stoschek noch heute der Stadt Coburg vor. Hier die Rede, die er anlässlich der Verleihung der IHK-Ehrennadel am Mittwoch hielt:
Sehr geehrter Herr Dr. Söder,
lieber Herr Präsident Herdan,
liebe Vizepräsidenten, Mitglieder der Vollversammlung und der Geschäftsführung der IHK,
liebe Gäste,
im Namen von Rolf-Peter Hoenen und für mich selbst bedanke ich mich für die uns zu Teil gewordene Ehrung und wir beide freuen uns darüber sehr.
Der Jurist Rolf-Peter Hoenen, zunächst Beamter im Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen und dann im Bundesfinanzministerium, wechselte 1981 in die Wirtschaft. Nach der Gothaer Versicherung wurde er in den Vorstand der HUK Coburg berufen, wo er schließlich 18 Jahre lang an der Spitze stand, auch wenn die Bezeichnung "Sprecher" seine Führungsrolle nicht deutlich macht.
Der außerordentliche Erfolg der HUK in der Ära Hoenen zwischen 1981 und 2002 hat die Gesellschaft nicht nur zum größten Arbeitgeber der Region werden lassen, sondern vor allem zum mit Abstand größten Steuerzahler in unserer Stadt. In diese Zeit fallen die HUK-Kulturförderung für das Landestheater, die Schlossplatzkonzerte, den Coburger Glaspreis sowie die Unterstützung des Coburger Handballs.
Durch die hohen Gewerbesteuerzahlungen der HUK erhielt Coburg eine Finanzkraft pro Einwohner, die sie bis heute an die Spitze in Bayern stellt, doch die - im Rückblick gesehen - nicht nur ein Segen war: Anstatt in die Zukunft zu investieren, wurden die reichlich vorhandenen Mittel für immer höhere Personal- und Sozialausgaben verbraucht, bis am Ende kein ausgeglichener Haushalt mehr aufgestellt werden konnte.
Ausgerechnet in die Zeit der höchsten Gewerbesteuerzahlungen der HUK fiel eine Idee, die Herrn Hoenen und mich verband:
Das Neue Innenstadtkonzept.
Ein Team von Architekten, Städteplanern, Immobilienexperten und Juristen, angeführt von den Chefs der beiden größten Coburger Unternehmen, hat über einen Zeitraum von 12 Monaten ein detailliertes Konzept erarbeitet, wie die Stadt Coburg durch ein modernes Tagungs- und Kongresszentrum einen deutlichen Zuwachs an Kaufkraft, Beschäftigung und Attraktivität erreichen könnte und gleichzeitig seine weit verteilten Sportstätten zusammenfasst. Anstelle der defizitären Ballsporthalle am Stadtrand und der vielen ungelösten Probleme der Gegenwart hätte Coburg seit fünf Jahren eine Multifunktionshalle mit einem attraktiven Hotel in der Innenstadt, verbunden mit 20 Millionen Euro jährlicher Kaufkraft und mehreren Hundert Arbeitsplätzen. Wenn man bedenkt, dass das Projekt damals auch finanzierbar gewesen wäre, dann darf man sicher von einer historischen Chance sprechen, die in Coburg versäumt wurde.
Ich weiß, dass es Herrn Hoenen und mich sehr betroffen gemacht hat, dass es zwar gelungen ist, die gesamte Coburger Wirtschaft wie die klare Mehrheit der Bevölkerung von unserem Konzept zu überzeugen, dass sich am Ende die politischen Mehrheiten über die sachlichen Argumente hinweggesetzt haben.
Enttäuschungen über die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik waren in Coburg aber kein Einzelfall. Meine Bemühungen zur Verbesserung der Innenstadtqualität und Infrastruktur wurden von der Coburger Stadtführung jahrelang blockiert, um dann am Ende umgesetzt zu werden: Ich erinnere an mein Eintreten für den Anschluss Coburgs an das Fernstraßen- und Schienennetz nach der Grenzöffnung, mein Engagement für einen busfreien Marktplatz, die Gestaltung des südlichen Stadteingangs oder einen zukunftsfähigen Verkehrslandeplatz. Wie viel Zeit, Geld und Nerven hätte man bei einer konstruktiven Zusammenarbeit sparen können.
So war schließlich das Niederlegen meines Amtes als IHK-Präsident im Juni 2008 ein Zeichen der Resignation und der einzige Fall in meinem Leben, dass ich eine mir anvertraute Verantwortung nicht zu Ende geführt habe. Mir ist diese Entscheidung seinerzeit sehr schwer gefallen, aber die persönlichen Angriffe gegen mich im Kommunalwahlkampf 2008 und die verletzenden Unterstellungen gegen meinen Großvater haben mich zu tief verletzt.
Ich freue mich, dass ich dennoch in den 18 Monaten meiner Präsidentschaft den jahrelangen Streit mit unserem größten Beitragszahler beenden konnte, an diversen Stellen Vorschläge zur Verbesserung der Organisation gemacht und schließlich den Umbau des Kammergebäudes mit dem neuen Eingang angeregt habe.
Die heutige Auszeichnung mit der Goldenen Ehrennadel der IHK zu Coburg verstehe ich auch als Ehrung für meinen Großvater Max Brose, der der Coburger IHK seit 1926 angehörte und sie ab 1933 bis zu ihrer Auflösung 1943 als Präsident führte.
1939 verschaffte Max Brose der Kammer mit dem Edinburgh-Palais am Schlossplatz das erste eigene Gebäude. Er führte die Kaufverhandlungen, spendete den Grundstock für den Erwerb und gewann weitere Firmen zur Finanzierung des Vorhabens.
Ihnen, Herr Präsident Herdan, Ihren Vizepräsidenten und den Mitgliedern der Vollversammlung und allen Mitarbeitern der Kammer wünsche ich Kraft und Erfolg bei Ihren Bemühungen, die Wirtschaft des Coburger Landes im Sinne ihrer Beschäftigten positiv weiterzuentwickeln. Ich wünsche Ihnen einen starken Zusammenhalt unter Ihren Mitgliedern und vor allen Dingen ein konstruktives Zusammenwirken mit der Politik in Stadt und Land.
http://www.igmetall-bayern.de/nachrichten/ansicht/datum/2005/09/30/bei-brose-geht-es-rund/
... sich selbst zur Oberbürgermeisterwahl zu stellen. Wir er gewählt, heißt es "Hic Rhodus, hic salta!" und man wird sehen, was und wie all jene vollmundig vorgetragenen Pläne und Visionen sich in der rauhen Wirklichkeit des Lebens und der immer ubiquitärer wuchernden Bürokratie bewähren. Aus einem Duckschen Geldspeicher heraus den blitzeschleudernden, allwissenden Zeus zu geben, ist eines; sich im Dschungel der Gesetze und Bestimmungen, der demokratischen Prozeduren zumal, durchzuschlagen – und dabei auch noch die eigenen Vorstellungen zu verwirklichen ... – ein anderes. Genauso wie es ein kleiner Unterschied ist, sich jedesmal nach der erneuten Niederlage einer Marionette kopfschüttelnd über die Dummheit der Wähler die Hände in Unschuld zu waschen, als selbst vielleicht mit einem Wählervotum fertig werden zu müssen, das möglicherweise das eigene Selbstverständnis ein wenig zurechtrückt.
... dürfte in etwa auf dem Niveau jenes des Herrn Piëch liegen, der es nach wie vor nicht verwunden hat, nicht Porsche zu heißen ... Jedenfalls lassen sich in beider Verhalten deutliche Parallelen erkennen.
Die HUK (vertreten durch H. Hoenen) und Brose (vertreten durch H. Stoschek) sind, auch wenn beide Unternehmen viele Steuern zahlen und Arbeitsplätze bereitstellen, nicht Eigentümer der Stadt Coburg. Dafür sind die gewählten Bürgermeister und Stadträte zuständig. Das nennt man Demokratie und nicht Kapitalismus.
vor einigen Jahren erfahren musste, dass ich als einfacher Angestellter auf Gehalt verzichten müsse, um die Firma Brose zu retten und dass ich 2009 in Kurzarbeit auf weiteres Einkommen verzichten musste. Das Leben ist eben kein Ponyhof.
Schön, dass Herr Stoschek wenigstens in seiner Rede klar sagt, wer in Coburg Gewerbesteuer bezahlt: Die HUK. Aber im Nachhinein ist es der HUK vielleicht doch lieber, dass der Stadtrat den Gewerbesteuer-Hebesatz vor Jahren kräftig gesenkt hat, anstatt ein Wolkenkuckucksheim im Coburger Süden zu errichten.
Schön auch, wie selbstlos die Rede klingt. Und selbstverständlich darf sich ein Unternehmer für sein Unternehmen einsetzen. Selbstverständlich will ein Industrieller eine gute Autobahnanbindung haben, das ist heute sicherlich eine der wichtigen Vorraussetzungen für Unternehmen. Selbstverständlich will ein Gastronom mit einer Gaststätte mit gehobenem Anspruch keinen Busbahnhof vor der Tür haben. Aber man sollte klar sehen, ob es hier vorrangig um private bzw. Firmeninteresse oder öffentliches Interesse geht.
So betreibt Brose einen eigenen Übernachtungsbetrieb im ehemaligen "Coburger Tor". Das mag für das Unternehmen sinnvoll sein. Aber für eine Hotel-Neuansiedlung macht das Coburg bestimmt nicht interessanter.
Ach, und Max Brose war ab 1933 IHK-Präsident. Was für ein Zufall.