Gegen 7 Uhr: Der Wochenmarkt läuft.
Kurz vor 8 Uhr: Eine Mitarbeiterin der Stadt Coburg entdeckt an der Tür des Rathauses einen schwarzen Müllsack mit der Aufschrift "Achtung". Auf einem Begleitschreiben, das an der Tür klebt, befindet sich das Zeichen für Radioaktivität. Als die Mitarbeiterin erkennen kann, dass sich in der Tüte mehrere Behälter mit Flüssigkeiten sowie Kabel befinden, ruft sie die Polizei. Über die Integrierte Leitstelle werden auch Feuerwehr und Rettungsdienst alarmiert.
Gegen 8 Uhr: Befindet sich in dem Müllsack eine Bombe? Polizei und Feuerwehr entscheiden, dass sich Experten des Sprengstoffräumkommandos den Müllsack anschauen sollten. Deshalb wird die Technische Sondergruppe des Landeskriminalamts angefordert. Diese verfügt auch über die entsprechenden Geräte, um eine etwaige Bombe entschärfen zu können.
Kurz nach 8 Uhr: Ein Großteil des Marktplatzes wird gesperrt. Sowohl die Kunden als auch die Beschicker müssen den Wochenmarkt verlassen. Für die entsprechenden Durchsagen benutzt die Polizei ein Megafon.
8.30 Uhr: "Ich stand mit meinen Mitarbeitern in der Herrngasse", erzählt Sandra Barthelmes. Es gibt durchaus Hoffnung, dass der Spuk schnell vorbei ist.
Gegen 9 Uhr: Inzwischen ist der gesamte Marktplatz gesperrt. Obwohl an allen Seitengassen rot-weiße Absperrbänder angebracht werden, gibt es immer wieder Passanten, die die Lage nicht ernst nehmen: Sie schlupfen unter dem Absperrband hindurch und laufen trotzdem auf den Marktplatz.
Gegen 10 Uhr: Die Stadt Coburg schaltet die beiden Webcams, die den Marktplatz filmen, aus.
Gegen 11 Uhr: Inzwischen steht fest, dass die Untersuchung der ominösen Mülltüte doch etwas länger dauern wird. Die Stadt bietet den Beschickern des Wochenmarkts an, sich im Ämtergebäude in der Steingasse aufzuwärmen. Auch Sandra Barthelmes nimmt dieses Angebot dankend an. "Das BRK hat uns Kaffee gemacht, später gab es auch noch Würstchen."
Gegen 12 Uhr: Einsatzkräfte in Chemikalienschutzanzügen nehmen eine erste Untersuchung der Tüte vor. Auf der östlichen Seite des Marktplatzes (Hof-Apotheke) werden am Boden diverse Planen ausgebreitet, die der näheren Untersuchung dienen.
14.35 Uhr: Entwarnung! Die Spezialisten der Technischen Sondergruppe haben die Tüte überprüft und können vermelden, dass von deren Inhalt keine Gefahr ausgeht. Die Tüte samt der verdächtigen Gegenstände werden sichergestellt, um in einem zu erwartenden Strafverfahren gegen den Täter als Beweismittel dienen zu können.
14.40 Uhr: Die Sperrung des Marktplatzes wird aufgehoben. Die offizielle Zeit des Wochenmarkts ist vorbei. Doch die Stadt erlaubt den Beschickern, dass sie noch stehen bleiben und Ware verkaufen können.
Gegen 16 Uhr: Sandra Barthelmes hat mit am längsten ausgehalten. Doch jetzt baut auch sie ihren Stand ab. Im Gegensatz zu den Beschickern, die frischen Fisch oder Käse- und Milchspezialitäten verkaufen, hat Sandra Barthelmes insofern Glück im Unglück, weil sich ihre Ware problemlos noch ein einige Tage lagern lässt. Ärgerlich ist dieser Samstag aber natürlich dennoch. "Die wenigen Einnahmen, die ich hatte, gehen komplett für die Bezahlung meiner Mitarbeiter drauf." Trotzdem überwiegt bei ihr die Erleichterung, dass nichts passiert ist. Ihr Dank gilt in erster Linie allen Einsatzkräften von Feuerwehr, Polizei, BRK und Stadt Coburg. Zugleich kann sie nur den Kopf darüber schütteln, dass es immer wieder Passanten gab, die sich nicht an die Absperrungen hielten. Und richtig schlimm findet sie es, wenn in den sozialen Medien bereits darüber gespottet wird, dass es so viel Wirbel wegen eines letztlich harmlosen Müllsacks gab. "Ich finde auch, dass Sicherheit vorgeht", sagt sie.
Am Abend: Auf ihrer Facebook-Seite schreibt Sandra Barthelmes folgendes Fazit: "Blöder Tag für alle, trotzdem ein gutes Ende! Das ist viel wichtiger!"