Die Kultur bleibt Norbert Tessmers Anliegen

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Hörtest für Norbert Tessmer? Hier ein Archivfoto vom "Tag des Hörens". Als Oberbürgermeister und Kulturreferent braucht er ein gutes Gehör für Zwischentöne, vor allem, wenn ihm viel am Ausgleich zwischen den Fraktionen und den unterschiedlichen Interessen gelegen ist. Foto: Archiv/Simone Bastian
Hörtest für Norbert Tessmer? Hier ein Archivfoto vom "Tag des Hörens". Als Oberbürgermeister und Kulturreferent braucht er ein gutes Gehör für Zwischentöne, vor allem, wenn ihm viel am Ausgleich zwischen den Fraktionen und den unterschiedlichen Interessen gelegen ist.  Foto: Archiv/Simone Bastian

Norbert Tessmer ist auch als Coburgs Oberbürgermeister nach wie vor Kulturreferent. Er sagt, er könne jetzt sogar intensiver wirken auf diesem Politikfeld.

Ein Oberbürgermeister ist ein vielbeschäftigter Mensch. Hat er da noch Zeit genug für die Kultur? Nicht nur zum persönlichen Genuss, sondern als politische Aufgabe, als Förderer, als Kulturreferent. Der Coburger Oberbürgermeister Norbert Tessmer war bis zur Kommunalwahl 2014 Kulturreferent der Stadt. Er hat dieses Amt ganz bewusst mitgenommen in die neue größere Aufgabe. Was wurde, was wird also in dieser Konstellation aus der Kulturpolitik in Coburg?

Dass er nicht mehr genug Energie für dieses anspruchsvolle Feld habe, weist Norbert Tessmer im Gespräch mit dem Tageblatt vehement zurück. Nicht nur, dass ihm die Kulturförderung Herzensangelegenheit sei, in der von ihm ja "gebetsmühlenartig" vertretenen Schwerpunktsetzung auf die kulturelle Bildung. "Ich habe jetzt als Oberbürgermeister einen ganz anderen Zugriff." Auf die verschiedenen Ämter und Ebenen der internen und externen Verwaltung. Habe sich das nicht eben gezeigt, indem die Finanzierungsvereinbarung für die Mammutaufgabe Landestheater mit dem Freistaat Bayern endlich abgeschlossen werden konnte? Und zwar zu sehr günstigen Bedingungen für Coburg, wie keiner bestreiten wollte.


Genug ist es ja nie

Tatsächlich hatte Tessmer es immer wieder als Manko erlebt, dass er als Kulturreferent früher nicht zuständig war für den bedeutendsten Kulturfaktor der Stadt, das Landestheater. Das oblag eben im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse dem Oberbürgermeister. Das Landestheater "gehört" seit dem Beitritt des Herzogtums zu Bayern - dem Land.

Das Landestheater spielt, von der Bedeutung als zentraler Standortfaktor für Coburg insgesamt abgesehen, auch eine wesentliche Rolle in dem von Tessmer aufgebauten Schul- und Kulturservice. Der vermittelt kulturelle Angebote nicht nur in der Stadt. "Es hat eine Weile gedauert, bis das angenommen wurde", erinnert sich Tessmer, "doch jetzt läuft das ganz großartig." Die Strukturen der Kulturförderung, die in den letzten Jahren geschaffen wurden, wirkten mittlerweile als Selbstläufer, was ihm die Aufgabe erleichtere. "Ich werde aber auch in Zukunft weitermachen in dieser Richtung. Genug ist es ja nie."

Jungen Menschen möglichst frühzeitig und intensiv kulturelle Betätigung zu ermöglichen, und zwar vielseitig über Institutionengrenzen hinweg, ist die beste Sozialpolitik, so das Credo Tessmers auch als Oberbürgermeister. Er verweist auf das heute bewusst so genannte Amt für Schulen, Kultur und Bildung unter Leitung von Klaus Anderlik. Der Schul- und Kulturservice ist hier zugeordnet. Michaela Hofmann, früher engste Mitarbeiterin Tessmers, wirkt in diesem Amt nun eigenständig als Leiterin der Kulturabteilung. Spannend findet der OB, was sich gegenwärtig als alternative Kultur von unten entwickle, was es in Zukunft noch stärker zu fördern gelte.

Fachgebiete und Politikfelder zu vernetzen, bleibt Tessmers Anstrengung auch in seinen Funktionen beim Bayerischen Städtetag. Seit 2002 ist er Mitglied des Kulturausschusses, 2009 hat er den Vorsitz des Netzwerkes "Stadtkultur" der bayerischen Städte übernommen, in dem mittlerweile 49 Kommunen zusammenarbeiten, um mit vereinten Kräften über die eigenen Kirchturmspitzen hinaus wirksam werden zu können. Das Schwerpunktthema heißt heuer "Gewebe" und zielt auf breite Vermittlung der Bildenden Kunst.


Attraktives Kulturleben

Mit 41 000 Bewohnern hat sich die Bevölkerungszahl stabilisiert. Wenn das so bleiben soll, wenn Coburg mit seiner hohen Zahl an qualifizierten Arbeitsplätzen auch in Zukunft eine herausragende Kommune dieser Größenordnung darstellen soll, muss das Kulturleben sogar noch attraktiver werden, verweist Tessmer auf Elementares. Ausreichend hochqualifizierte Mitarbeiter mit ihren Familien zum Zuzug zu überreden, gelingt den Firmen nur, wenn hier entsprechende Lebensqualität geboten wird.

Womit wir erneut beim Landestheater wären. "Das ist geradezu ein Alleinstellungsmerkmal Coburgs hier in der weiten Region, von dem vielfältige Anregung auf das ganze gesellschaftliche Leben ausgeht ", hält Tessmer den Zauderern in der Diskussion um die auf 63 Millionen Euro veranschlagte Generalsanierung des Landestheaters entgegen (wovon etwa 19 Millionen auf Coburg entfallen).


Mit Disziplin und Augenmaß

"Wie viele Städte unserer Größenordnung haben denn ein Dreispartenhaus? Und wie im privaten kleinen Haushalt ist es halt jetzt auch hier soweit: Es muss saniert werden. Es gibt keine Alternative". Tessmer spricht, als ob er hinter jeden Buchstaben dieser Aussage ein Ausrufezeichen setzen will. "Es nützt nichts!". Im Hinblick auf den angespannten Haushalt der Stadt zu jammern, meint er. Um dann aber auch nachdrücklich zu sagen: "Wir werden das hinbekommen. Es ist kein komfortabler Zustand, aber mit Disziplin und Augenmaß werden wir das hinbekommen."

Gleichwohl fährt am 5. Februar doch noch einmal eine Delegation los, nach Landshut, um sich das dortige Theaterzelt als Interimslösung anzusehen, auch wenn die Zeit ungemein drängt. Zwar wäre die alte Dreifachturnhalle am Anger recht gut geeignet als Theaterspielort für die drei bis vier Jahre Sanierungszeit. Und der Freistaat würde 75 Prozent der für die Aufrüstung notwendigen gut 5 Millionen Euro übernehmen. "Ich will aber sagen können, wir haben wirklich alles geprüft, es gibt keine preisgünstigere Möglichkeit".

Erst eine Strategie entwickeln

Was die leidliche und schier endlose Hallen-Diskussion in Coburg anbelangt, hat OB Norbert Tessmer eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Fraktionen ins Leben gerufen. Vor Weihnachten haben Stadtratsmitglieder verschiedener Fraktionen angeregt zu prüfen, ob es sinnvoll sei, auf dem Platz des Kongresshauses ein Veranstaltungshalle zu errichten, die kurzfristig noch als Interimsspielstätte für das Landestheater zu nutzen wäre.

Die Arbeitsgruppe, die demnächst erstmals zusammenkommen wird, soll sich aber generell mit der Zukunft des Kongress- und Veranstaltungswesens in Coburg auseinander setzen. - Tut man das in dieser Stadt nicht schon seit Jahren? Mit ichweißnichtwievielen Gutachten? - Es ist halt noch nichts Rechtes herausgekommen, knirscht Tessmer, mit dem Verweis, dass er doch schließlich erst relativ kurz im Amt sei. - Wie dem auch sei, Tessmer will, dass man sich fraktionsübergreifend endlich einig wird über die grundsätzliche Strategie, bevor es um die Schaffung von konkreten Strukturen und um konkrete Baumaßnahmen gehen kann.