Die Coburger Wirtschaftsjunioren starten durch

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Rainer Landwehr (links), Geschäftsführer von Dietze & Schell, hatte den Themenabend organisiert. Rechts der Vorstandssprecher der Coburger Wirtschaftsjunioren, Christian Friedenstab.Foto: Oliver Schmidt
Rainer Landwehr (links), Geschäftsführer von Dietze & Schell, hatte den Themenabend organisiert. Rechts der Vorstandssprecher der Coburger  Wirtschaftsjunioren, Christian Friedenstab.Foto: Oliver Schmidt
Siegmar Schnabel, Hauptgeschäftsführer der IHK zu CoburgOliver Schmidt
Siegmar Schnabel, Hauptgeschäftsführer der IHK zu CoburgOliver Schmidt
 
Norbert Schug, Vorstand der VR-Bank CoburgOliver Schmidt
Norbert Schug, Vorstand der VR-Bank CoburgOliver Schmidt
 
Philipp Steinberger, Geschäftsführer Wöhner GmbH & Co. KG RödentalOliver Schmidt
Philipp Steinberger, Geschäftsführer Wöhner GmbH & Co. KG RödentalOliver Schmidt
 
Matthias Kapp, Prokurist bei Kapp NilesOliver Schmidt
Matthias Kapp, Prokurist bei Kapp NilesOliver Schmidt
 
Julia Schultheiß, Assistentin der Geschäftsleitung Angermüller Bau (Untersiemau)Oliver Schmidt
Julia Schultheiß, Assistentin der Geschäftsleitung Angermüller Bau (Untersiemau)Oliver Schmidt
 
Brigitte Glos, Leiterin der Agentur für Arbeit Bamberg-CoburgOliver Schmidt
Brigitte Glos, Leiterin der Agentur für Arbeit Bamberg-CoburgOliver Schmidt
 

Die Coburger Wirtschaftsjunioren haben sich neu formiert. Eine Veranstaltung, bei der es um Konjunkturprognosen für 2019 ging, stieß auf große Resonanz.

Die Wirtschaftsjunioren (WJ) sind ein bundesweiter Verband von Unternehmern und Führungskräften aus allen Bereichen der Wirtschaft. Die Anfänge der Coburger Wirtschaftsjunioren reichen bis ins 1953 zurück; in ihrer heutigen Form wurden sie 1973 gegründet - erster Vorstandssprecher war damals Carl-Ludwig Fahrenholz. 46 Jahre später steht Christian Friedenstab an der Spitze und formuliert - auch im Namen der im Februar komplett neu gewählten Vorstandsriege - ehrgeizige Ziele: "Wir wollen die regionale Wirtschaft mitgestalten", sagte er bei einer WJ-Veranstaltung am Montagabend. Und: "Wir wollen der Wirtschaft eine Stimme geben!"

Wenn man die besagte Veranstaltung am Montagabend als Auftakt für diese neuen Zielsetzungen nimmt, dann lässt sich von einem sehr gelungenen Auftakt sprechen. Weit mehr als hundert Interessierte drängelten sich im Foyer der Wohnbau auf der Mauer und lauschten den durchweg spannenden Kurzvorträgen diverser junger Führungskräfte (siehe die einzelnen Texte am Ende). Anschließend wurde "genetzwerkt" - so nennt man das heute, wenn in eher zwangloser Atmosphäre Kontakte gepflegt und ausgetauscht werden.

Sigmar Schnabel, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Coburg, äußerte sich sehr lobend über die Wirtschaftsjunioren und bezeichnete sie - passend zum Netzwerken - als ein "wichtiges Netzwerk junger Unternehmer und Führungskräfte, die Verantwortung übernehmen". Zuletzt hätten sich die Coburger Wirtschaftsjunioren vor allem um Bildungsthemen gekümmert, was laut Schnabel ja auch sehr wohl wichtig sei. Doch ebenso nehme er es jetzt erfreut zur Kenntnis, dass sich die WJ auch wieder mehr den betriebs- und volkswirtschaftlichen Themen widmen wollen.

Die mit "Konjunkturprognosen 2019" betitelte Veranstaltung am Montagabend bezeichnete Siegmar Schnabel als "gute Abrundung" der regelmäßigen Konjunkturumfragen der IHK.

Und wie sehen diese Prognosen aus? Das wurde von den Vertretern der einzelnen Branchen durchaus unterschiedlich gesehen. Brigitte Glos, die Leiterin der Agentur für Arbeit Bamberg/Coburg, zeichnete ein insgesamt sehr positives Bild. Sie mahnte aber mehr Anstrengungen beim Thema Digitalisierung an. "Der Digitalisierung kann nur mit Weitblick begegnet werden", sagte sie. Ein Wunsch von ihr sei in diesem Zusammenhang, den Dialog mit den Unternehmen in Sachen Weiterbildung zu verbessern - denn: "Da kommt noch zu wenig zustande!" Aber auch hier wurde am Montagabend ein vielversprechender Anfang gemacht. Zumindest war später auch Brigitte Glos beim fleißigen "Netzwerken" zu beobachten.

Und damit zu den einzelnen Vorträgen:

"Gute Ausgangslage"

Siegmar Schnabel, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Coburg: Dreimal im Jahr erstellt die Industrie- und Handelskammer zu Coburg Konjunkturumfragen. Hauptgeschäftsführer Sigmar Schnabel stellte die Ergebnisse vor, die dabei Anfang 2019 herauskamen. Demnach sei die Coburger Wirtschaft derzeit in einer guter Verfassung. "Die Auftragsbücher sind gut gefüllt", berichtete Schnabel, wenngleich bei den Investitionen eine "leicht gebremste Dynamik" festzustellen sei. Der Klima-Index habe zu Beginn des Jahres 119 betragen - das sei zwar ein etwas schlechterer Wert als noch im Herbst mit 121, aber letztlich besser als der Durchschnitt der vergangenen Jahre, der 116 betrug. Beim Blick auf die einzelnen Branche zeige sich, so Schnabel, dass es dem Maschinenbau "gut" gehe und man in der Polstermöbelindustrie zumindest "wieder etwas zufriedener als zuletzt" sei. Der Dienstleistungssektor befinde sich auf einem "stabilen Wachstumskurs". Für den Einzelhandel stelle sich die Situation hingegen "sehr ernüchternd" dar, so Schnabel. Speziell das Weihnachtsgeschäft sei "nicht zufriedenstellend" gewesen. Die Tourismusbranche sei "zufrieden".

"Nicht kaputtreden"

Norbert Schug, Vorstand der VR-Bank Coburg: Am Konjunkturhimmel von Deutschland ziehen nach Einschätzung von Norbert Schug Wolken auf. Das habe einerseits damit zu tun, dass auch die gesamte Weltwirtschaft schwächeln würde und "gewaltige geopolitische Einflussfaktoren" durchschlagen würden. Exemplarisch nannte Schug den Brexit, die unklaren Mehrheitsverhältnisse, die nach der Europawahl befürchtet werden - und die Situation in den USA. "Der blonde Mann in Amerika ist unberechenbar", brachte es Schug salopp auf den Punkt. Auf der anderen Seite gibt Schug aber auch den Deutschen selbst eine gewisse Mitschuld: "Es ist doch Wahnsinn, wie wir die Automobilindustrie, also unsere Schlüsselindustrie, runter- und kaputtreden" Anzeichen einer Rezession sehe er dennoch nicht - "ich würde eher von einer Verlangsamung des Wachstums sprechen." Für den Arbeitsmarkt erwarte er stabile Zahlen. Das konnte im Anschluss Brigitte Glos von der Agentur für Arbeit nur bestätigen: Für 2019 werde mit einem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote gerechnet. "Schlechte Stimmung? Spüren wir nicht", sagte Glos.

"Innovation wagen"

Philipp Steinberger, Geschäftsführer Firma Wöhner: Als "innovationsstark" beschrieb Geschäftsführer Philipp Steinberger die in der Elektrobranche tätige Firma Wöhner aus Rödental. Rund 50 Millionen Euro seien in den vergangenen fünf Jahren in neue Produkte und Prozesse investiert worden. Mit Erfolg: Zwölf Prozent des Gesamtumsatzes werden mit Innovationen erzielt, die erst in den vergangenen drei Jahren entstanden sind. Seit dem Jahr 2000 hat sich Wöhner vom Spezialkomponentenhersteller zum Systemlieferanten entwickelt. "Der Elektrobranche geht es gut", sagte Steinberger und merkte an: "Der Mikrokosmos ist für uns wichtiger als die Welt- und Europapolitik." Deshalb gebe es aktuell auch keinen Grund zur Verunsicherung. Zwar habe es im Dezember 2018 kurzzeitig einen starken Auftragsrückgang gegeben, doch das sei längst überwunden: "Unser Werk ist voll ausgelastet!" Für die Zukunft kündigte Steinberger einen "konsequenten Wachstumskurs" am Standort Rödental an: Geplant sei unter anderem ein neues Hochregallager. Großes Wachstumspotenzial sehe die Firma vor allem auch noch in China und Nordamerika.

"Nachwuchs finden"

Julia Schultheiß, Angermüller Bau, Untersiemau: Die Baubranche boomt - und auch Angermüller kann sich derzeit über mangelnde Aufträge nicht beklagen. Weil in der nächsten Zeit noch mehr Spielraum für öffentliche Investitionen erwartet wird, rechnet Julia Schultheiß sogar weiterem Wachstum. Doch so erfreulich es ist, dass die 580-Angermüller-Mitarbeiter (davon 440 in Franken und Thüringen) im Industrie- und Gewerbebau so viel zu tun haben, gibt es auch drei Punkte, die mit Sorge gesehen werden. Erstens: der Nachwuchsmangel. "Es gibt Industriezweige, in denen man angenehmer arbeiten kann", räumte Julia Schultheiß mit Blick auf die körperlichen Herausforderungen ein, die oft mit Überstunden einhergehen würden. Aber, immerhin: "Wir bauen derzeit sehr viel im Umkreis von 100 Kilometern, so dass die Arbeiter abends nach Hause fahren können." Die zweite große Sorge hat mit den immensen Auflagen zu tun: "Die Bürokratie bindet inzwischen sehr viel Personal!" Und, dritte Sorge: die Digitalisierung. "Für kleinere Betriebe ist das mit einem gewaltigen finanziellen Aufwand verbunden", befürchtet Schultheiß.

"IT-Experten finden"

Matthias Kapp, Kapp Niles, Coburg: Kapp blickt laut Matthias Kapp auf das erfolgreichste Geschäftsjahr seiner Firmengeschichte zurück: Im Geschäftsjahr, das von Juli 2017 bis Juni 2018 gerechnet wurde, konnte der Umsatz um 24 Prozent gesteigert werden - nicht zuletzt auch dank eines Großauftrags aus China. Trotz Handelskonflikten oder auch Emissionsschutzdiskussionen werde für das laufende Geschäftsjahr erneut mit sehr guten Zahlen gerechnet. Eine große Herausforderung stellt nach den Worten von Matthias Kapp die Digitalisierung dar, und zwar insofern, dass es immer schwieriger werde, qualifizierte IT- und Softwarespezialisten zu bekommen. Kapp profitiert in diesem Zusammenhang davon, auch ein Werk in Berlin zu haben. Denn dort würden sich solche Fachkräfte immer noch etwas leichter finden lassen als in Coburg. Dem Fachkräftemangel versuche Kapp aber auch durch Kooperationen mit Hochschulen zu begegnen. Mit Blick auf die weltweiten Krisen stellte Matthias Kapp namens der Maschinenbauer fest: "Unsere Märkte reagieren sehr schnell auf Einflüsse von außen."