Für Hans Stähli wird das nächste Sinfoniekonzert mit dem Orchester der "Gesellschaft der Musikfreunde" regelrecht zum Wunschkonzert. Denn zu allen Werken, die am 22. Feb ruar in der Mehrzweckhalle Heubischer Straße erklingen werden, hat der Dirigent eine ganz besondere Beziehung.
Niccolo Paganinis "Sonata per la Grand‘ Viola e Orchestra" zum Beispiel. "Ich bin ganz wild auf das Stück", sagt Stähli und wundert sich selbst fast ein wenig über seine Begeisterung für dieses relativ selten aufgeführte Werk. "Eigentlich bin ich gar kein Belcanto-Fan", sagt Stähli und gesteht, dass er gleichwohl fasziniert sei vom instrumentalen Gesang dieser Sonate.
Als musikalischer Rattenfänger hat Niccolo Paganini im 19. Jahrhundert halb Europa vor allem mit seinem brillanten Violinspiel verzückt. Ein wenig vom Zauber des Teufelsgeigers scheint jedenfalls auch heute noch in seiner Sonata für Viola zu stecken, wie die Probe mit dem Orchester der Neustadter "Musikfreunde" im Kulturzentrum am Schützenplatz beweist.
Warmer Klang zieht in Bann Typisch für Paganini: Im Zentrum des Geschehens steht der Solopart - in diesem Fall interpretiert von Zhuo
Lu, Solobratscherin im Philharmonischen Orchester Landestheater Coburg. Sie lässt die Bratsche regelrecht singen, lässt den warmen, abgerundeten Klang ihres Instruments aufblühen. Zugleich aber demonstriert sie, dass auch die größere, tiefer klingende Schwester der Violine zu brillanten musikalischen Höhenflügen in der Lage ist.
Für das Orchester sehen die Noten dieser "Sonata" auf den ersten Blick harmlos aus. Doch der klanglich schlanke Orchesterpart bietet durchaus seine Tücken, verlangt präzises Zusammenspiel und rhythmische Disziplin. "Hören Sie auf die Solo-Bratsche", fordert Hans Stähli immer wieder: "Hören, das hat auch Claudio Abbado gesagt - und er hatte Recht."
Manche Tücke freilich steckt bei diesem Stück auch ganz banal im Notenmaterial.
"Da lob ich mir die Mozart-Gesamtausgabe, da stimmen die einzelnen Stimmen mit der Partitur überein", sagt Stähli, während er noch ein paar Fehler in der Cellostimme korrigieren lässt.
Nach der Pause steht noch ein Solo-Werk für die Bratsche auf dem Programm - das Konzert G-Dur von Georg Philipp Telemann. Wer den Namen Telemann hört, denkt vermutlich zuerst an barocke Dutzendware - Musik eines komponierenden Vielschreibers.
Wie ungerecht eine solche pauschale Sichtweise sein kann, beweist schon diese Probe. Hans Stähli lässt dazu das Orchester der "Musikfreunde" in kammermusikalischer Streicherbesetzung agieren. Erst im April vergangenen Jahres hat Stähli das Dirigentenamt beim Neustadter "Musikfreunde"-Orchester von seinem Vorgänger Rolf Otto übernommen. Doch schon jetzt ist seine interpretatorische Handschrift gut erkennbar.
Unter Stählis intensiv gestaltender Leitung beweist der Klangkörper stilistisches Einfühlungsvermögen und beachtlich präzises Zusammenspiel.
Rubinsteins "Ozeansinfonie" Für Stähli wird die Aufführung am 22. Februar zu einer Wiederbegegnung mit diesem Telemann-Konzert. Schließlich hat er dieses Werk vor vielen Jahren schon einmal dirigiert - damals in seiner Heimat Schweiz am Pult eines Laienorchesters in Interlaken.
Seit mehr als drei Jahrzehnten wartet Stähli schon auf die Gelegenheit, endlich einmal die 2. Sinfonie Anton Rubinsteins aufführen zu können. "Ich war 30, als ich dieses Werk zum ersten Mal gehört habe", erinnert sich Stähli. Für ihn ist Rubinsteins 2. Sinfonie, die sogenannte "Ozeansinfonie", ein echtes Wunschstück.
Ihn fasziniert an dem in der Erstfassung von 1851 knapp dreiviertelstündigem Werk nicht zuletzt die stilistische Vielfalt. So lassen sich Anklänge an Mendelssohn und Schumann entdecken, zugleich aber auch Einflüsse, die von dieser Sinfonie ausgehen. Für Stähli lassen sich in der "Ozeansinfonie" Verbindungslinien zur Lyrik Tschaikowskys ebenso finden wie zur Musik eines Franz Liszt.
Beim Konzert in knapp drei Wochen wird vor Rubinsteins 2. Sinfonie noch eine frühe Sinfonie Mozarts erklingen - ebenfalls ein Wunschstück Stählis: die C-Dur-Sinfonie KV 73, die 1769 oder 1770 in Salzburg oder während einer Italien-Reise des jungen Komponisten entstand.
Die Werke und ihre Interpreten Termin Samstag, 22.
Februar, 20 Uhr, Mehrzweckhalle Heubischer Straße - Orchester der "Gesellschaft der Musikfreunde Neustadt", Zhuo Lu (Viola), Dirigent: Hans Stähli
Programm Mozart: Sinfonie in C KV 73; Telemann: Konzert für Bratsche und Streicher; Paganini: Sonata per la Grand' Viola e Orchestra; Rubinstein: 2. Sinfonie op. 42 ("Ozeansinfonie")
Zhuo Lu Die gebürtige Chinesin erhielt bereits im Alter von fünf Jahren den ersten Bratschenunterricht von ihrem Vater, vier Jahre später wechselte sie an die zentrale Musikschule in Peking. 1995 begann sie ihr Studium an der dortigen Zentralhochschule, das sie ab 1997 an der Staatlichen Musikhochschule Odessa fortsetzte. Seit 2002 studierte sie an der Universität der Künste Berlin an und war anschließend von 2003 bis 2005 Akademistin beim Rundfunkorchester Berlin.
Seit Mai 2006 ist sie Solobratschistin im Philharmonischen Orchester Landestheater Coburg.
Vorverkauf in Neustadt (Zinngießerei Witter und Schuhhaus Baumgardten), in Coburg (Buchhandlung Riemann) und an der Abendkasse. Bestellungen auch bei Hans-Rudolf Timmig (Tel. 09568/3392).