Auch ein Prinz, ein ganz junger Wilder und ein Tausendsassa mischen mit Coburger Kandidaten-Karussell.
Ist die Coburger Politik nicht herrlich bunt wie ein Jahrmarkt?! Angesichts von gleich neun Parteien und Gruppierungen, die - noch dazu mit manch schillernder Figur - im neuen Stadtrat vertreten sein werden, halten wir diesen Vergleich für gerechtfertigt. Wir sagen ganz bewusst Jahrmarkt und nicht etwa Vogelschießen. Dies würde ja sofort als Anspielung auf den CSU-Fraktionsvorsitzenden verstanden werden, der in seiner Freizeit auch Oberschützenmeister der Schützengesellschaft ist und in seinem Beruf vielleicht vor einer Veränderung steht.
Zumindest gehört Hans-Herbert Hartan alleine schon aufgrund seines politischen Gewichts ganz automatisch zu all denjenigen, die nach der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag sofort Platz genommen haben auf dem Kandidatenkarussell. Schließlich gibt es im Rathaus ein paar Posten neu zu verteilen. Der bisherige OB Norbert Kastner (SPD) hört auf; der bisherige Zweite Bürgermeister Norbert Tessmer (SPD) wurde von den Coburgern mit einem beeindruckenden Ergebnis zum neuen Oberhaupt gewählt; und weil Tessmer ein großer Freund klarer Mehrheiten ist und deshalb den heftigen Flirtversuchen der CSU kaum wird widerstehen können, dürften die Tage des bisherigen Dritten Bürgermeisters Hans-Heinrich Ulmann (CSB) gezählt sein.
Attacke schon am Wahlabend Aber was heißt hier "Flirtversuche"? Wer am Wahlabend gesehen hat, wie die unterlegene OB-Kandidatin der CSU, Birgit Weber, dem Sieger um den Hals gefallen ist, wird wohl eher von Flirtattacke sprechen. Birgit Weber macht auch gar kein Geheimnis daraus, dass sie sich den Sprung auf einen Bürgermeistersessel zutraut. Hartan tut das auch, sagt es aber nicht ganz so offen. Dem Beobachter drängt sich allerdings so ein wenig der Eindruck auf, dass hier zwei Personen vor allem auch deshalb nach mehr Verantwortung drängen, weil sie es dem jeweils anderen nicht gönnen würden. Wie gesagt: Wir sind auf einem bunten Jahrmarkt. Einem Jahrmarkt, auf dem ausgerechnet ein Prinz zum Stimmenkönig der CSU wird, auf dem der größte Stadtteil (Scheuerfeld) komplett leer ausgeht, und auf dem sich mit Maximilian Forkel (Junge Coburger) künftig auch Bayerns jüngster Stadtrat tummelt.
Aber zurück zum Karussell: Wenn sich die CSU also geeinigt hat, wen sie dem nächsten Norbert an die Seite stellt, ergibt sich da raus vieles Weitere. Vor allem die Referatsaufteilung. Denn wenn die CSU-Wahl etwa auf Hartan fallen würde, käme der nicht für Soziales infrage - weshalb dieses dann ein wichtiges Kriterium für die weitere Personensuche bei der SPD wäre. Namen werden ja schon viele gehandelt, was alleine schon daran liegt, dass die SPD nun einmal viele Namen zu bieten hat. Noch dazu mit viel Erfahrung in gleich mehreren Bereichen: Da wären Gabriele Morper-Marr (Soziales) und Petra Schneider (Bau), aber auch der Tausendsassa und Fraktionsvorsitzende Thomas Nowak sowie - nicht zu vergessen - Martin Ruggaber, der am Sonntag ein Super-Ergebnis erzielt hat: Mehr Stimmen hat bei der SPD nur Tessmer gesammelt. Ob Ruggaber, der aber als bescheiden gilt, daraus Ansprüche ableitet?
Noch nicht vom Tisch ist auch die Variante, künftig auf einen Dritten Bürgermeister zu verzichten. Alternativ könnten ohnehin schon führende Köpfe der Verwaltung (Bauamtsleiter Karl Baier? Kämmerer Wilhelm Austen?) mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden. Die Ersparnis würde sich bei einem solchen Konstrukt aber in Grenzen halten. Und die Idee, einen Stadtrat ehrenamtlich mit einem Referat zu betrauen, lassen Hans-Heinrich Ulmann die letzten Haare zu Berge stehen: "Das Baureferat plus Grünflächenamt und CEB kann nicht nebenbei erledigt werden!"
MdB und Nebenbei-Unternehmer Der Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach hat zwar auf der CSU-Liste gleich hinter Birgit Weber und Prinz Hubertus das drittbeste Ergebnis eingefahren. Auf einen Platz auf dem Kandidatenkarussell verzichtet er aber jetzt in Coburg genauso wie in der Vergangenheit, wenn sich ein selbiges in Berlin drehte. Warum? Vielleicht, weil er als Abgeordneter und Nebenbei-Unternehmer schon gut ausgelastet ist. Zumindest veröffentlichte der Bundestag am Freitag die Nebeneinkünfte aller seiner Mitglieder - Hans Michelbach rangiert da in der obersten Kategorie: "über 250 000 Euro".