Der frühere Coburger Sicherheitschef Volkert Backert hat seinen dritten Coburg-Krimi vorgelegt. "Hardrock" wurde effektvoll in einer Coburger Motorrad-Werkstatt präsentiert.
Mensch, der Backert. Jetzt hodder wieder zugelangt. Ich sogs euch. Echt deftig. A Coborcher Mala, die Ruby, offensichtlich mit Crystal Meth geködert, is im tschechischen Drogen- und Rotlichtmilieu verschwunden. Wie mehrere weitere oberfränkische Mala. Die Spuren führen ins organisierte Verbrechen. Das Bundeskriminalamt sucht gleichzeitig die Produzenten sogenannter Snuff-Videos, in denen vor laufender Kamera getötet wird, in diesem Fall mittels Kampfhunden. In diesem Fall irgendwo zwischen Cheb und Nürnberg.
A große Überraschung is "Hardrock", der dritte Coburch-Krimi, "die Vollendung der Coborch-Drilogie", wie der Volker Backert bei der Premierenlesung am Mittwoch Abend selber zusammenfasste, ja nimmer. Die Werkstodd-Halle vom Motorrad-Reinhard in der Neustadter Straße war auch brobbenvoll. Die Buchhandlung Riemann zieht zu ihren Lesungen ja extra immer in des richdige Ambiende, zwecks der Stimmung. Und diesmal muss Backerts Macker-Ermittler Charly Herrmann unter kriminellen Motorrad-Gangs, bei den "Black Bastards", ermitteln, die im Dienste des organisierten Verbrechens Chrystal Meth von Cheb nach Oberfranken verschieben und die Geldwäsche in den immer zahlreicher werdenden Spiel-Casinos absichern.
Also stellt sich der Backert, der frühere Sicherheitschef von Coburg und jetzige Standesbeamte im Bürglass-Schlösschen breitbeinig zwischen die beiden großen Triumph-Maschinen, erklärt die Hintergründe für seinen tatsächlich beängstigenden Plot und liest so, dass die Figuren sehr präsent werden in der dunkler werdenden Werkstatt. Des kann der Frange, der michelaer Coborcher sehr wohl.
Der Charly Herrmann hod sich ja mit der Entlarvung des Serienkillers in "Das Haus vom Nikolaus" und des Shibari-Killers in "Todesfessel" als Leiter der Soko Franken seinen Ruf erworben, bleibt aber a renidender Kerl, ned wirklich gefällig in seinem oft ordinären Getue, aber auch ned blöd. Er langt halt zu, wenn's na langt, ob dienstlich wider alle "Beamtenmasturbationen" oder privat, wos Frauen und Sex anbelangt. Wobei er aber großmäuliger dud, als er is. In Wirklichkeit is er ja a Sensibler, des scho, und wir nehmen halt unmittelbar Anteil an seinen männlichen Gedanken. Das war von Anfang an eines der Hauptanliegen von Volker Backert, der sich damit seinen festen Platz beim renommierten Emons-Verlag errungen hat, "männlichere" Kriminalromane zu schreiben, im Ton so, wie es (angeblich) tatsächlich in den Polizeistuben zugeht.
Nicht gemütlich düddelig Ober jetzt amol ernsthaft. Witzig oder gemütlich düddelig sind Volker Backerts Romane in all ihrem treffend heraufbeschworenen Lokal- und Re gionalkolorit, kontrastiert von zahlreichen Zitaten aus großen Rockmusik-Songs, nämlich gar nicht. Schmunzeln muss man über den einen oder anderen originellen Spruch. Die Ortskundigen gehen vertraut durch die Coburger und oberfränkischen Örtlichkeiten, durch die gesellschaftlichen Ereignisse der letzten Jahre, die ganz natürlich Raum und Zeit bilden für Backerts erschreckende, mit Zahlen und Zitaten aus der Realität unterfütterten Geschichte. Irgendwo und irgendwann muss ein Roman ja spielen, das verbindet Backert immer souveräner; und die Leut' hier sind halt Frangn.
Fünftausend Kilo im Jahr Dieses schöne (Ober-)Franken wird gegenwärtig fast unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit überschwemmt mit dieser grässlichen, oftmals sofort süchtig machenden Droge Crystal Meth. "Die Tschechen kochen fünf Tonnen Crystal hinter der Grenze, über fünftausend Kilo jedes Jahr!", schleudert ein anderer Coburger Ermittler Charly entgegen. Die bayerische Polizei stellt davon vielleicht 35 Kilo sicher. Crystal ist überall zu haben, auch im Steinweg. Die Suchtberatung hat allein in Coburg, zitiert Charly, im Jahr schon über sechshundert Termine, überwiegend wegen Crystal. In der Suchtklinik in Hochstadt sind von den sechzig Plätzen 35 von Crystal-Patienten besetzt.
Bei der langen, schon quer durch den ganzen Roman bis zum Showdown ziehenden Lesung störte Backert die gehobene Premierenstimmung nicht mit den wirklich harten Szenen, den Vergewaltigungen, Misshandlungen, Morden, Einblicken in die Usancen des organisierten und vor Ort praktizierten Verbrechens. Da ist er im Roman selbst schonungsloser, aber wohl leider nicht übertrieben.
Backert ließ am Mittwoch seine Präsentation enden in einem Plädoyer, einer Predigt fast, statt Angst vor dem Überwachungsstaat zu pflegen, doch endlich der Polizei die geeigneten Mittel zur Bekämpfung des immer mächtiger werdenden organisierten Verbrechens zur Verfügung zu stellen. Doch so, wie Backert die Zusammenhänge und Verhältnisse in seinen Romanen durchaus differenziert beschreibt, dürfte es sich auch in unserer politisch-gesellschaftlichen Realität verhalten. Wie dem Bestialischen, dem nur der Gier verschriebenen Streben der Menschen Einhalt gebieten, ohne dabei unsere am Schutz des Individuums vor staatlicher Willkür orientierten Grundordnung aufzulösen?
Volker Backert: Hardrock. Franken Krimi. Emons Verlag, 270 Seiten, 10,90 Euro.