Coburgs vergessene Gruft

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Blick in Raum II der Gruft.
Blick in Raum II der Gruft.
Die Särge von Herzogin Maria Elisabeth (vorne) und Herzog Johann Casimir.
Die Särge von Herzogin Maria Elisabeth (vorne) und Herzog Johann Casimir.
 
Der Sarg von Herzog Albrecht.
Der Sarg von Herzog Albrecht.
 
Blick in Raum I. Der Sarg von Prinz Friedrich Josias ist der zweite von vorne rechts. Foto: Frank Schulz, Sammlung Gerhard Eckerlein
Blick in Raum I. Der Sarg von Prinz Friedrich Josias ist der zweite von vorne rechts. Foto: Frank Schulz, Sammlung Gerhard Eckerlein
 
Das Innere der Morizkirche in den 60er Jahren: Zwischen Epistelstuhl und Altar erkennt man das Gitter, das den Zugang zur Gruft umschloss. Foto: Ernst Kaltwasser, Sammlung Gerhard Eckerlein
Das Innere der Morizkirche in den 60er Jahren: Zwischen Epistelstuhl und Altar erkennt man das Gitter, das den Zugang zur Gruft umschloss. Foto: Ernst Kaltwasser, Sammlung Gerhard Eckerlein
 
Das Innere der Morizkirche in den späten 40er Jahren.
Das Innere der Morizkirche in den späten 40er Jahren.
 
Die Morizkirche Anfang der 90er Jahre.
Die Morizkirche Anfang der 90er Jahre.
 
Der Lageplan der Särge in der Gruft. Der obere Teil umfasst Raum I, der untere Raum II.
Der Lageplan der Särge in der Gruft. Der obere Teil umfasst Raum I, der untere Raum II.
 

Vor 200 Jahren starb Generalfeldmarschall Prinz Friedrich Josias von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Er bewahrte Coburg 1806 vor der Plünderung durch napoleonische Truppen. Beigesetzt wurde er in der Gruft von St. Moriz - in einem schlichten namenlosen Sarg.

Wer die Gruft unter der Morizkirche betreten will, darf nicht allein sein. Ein schwerer Deckel,d er sich nur zu zweit heben lässt, verschließt die Treppe, die an der Nordseite des Chors hinunter führt zu einer Tür. Beides, Treppe und Tür, wurden 1970/71 eingebaut, bei der letzten großen Innen-Umgestaltung der Morizkirche.

Bis dahin befand sich der Zugang zu dieser ersten Grablege der Coburger Herzöge mitten im Chor. 1929, bei einer weiteren Umgestaltung des Kircheninneren wegen des bevorstehenden Lutherjahres, erhielt die Gruft sogar einen repräsentativen Zugang, der mit einem Gitter umgeben war.

Gerhard Eckerlein gehört zu denen, die sich noch daran erinnern können, als Schulkinder bei Besichtigungen der Morizkirche auch in die Gruft geführt worden zu sein.
Ansonsten gab es nach 1970 nur noch bei Führungen die Möglichkeit, die beiden Räume mit den Särgen von Herzog Johann Casimir, Herzog Albrecht und Prinz Friedrich Josias zu sehen. Lediglich ein Kranz am Sarg von Herzog Johann Casimir belegt, dass 2005 jemand unten gewesen sein muss, um ihn abzulegen.

Herzog Ernst Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1724 bis 1800) war der letzte regierende Herzog, der unter dem Chor von St. Moriz beigesetzt wurde. Sein Sohn Franz Friedrich Anton erhielt ein Mausoleum im Hofgarten; Ernst I. und Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha sowie ihre Nachkommen sind im Mausoleum auf dem Glockenberg-Friedhof beigesetzt. Der katholische Zweig der Familie Sachsen-Coburg und Gotha nutzte die Gruft unter der Kirche St. Augustin als Grablege.

Die Gruft unter der Morizkirche entstand erst lange nach der Kirche selbst: 1687 wurden die Särge von Herzog Johann Casimir und seinen Eltern, Herzog Johann Friedrich dem Mittleren und Herzogin Elisabeth, die bis dahin vor dem Epitaph in der Kirche standen, in die neue Gruft gebracht. Veranlasst hatte das der neue Herzog Albrecht (1648 bis 1699) - der erste seit 1633, der wieder in Coburg residiert. Er ist der zweitgeborene Sohn Ernst des Frommen; er und seine sechs Brüder teilten 1679 das Herrschaftsgebiet ihres Vaters unter sich auf.

1687 starb Albrechts erste Gemahlin Maria Elisabetha. Ihr Sarg und der von Herzog Albrecht sind die beiden prächtigsten, die in der Gruft unter St. Moriz zu sehen sind. Schon der von Herzog Albrechts zweiter Gemahlin Susanna Elisabeth ist weitaus schlichter gearbeitet.

Auch Albrecht stirbt kinderlos. Herzog Bernhard I. von Sachsen-Meiningen, der nächstjüngere Bruder von Albrecht, versucht, sich Coburg anzueignen, doch Kaiser Karl VI. spricht das Coburger Gebiet 1735 Herzog Johann-Ernst von Sachsen-Saalfeld zu, weil Coburg schon vorher mit Saalfeld zusammen ein Herrschaftsgebiet bildete. Franz Josias (1697 bis 1764), zweiter Sohn von Herzog Johann-Ernst, wird als nächster Herzog in der Gruft begesetzt. Sein Sarg befindet sich schon im Raum I, der dem Raum II vorgelagert ist. Der Sarg seiner Witwe, Herzogin Anna Sophia, wird 1780 zwischen die von Albrecht und seiner ersten Gemahlin geschoben - dann ist Raum II voll.

Auch im Raum I wird es bald eng - was mit ein Grund gewesen sein dürfte, dass die Herzöge sich um neue Grabstätten bemühten. Die letzten Bestattungen in St. Moriz sind die von Prinz Friedrich Josias (1737 bis 1815) und seiner Nichte Prinzessin Caroline Ulrike Amalie (1753 bis 1829). In der Zwischenzeit hatte das Herzogtum schon Familienbande zu regierenden (Rußland, Großbritannien) oder vermögenden (Kohary) Häusern geknüpft. Da wirkte die bescheidene Gruft womöglich auch nicht mehr repräsentativ genug.

1887 erst wurde sie wieder geöffnet, weil die Falltür im Altarraum nicht mehr richtig schloss. Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha ließ daher den Bestand erfassen. Schuldirektor M. Brodführer verfasste den Bericht: "Die am 10. Oct. 1887 .... eröffnete und mit electrischem Lichte erhellte Gruft unter dem Chor der St. Morizkirche bot einen des erhabenen Zweckes... gänzlich unwürdigen, ja, abgesehen von ihrer Eigenschaft gerade als Fürstengruft, einen an und für sich geradezu widerwärtigen Anblick dar..."

Die Särge waren eingestaubt, die Luftschächte mit Müll und Schutt verschüttet. Es wurde aufgeräumt und frisch getüncht - dann tat sich lange nichts. Der Sarg von Prinz Friedrich Josias befand sich damals gleich links neben der Treppe.

Erst unter Herzog Carl Eduard wurde die Gruft wieder geöffnet und 1929 mit einem neuen Eingang und elektrischem Licht versehen. Ein schmiedeeisernes Gitter umgab den Abgang, der sich zwischen dem Altar im Chor (vor dem Epitaph) und dem Epistelstuhl befand.

1970 wurde das alles wieder beseitigt und der Zugang verschlossen, weil im Chorraum ein Bereich für kleinere kirchliche Veranstaltungen geschaffen werden sollte, wie Gerhard Eckerlein berichtet, der seinerzeit für das städtische Hochbauamt die Morizkirche betreute. Die Gruft erhielt den Seiteneingang; dafür wurden auch einige Särge umgestellt. Gerhard Eckerlein ließ alles dokumentieren: Man weiß also, wer wo liegt.

Gelegentlich boten die Kirchengemeinde oder die VHS nach 1970 Führungen in die Gruft an. Aber immer seltener, sagt Rainer Axmann, Pfarrer im Ruhestand und Historiker. Und schon vor 1970 habe sich kaum noch jemand für die Gruft interessiert. Deshalb war sie auch bei den Planungen für die jetzige Sanierung nie ein Thema, wie Rainer Mattern vom Kirchengemeindeamt sagt.

Schon im 19. Jahrhundert war es übrigens schwer, zu sagen, wer da alles bestattet liegt. Brodführer lässt in seiner Aufstellung einige Särge unbenamt. Auf den älteren Särgen stehen die Namen, aber nicht auf den jüngeren. Vier der Toten im Raum II ließen sich immerhin dadurch bestimmen, dass es zu den Särgen Schlüssel mit Namensschildchen gab.


Wer liegt wo?

Raum I Prinzessin Caroline Ulrike Amalie, Priorin (beigesetzt 1829), Prinz Friedrich Josias, Feldmarschall (1815), Prinz Louis (1806), Herzogin Sophie Antoinette (1802), Sophia Henriette, Erbprinzessin zu Leiningen (1801), Herzog Ernst Friedrich (1800), eine Totgeburt (1800), Prinz Christian Franz (1797), Prinzessin Marianne Charlotte (1794), Prinz Franz Maximilian (1793), Herzogin Ernestine Friederike Sophia (1776), Herzog Franz Josias (1764).

Raum II Herzog Johann Casimir (1634), Herzog Johann Friedrich (1595), Herzogin Elisabeth (1594), Prinz Friedrich (Ferdinand) August Heinrich (1758), Prinzessin Anna Sophia (1728), Prinzessin Friederike Magdalena (1734), Prinzessin Friederike Magdalena (1734), Prinzessin Friederike Juliane (1732), Prinz Friedrich (1758), Herzogin Susanna Elisabetha (1717), Herzog Albrecht (1699), Herzogin Maria Elisabeth (1687), Herzogin Anna Sophia (1780), Prinz Carl Wilhelm Ferdinand (1757).

Quelle Ingo Krauß. Die Epitaphien und Grabmäler der St. Moritzkirche (sic!) in Coburg und was sie erzählen. Zweiter Teil: Was außer den herzoglichen Epitaphien noch vorhanden ist und was verloren ging, dazu die Fürstengruft. Coburg, Roßteutscher-Verlag, 1933. Zu finden im Bestand von Landesbibliothek Coburg und Stadtarchiv Coburg.