Coburger Polster für Nischen aller Art

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Abolfazl Tajik tackert den Bezug einer Akustikkabine fest. Foto: Simone Bastian
Abolfazl Tajik tackert den Bezug einer Akustikkabine fest. Foto: Simone Bastian
Karin Fischer beim Beziehen einer Abenteuermatte. Foto: Simone Bastian
Karin Fischer beim Beziehen einer Abenteuermatte. Foto: Simone Bastian
 
Helena Gerber beim Nähen von Bezügen. Foto: Simone Bastian
Helena Gerber beim Nähen von Bezügen. Foto: Simone Bastian
 
Susanne Morgenroth schneidet Stoffe zu - mehrere Lagen auf einmal mit Hilfe einer Maschine. Foto: Simone Bastian
Susanne Morgenroth schneidet Stoffe zu - mehrere Lagen auf einmal mit Hilfe einer Maschine. Foto: Simone Bastian
 
Foto: Simone Bastian
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Nähen eines Matratzenbezugs. Foto: Simone Bastian
Nähen eines Matratzenbezugs. Foto: Simone Bastian
 
Thomas Ebert zeigt Kaltschaumteile, aus denen Polsterlandschaften für Schulen werden. Foto: Simone Bastian
Thomas Ebert zeigt Kaltschaumteile, aus denen Polsterlandschaften für Schulen werden. Foto: Simone Bastian
 

Selbstverständlich stellt die Matratzenfabrik Gustav Dehler auch noch Matratzen her. Doch die Standbeine der Firma in Coburg-Neuses sind längst andere - und sogar in Asien hat sie eine Geschäftsnische gefunden.

Auf den bunten Möbeln aus dem Hause "Matratzen Dehler" sitzen viele, ohne es zu wissen. Denn Dehler führt zwar das Wort "Matratze" im Namen, doch das Hauptgeschäft sind längst Möbel für Kindergärten, Schulen und Therapie-Einrichtungen. Die werden nur nicht unter dem Firmennamen vertrieben, sagt Thomas Ebert und blättert im rund 1250 Seiten starken Katalog eines Kita-Ausstatters aus der Region. Bunte Polster mit Kunstleder-Überzug lassen sich da zu ganzen Sitzlandschaften zusammenstellen, mit eingebauten Bücherregalen an der Rückseite oder Ablagetischen an den Enden.

1980 stieg Matratzen-Dehler auf die Fertigung von Kindermöbeln um, "weil die Nachfrage da war und wir es konnten", sagt Helga Ebert, die mit ihrem Sohn Thomas die Geschäfte führt. Denn Kindermöbel für Tagesstätten oder Schulen werden ganz anders beansprucht als im privaten Bereich. "Wir entwerfen die Möbel selbst", sagt Thomas Ebert. Meist handele es sich um Exklusiv-Fertigungen für die Kunden,die dann wiederum die Stücke in ganz Deutschland vertreiben. Wohin, erfährt Ebert nicht. "Unsere Möbel stehen in Coburger Schulen, aber wir wissen das nur durch Zufall."

Es begann mit Sieben

1893 gründete Emil Dehler in Coburg eine Firma zur Herstellung von Sieben und Gartenzäunen aus Metall in der Spitalgasse. Heute befindet sich in dem Haus ein Metzgereigeschäft. Schon 1896 begann die Matratzenproduktion. Mit "Patentmatratze" war zunächst das Drahtgeflecht gemeint, auf das die Matratze gelegt wurde. Erst in den 60er-Jahren wurden die Metallfedern ins Matratzeninnere verlegt. Die Produktion wurde 1930 nach Neuses verlagert, wo sich inzwischen auch der Werksverkauf befindet.

Inzwischen dominieren Kaltschaummatratzen, und Dehler stellt auch noch welche her. Die meisten davon für den heimischen Markt - oder aber für den asiatischen. Seit 2004 verkauft Dehler Matratzen nach Asien. "Das ist durch einen Zufall entstanden", erzählt Thomas Ebert. Die Matratzen für die Kunden in China und Taiwan seien höher, dicker, breiter als in Europa und entsprechen Feng-Shui-Maßen. Außerdem seien sie "Made in Germany", und das sei für zahlungskräftige Kunden in Asien durchaus ein Verkaufsargument.

Mit der knapp 30-köpfigen Belegschaft und dem Manufakturbetrieb kann Dehler Sonderwünsche leichter erfüllen als ein Industriebetrieb, erläutert Thomas Ebert. Sein Großvater Herbert Ebert hatte die Firma 1952 übernommen. Thomas Ebert trat 2006 ins Unternehmen ein und versieht seit 2008 die Geschäftsführung.

Neben den Kindermöbeln und der Matratzenfertigung hat Dehler ein drittes Standbein: Polster und Matratzen nach Maß für Wohnmobile oder Yachten. "Wir haben schon achteckige Matratzen hergestellt", sagt Helga Ebert. Dazu braucht das Unternehmen qualifizierte Beschäftigte - und die sind nicht leicht zu finden. "Die jungen Leute haben nicht auf dem Radar, dass man auch Polsterer werden kann", sagt Thomas Ebert. Der Umbruch in der Polstermöbelindustrie mit dem starken Stellenabbau Anfang der 90er-Jahre tat sein Übriges, um den Beruf ins Hintertreffen geraten zu lassen. Thomas Ebert räumt auch ein, dass sich in Neuses nicht das gleiche Geld verdienen lässt wie in der Akkordfertigung der Industrie. "Bei uns haben die Polsterer aber mehr Verantwortung, übernehmen die Endkontrolle und die Verpackung selbst."

Fertigung nach Abruf

Weil die Möbelstücke und die meisten Matratzen erst auf Bestellung gefertigt werden, ist ein durchgetakteter Betrieb ohnehin nicht möglich. Auf eine gelbe Abenteuermatte folgt vielleicht eine grüne Akustikkabine mit Sofa und dann drei rote Polsterelemente in verschiedenen Formen. "Von Juli bis Dezember ist bei uns Hochsaison, weil in den Ferien die Schulen renoviert werden", erläutert Thomas Ebert. Dann wird der Warenbestand im 6000 Quadratmeter großen Polsterlager einmal pro Woche umgeschlagen.

Die Stoffe, Kaltschaumteile und Gestelle bezieht Dehler meist aus der Region und in jedem Fall aus deutscher Produktion. Abfälle will der junge Geschäftsführer so gut es geht vermeiden: Kaltschaumabschnitte werden als Schnitzel in Sitzsäcke gefüllt. Auch über "Cradle to Cradle"-Produkte denkt Ebert nach. Bei solchen Produkten kann am Ende alles wiederverwendet beziehungsweise kompostiert werden. Doch dann müssten auch die Hersteller von Matratzenstoffen entsprechende Produkte anbieten, sagt Ebert. Einfordern könne er das nicht. "Dazu sind wir als Hersteller zu klein."