Natürlich spielte auch Martin Luther eine Rolle. Aber im Zentrum des Neujahrsempfangs im Spiegelsaal des Landestheaters stand die aktuelle Stadtpolitik.
Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) hat es sich zur Angewohnheit gemacht, beim Neujahrsempfang einen Ausblick aufs gerade begonnene Jahr zu geben. Während Tessmer redete, mussten Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) und ihr Stadtratskollege Mathias Zimmer erste Hilfe leisten, weil eine Person in dem vollgefüllten SAal einen Schwächeanfall erlitten hatte.
Gute Haushaltszahlen
Zumindest wirtschaftlich sieht es Tessmer zufolge derzeit nicht schlecht aus: Das Haushaltsjahr 2016 habe sich besser entwickelt als erwartet, sodass die Ausgaben aus den laufenden Einnahmen finanziert werden konnte, sagte er. Die Stadt musste weder Kredite aufnehmen noch die Rücklagen ("liquide Mittel") antasten. Das soll 2017 so bleiben, wobei Tessmer am Konsolidierungskurs festhalten will. Denn die Stadt will weiter investieren. Tessmer nannte als laufende Projekte den Sporthallenbau an der Karchestraße und die Generalsanierung der Heilig-Kreuz-Schule. Von anstehenden Großmaßnahmen wie der Sanierung des Landestheaters, an der die Stadt sich mit rund 20 Millionen Euro beteiligen wird, sprach er an dieser Stelle gar nicht.
Das tat Landestheater-Intendant Bodo Busse, der noch vor Tessmer die Gäste als Hausherr begrüßte: 2016 schlossen Stadt und Freistaat Bayern die Finanzierungsvereinbarung für die Landestheater-Sanierung. Busse nannte dies einen "starken optimistischen Kraftakt" für alle Beteiligten, auch, wenn dafür einige Klippen umschifft werden mussten.
Erst im Dezember beschloss der Stadtrat einstimmig, eine Interimsspielstätte für die Zeit der Landestheatersanierung errichten zu lassen. Dieser Entscheidung sei "ein hartes Ringen" vorausgegangen, stellte Tessmer fest. Aber nun sei sichergestellt, dass auch während der Umbauzeit Theater gespielt werden könne. "Das geht nicht überall so schnell", sagte er mit Blick auf andere Städte, die ebenfalls Theater sanieren wollen und Ersatzräume brauchen.
Seniorencampus
Doch die Stadt hat auch noch andere Themen, die Tessmer teilweise nur kurz anriss. So soll schon in diesem (oder im nächsten Jahr) der Bau des "Seniorencampus "Alte Post/Am Baderhof" beginnen. Bauen will dort der Klinikkonzern Regiomed, an dem die Stadt Coburg gemeinsam mit dem Landkreis über das Klinikum Coburg beteiligt ist. Für Tessmer ein weiterer Schritt in Sachen "generationengerechter räumlicher Infrastrukur" in der Stadt. Für das unmittelbare Umfeld am Postgelände und im Bereich Steinweg seien "generationenübergreifende Wohnungen für Jung und Alt" geplant; ein Quartiersmanagement könne dazu beitragen, die Angebote für unterschiedliche Zielgruppen zu vernetzen, sagte Tessmer.
Parkplätze an der Lossaustraße
Auch zum Thema "Parken am Bahnhof" nannte Tessmer konkrete Pläne: An der Lossaustraße 1 (das Gebäude an der Abzweigung Judenberg) sollen 56 Stellplätze entstehen, die dann von der DB BahnPark GmbH bewirtschaftet werden. Außerdem werden entlang der Lossaustraße die Fahrspuren leicht verändert, so dass 18 Kurzzeitparkplätze im Bahnhofsbereich eingerichtet werden können.
95 Park & Ride-Parkplätze sollen direkt an den Gleisen, zwischen Bahnhofsbereich und B4 angelegt werden. Allerdings - das geht aus Tessmers Redemanuskript hervor - sind noch einige Verhandlungen mit der Bahn vonnöten. Auch will die Bahn die Fläche an den Gleisen erst zur Verfügung stellen, wenn sie sie selbst nicht mehr braucht. Derzeit lagern dort Baustoffe, weil der Bahnhof umgebaut wird.
ICE-Halt und Flugplatz
Von der Bahn zum ICE-Halt: Drei Zugpaare pro Tag könnten nur der Einstieg sein, betonte Tessmer. Er werde sich "energisch" gegen alles stellen, "was an der Zentralität der Stadt Coburg kratzt", betonte der OB und griff hier auf Zeiten noch vor Luther zurück: Schon 1126 sei die Stadt in einer Papstbulle erwähnt, also auch in Rom wahrgenommen worden. Dank der Verbindungen des Herzogshauses zu vielen Königsfamilien sei Coburg "heimliche Hauptstadt Europas" gewesen. Heute sind es die Wirtschaftsdaten, die zählen: Zwischen 2005 und 2014 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Coburg um 5233, also um 18 Prozent; die Unternehmen erwirtschafteten im gleichen Zeitraum ein Wachstum von über 55 Prozent. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner liegt Coburg mit 77 925 Euro noch vor München.
Neue Sicherheitsvorschriften
Doch Coburg will nicht nur ICE-Systemhalt werden, sondern auch einen richtlinienkonformen Verkehrslandeplatz bauen. Den vorhandenen Flugplatz Brandensteinsebene würden Coburger Firmen seit 50 Jahren nutzen; sie hätten auch unternehmerische Entscheidungen danach ausgerichtet, sagte Tessmer. "Nur haben sich die Sicherheitsvorschriften geändert, was zu neuen Ausrichtungen führen musste. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen und nicht das Märchen von der Weiterführung der Brandensteinsebene wider besseres Wissen oder aus Ignoranz verbreiten."
Zusammenarbeit
Bewährt habe sich die Zusammenlegung der beiden Kfz-Zulassungsstellen von Stadt und Landkreis, sagte Tessmer. Das erste Jahr sei mit einem Überschuss von rund 500 000 Euro abgeschlossen worden. Das Geld verrechnen Stadt und Landkreis entsprechend der Einwohnerzahlen miteinander.
Vom "Reich der Dohlen"
Martin Luther hatte selbstredend auch noch seinen Auftritt: Thomas Strauss, Schauspieler am Landestheater, schlüpfte in die Mönchskutte und sprach über Luthers Aufenthalt in Coburg 1530, im "Reich der Dohlen" auf der Veste. Schon vorher war Luther durch Coburg gekommen: 1511, auf dem Weg nach Rom, soll er im Franziskanerkloster übernachtet haben (heute befindet sich an dieser Stelle die Ehrenburg), 1518 passierte er Coburg zweimal. 1530 verbrachte der Reformator hier ein halbes Jahr.
Der Text, den Strauss vortrug, zeigte weniger den Theologen Luther als den Menschen, der über sein Leben sinniert, an seinen kleinen Sohn denkt und die Kochkünste seiner Frau rühmt ("alles Übel erwächst daraus, dass ein Weib nicht kochen kann").