Coburger Jugend will Freiräume und Mitreden

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Noch diskutiert Oberbürgermeister Norbert Tessmer (zweiter von rechts) hier mit Krawatte. Am Ende der Runde stand die Vereinbarung, dass es engere Kontakte zwischen Jugendforum und Stadtrat geben solle. Foto: Simone Bastian
Noch diskutiert Oberbürgermeister Norbert Tessmer (zweiter von rechts) hier mit Krawatte. Am Ende der Runde stand die Vereinbarung, dass es engere Kontakte zwischen Jugendforum und Stadtrat geben solle. Foto: Simone Bastian
Blick ins Plenum zu Beginn.
Blick ins Plenum zu Beginn.
 
Die Diskussionsrunde mit Bürgermeister Thomas Nowak (zweiter von rechts).
Die Diskussionsrunde mit Bürgermeister Thomas Nowak (zweiter von rechts).
 
Der OB diskutiert nun ohne Krawatte.
Der OB diskutiert nun ohne Krawatte.
 

Am Thementisch mit dem OB: Wie die SPD-Stadträte herausfinden wollten, wie die Jugend in der Vestestadt tickt.

Immerhin: Etwas über die Hälfte der Teilnehmer war unter 30. Die SPD-Stadtratsfraktion hatte ins "Schlick 29" geladen, um im Steinweg mit jungen Leuten über Coburg zu diskutieren. Konkret ging es um die Themenfelder "Jugendkultur", "Partizipation" und "Jung und Alt zusammen - ist das möglich". Schließlich soll in unmittelbarer Nähe zum Steinweg, wo viele junge Leute unterwegs sind, ein sogenannter Seniorencampus im Bereich der ehemaligen Hauptpost entstehen.

Das Thema für die Diskussionsrunde mit Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) wäre vermutlich egal gewesen: Die meisten Teilnehmer zog es in seine Runde, wo es um das Thema "Jugendkultur" gehen sollte. Tessmer verwies auf die bestehenden Angebote, angefangen bei "Jugend spielt für Jugend" im Landestheater bis hin zum Domino. "Wenn es Lücken gibt, bin ich bereit, mich dafür einzusetzen, sie zu füllen", betonte er. Die Stadt müsse versuchen, ihre jungen Leute hier zu halten, weil die hier ansässigen Unternehmen Arbeitskräfte brauchen.


Freiräume ab 16

Die Jugend brauche Freiräume (und Räume), wo sie sich ausprobieren könne, bekam Tessmer zu hören. "Die einzige Fläche, die wir so wirklich haben, ist der Hofgarten - und dort darf man kein Bier trinken", sagte Katharina-Luise Sander, Sprecherin des Jugendforums. Gerade für die Jugendlichen ab 16 gebe es nur wenige Möglichkeiten, sich zwanglos zu treffen, sagte Mark Ritschel vom Jugendzentrum Domino.

Die Kneipen im Steinweg sind aber nicht nur für die Jugendlichen unter 18 Jahren zum Teil tabu. Von einer "rassistischen Türsteherpolitik" war die Rede; dass Flüchtlinge nur in Begleitung von Deutschen Zutritt erhalten würden. "Ich muss doch wieder mal los", kommentierte Tessmer, der in der Vergangenheit immer wieder die Kneipenmeile inspiziert hatte - damals vor allem wegen Verstößen gegen den Jugendschutz, wegen Beschwerden über Lärm und Gewalt.

Von den Freiräumen bewegte sich die Diskussion rasch in den Bereich, der eigentlich das Thema von Drittem Bürgermeister Thomas Nowak gewesen wäre: Welche Möglichkeiten der Teilhabe hat, wünscht, braucht die Jugend? Zeitweise diskutierten bei Nowak Funktionäre und Hauptamtliche unter sich - denn Teilhabe hat auch etwas mit Geld zu tun, zum Beispiel, um den Skateplatz an der Coje herrichten zu können. "Inzwischen fahren Jugendliche nach Großheirath zum Skaten", sagte Uli Schmerbeck vom Amt für Jugend und Familie. Auf der Tafel hinter Nowak fanden sich Stichworte wie "Busse nach 21.30 Uhr".

Derweil überlegte die Runde um Tessmer, wie der Kontakt zwischen "der Jugend" und "der Politik" enger und regelmäßiger werden könnte. Gemeinsame Treffen, vielleicht Spieleabende, um die Hemmschwelle fürs Miteinanderreden zu senken, war der erste Vorschlag. Daraus wurden im weiteren Verlauf Gesprächsrunden im Domino oder im Büro des Oberbürgermeisters bis hin zu regelmäßigen Berichten aus der Arbeit des Jugendforums im Stadtrat.


Politik ohne Krawatte

Tessmer zog sich spontan die Krawatte vom Hals, als er hörte, dass solch ein offizieller Aufzug schon zu sehr auf einen Politiker hinweise. Immerhin trug er Jeans. Denn das Wort "Politik" würden Jugendliche als abschreckend empfinden, sagte Katharina-Luise Sander. Dabei sei doch jeder Versuch, sich einzumischen und etwas zu verändern, politisch.

Während die Runden um Tessmer und Nowak im Stehen diskutieren mussten, hatte die Gruppe "Alt und Jung" die bequemen Sessel im großen Raum für sich. Dort hielt Stadtratsmitglied Andreas Gehring ein flammendes Plädoyer für gemischte Hausgemeinschaften - nicht nur nach Alter gemischt, sondern auch nach Herkunft und Einkommen.

"Wir nehmen das alles als Arbeitsgrundlage mit", sagte Johanna Thomack, die die Veranstaltung zusammen mit Franziska Bartl organisiert hatte. Die beiden sind stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Im vergangenen Jahr habe die Fraktion das "Projekt Coburg" gestartet. Nach dem Thema "Wir gestalten Stadt" 2016 ging es am Samstag um "zukunftsfähig".