Als Kind am "Eisfelder Blick" und heute selbst Vater eines "halben Ossis": Vor ihrer fünftägigen Tour entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze tauschen sich die wandernden Redakteure in einem sehr persönlichen Gespräch aus.
Diesen Montag beginnt das Projekt "Grenzerfahrung" von Coburger Tageblatt und Radio Eins: Bei einer fünftägigen Wanderung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze begeben sich die Redakteure Oliver Schmidt, Thomas Apfel und Detlef König auf Spuren- und Stimmungssuche. Es geht von Probstzella über Tettau, Neustadt, Sonneberg, Rottenbach und Streufdorf bis nach Billmuthausen - und es geht vor allem um Menschen, um Erinnerungen und um die Einheit 25 Jahre nach dem Mauerfall. Unmittelbar vor dem Start der Tour unterhielten sich zwei der wandernden Redakteure über das Projekt.
Oliver Schmidt: Wie alt warst Du eigentlich, als die Mauer fiel?
Thomas Apfel: 1989 war ich 16 Jahre alt. Ich hatte die deutschen Teilung aber auch schon als Kind immer sehr bewusst wahrgenommen.
Mit meinen Eltern war ich oft am "Eisfelder Blick" und habe auf die Wachtürme und den wuchtigen Grenzübergang geschaut.
Oliver Schmidt: Ja, an den "Eisfelder Blick" habe ich auch noch viele Erinnerungen. Mein bedrückendstes Erlebnis war allerdings am heutigen Froschgrundsee. Bei einer Radtour mit meinem Vater - irgendwann in den frühen 1980er Jahren - haben wir uns der Grenze genähert. Noch weit vor einer Schranke kamen die ersten Warn- und Stopp-Schilder sowie diese blau-weißen Pfosten. Mein Vater ist dann ganz langsam noch ein paar Meter weitergerollt. Sofort bewegte sich auf dem Wachturm etwas. Plötzlich erschien ein Grenzsoldat mit Gewehr in der Hand und rief, dass mein Vater sofort zurückfahren soll. Da habe ich mir gedacht: Wie schlimm - Du fährst in Deiner Heimat einfach nur bisschen Fahrrad, und wirst auf einmal mit einer Waffe bedroht, weil Du eine bestimmte Linie überquert hast.
Thomas Apfel: Ja, man hat schon an vielen Stellen und an vielen Dingen gemerkt, dass da irgendetwas nicht passt und dass es gleich bei uns um die Haustür eine sehr schwierige Situation gibt.
Oliver Schmidt: Hattet Ihr Verwandtschaft in der DDR?
Thomas Apfel: Nein, aber Freunde, die wir von einer Familienfeier kannten. Sie wohnten bei Hildburghausen, und wir haben ihnen regelmäßig Pakete mit Lebensmitteln geschickt.
Oliver Schmidt: Es war ja Deine Idee, dass wir jetzt diese Wanderung entlang der ehemaligen Grenze unternehmen. Weißt Du noch, wie Du auf diese Idee gekommen bist?
Thomas Apfel: Die Zeit rennt! Der Mauerfall ist mittlerweile 25 Jahre her. Trotzdem ist er vielen Menschen, speziell im Coburger und im Kronacher Raum, noch allgegenwärtig.
Gleichzeitig wächst eine Generation heran, die von all dem gar nichts weiß. Deshalb ist es meiner Meinung auch so wichtig, immer wieder daran zu erinnern.
Oliver Schmidt: Das stimmt! Deshalb bin ich zum Beispiel auch sehr gespannt auf das Projekt, das am ehemaligen Grenzübergang Rottenbach/Eisfeld entsteht. Der Grenzturm von einst wird zum Erinnerungsort - und auch zu einem Mahnmal. Offizielle Eröffnung der komplett erneuerten Gedenkstätte wird passenderweise am Sonntag, 9. November, sein - und ich freue mich sehr, dass wir bei unserer Wanderung schon ein paar Tage früher einen Blick hineinwerfen dürfen!
Thomas Apfel: Und was mich sehr freut, ist, dass die Video-Dokumentation, die von Detlef König über unsere Wanderung erstellt wird, anschließend ebenfalls ein Teil dieser Gedenkstätte wird.
Sie kann dann von jedem Besucher angeschaut werden - inklusive aller Gespräche und Begegnungen, die wir auf unserem Weg haben werden.
Oliver Schmidt: Ich hoffe nur, dass wir auch technisch alles hinbekommen. So sind ja von unserer Wanderungen Live-Einblendungen im Radio geplant sowie auch fortlaufend Berichte auf unseren Internetseiten. Mal schauen, wie es im "Herzen Deutschlands" 25 Jahre nach dem Mauerfall mit der Breitbandversorgung aussieht...
Thomas Apfel: Naja, Breitband ist ja ein noch etwas jüngeres Thema.
Oliver Schmidt: Mag sein. Aber so schön es ist, dass die einst abgeschnittene Region einen Autobahn-Anschluss bekommen hat: Was die Infrastruktur allgemein betrifft, liegt immer noch vieles im Argen.
Ich habe dieser Tage mit einem oberfränkischen Kommunalpolitiker gesprochen, der ganz glücklich war, dass nächstes Jahr endlich mit dem Bau der seit 1990 geforderten Verbindungsstraße nach Thüringen begonnen wird.
Thomas Apfel: Ist das vielleicht sogar ein bisschen symptomatisch für den ganzen Einheitsprozess?
Oliver Schmidt: Der riesigen Euphorie rund um den Mauerfall folgte zumindest in einigen Bereichen recht schnell die Ernüchterung. Es ging um Arbeitsplätze und Fördergefälle, um den Solidaritätszuschlag und natürlich um "Besser-Wessis" und "Jammer-Ossis".
Thomas Apfel: Meine Schwiegereltern sagen heute noch manchmal "Wessi" zu mir - aber sehr liebevoll!
Oliver Schmidt: Stimmt! Deine Frau kommt ja aus Thüringen! Dann hatte der Mauerfall für Dich auch ganz
persönlich eine sehr wichtige Bedeutung.
Thomas Apfel: Ohne Grenzöffnung hätte ich heute nicht meine Frau und nicht unser Kind. Das ist schon gut gelaufen für mich!
Oliver Schmidt: "Gut gelaufen" - hoffentlich können wir das auch am 7. November sagen, wenn unsere "Grenzerfahrung" zu Ende ist!
Weil immer zu viele "gut is" sagen, kommt zu oft es zu dem, was meisten nicht so "gut is" ...
Einerseits ist es angeblich "nicht gut", dass nicht die vollständige Geschichte dort steht und andererseits wäre es "Tüpflischisserei", wenn sie dort steht.
Unmittelbar nach dem Krieg gab es 4 vollkommen gleichberechtigte, autonome Besatzungsgebiete in Deutschland. Hätten sich die von Großbritannien, den USA und Frankreich besetzten Gebiete nicht zur Bizone und später zur Trizone (dieses Konstrukt wurde später unter dem Begriff "Westdeutschland" simplifiziert), gäbe es auch heute evtl. noch 4 Kleinstaaten (sofern einzelne am Ende nicht von anderen Staaten wie z.B. Frankreich "geschluckt" worden wären). Die Situation zwischen der Sowjetunion und den restlichen Besatzungsmächten ist überhaupt erst durch diese Verschmelzung so richtig eskaliert, da von nun an die Sowjetunion einer mächtigen Allianz gegenüberstand. Erinnert doch irgendwie an die derzeitige Ukraine-Krise, oder?
Dieses Schild ist nicht als Mahnmal für den 2. Weltkrieg gedacht (kurzzeitige Teilung in 4 Zonen), sondern für die Trennung des späteren Ost- und Westdeutschlands. Andernfalls müssten auch an sämtlichen Besatzungszonengrenzen (also auch USA Frankreich) derartige Schilder stehen - tun sie aber nicht (außer in Berlin). Warum ist wohl die Mauer abgebildet? Es gibt tatsächlich in Deutschland auch mal ein Mahnmal mit Fokus auf andere Verbrechen (Einsperren eines Volks, Schießbefehl, Stasi, ...).
Die Deutsche Geschichte ist tatsächlich etwas komplexer und lässt sich nicht immer mit dem Schlagwort "2. Weltkrieg" vollständig erklären. "2. Weltkrieg" - das deutsche "11. September" für alle die sich nicht differenziert und wissenschaftlich/sachlich/nüchtern mit nationalen- und internationalen Konflikten der Gegenwart und Vergangenheit auseinandersetzen wollen bzw. können.
Und gerade wenn man sich mit seiner Argumentation hinter der Kompetenz von "Berufshistorikern" versteckt, sollte man diesen auch vertrauen, dass sie sich durchaus was bei der jetzigen Gestaltung gedacht haben, finden Sie nicht?
... auf denen steht: "Hier waren Deutschland und Europa bis zum xx.11.1989 geteilt" – als ob diese Teilung etwas Gottgegebenes oder Resultat eines natürlichen Vorgangs gewesen wäre. Die Beschriftung müßte dringend nach "Europa" mit dem Einschub "nach dem von Deutschland begonnenen und verlorenen 2. Weltkrieg" ergänzt werden.
Der 2. Weltkrieg endete offiziell 1945. Die Teilung Deutschlands in DDR und BRD erfolgte aber erst 1949. Davor war Deutschland in die Besatzungszonen der Sowjetunion, USA, Großbritannien und Frankreich unterteilt, zwischen denen Zonenübertritte per Passierschein noch im Verhältnis zur späteren Situation "unkompliziert" machbar waren. In diesem Stadium kann noch nicht von einer Trennung Deutschlands bzw. Europas im Sinne der genannten touristischen Unterrichtungstafel gesprochen werden. Zudem macht es überhaupt erst ab 1949 Sinn von (West- und Ost-)Deutschland in seiner heutigen Form zu sprechen, da unmittelbar während bzw. nach Kriegsende ja noch einige Gebiete an andere Länder abgetreten wurden.
Aber so viel passt halt nicht auf eine touristische Unterrichtsstafel, weshalb das Schild seinen Zweck erfüllt. Das wichtigste ist sowieso das Bildchen. Es steht halt jetzt da und gut is...Änderungen kosten doch nur sinnlos Steuergelder!
... gehen zumindest teilweise auf die Initaitive des meines Wissens nicht gänzlich unumstrittenenen "Deutschen Kuratoriums zur Förderung von Wissenschaft, Bildung und Kultur e.V." mit Sitz in Schweinfurth zurück.
Das wäre doch eine ehrenvolle Aufgabe für die beiden Wanderredakteure, da etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Und Flicks Ergänzung, lieber "Siegbert" ist genau richtig; denn die erwähnte Teilung ist unmittelbare Folge des Kriegs, und das, was Sie da alles anführen, mag stimmen, wäre aber in diesem Zusammenhang reine Tüpflischisserei.