Coburger Gastfamilien für Demente gesucht

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Termine müssen für Getrud Oehlke (rechts) gut geplant sein. Es ist für die 80-Jährige nicht einfach, ihren demenzkranken Mann allein daheim zu lassen. Gut, dass Johanna Thomack von der Fachstelle für pflegende Angehörige immer ein offenes Ohr hat. Foto: Christiane Lehmann
Termine müssen für Getrud Oehlke (rechts) gut geplant sein. Es ist für die 80-Jährige nicht einfach, ihren demenzkranken Mann allein daheim zu lassen. Gut, dass Johanna Thomack von der Fachstelle für pflegende Angehörige immer ein offenes Ohr hat. Foto: Christiane Lehmann

Die Fachstelle für pflegende Angehörige möchte in Coburg gern ein erfolgreiches Tagespflege-Modell aus Hessen umsetzen. Ziel ist es, zu betreuende Menschen in Privathaushalten unterzubringen.

Gertrud Oehlke ist für ihre 80 Jahre noch sehr rüstig. Sie wandert gern und würde ab und zu schon mal einen Tag mit ihren Freunden aus Grub einen Tagesausflug machen. Wäre da nicht ihr Mann. Gerhard Oehlke ist an Demenz erkrankt und wird von seiner Frau daheim betreut. "Wir kommen gut zusammen klar. Seit ich mir in der Fachstelle für pflegende Angehörige ab und zu einen Rat holen kann, läuft es richtig gut", sagt Gertrud Oehlke.
Die zunehmende Vergesslichkeit und seine Trägheit, auch die ständige Kontrolle macht ihr dennoch zu schaffen. "Ich bräuchte ab und zu einfach mal ein bisschen mehr Zeit für mich - ohne dass Gerhard ständig nach mir fragt oder mich sucht", wünscht sich die Seniorin.

Tagespflegeeinrichtungen gibt es derzeit nur zwei im Coburger Raum, eine in Rödental und eine im Mila-Gottfriedsen-Haus in Coburg. "Aber der Bedarf ist viel größer", sagt Johanna Thomack.
Und zu dem eignet sich die Tagespflege eben nicht für alle gleichermaßen. Manche Demenzpatienten sind auch nicht gruppenfähig, sondern brauchen einen kleinen Kreis. In der Nachbarschaft oder bei guten Bekannten fühlen die sich dann am besten aufgehoben.

Diese Erfahrungen liegen auch einem Projekt in Hessen zugrunde, das Johanna Thomack gerne auf Coburg übertragen möchte - und mit dem beispielsweise Familie Oehlke geholfen werden könnte.

Um was geht es?

In erster Linie geht es um eine Tagespflege in Privathaushalten. Die Fachstelle sucht demnach Gastfamilien, die für ein, zwei oder drei Tage pro Woche ihre Wohnung öffnen und bis zu maximal drei Demenzpatienten aufnehmen. Die Familien sorgen für den Transport des Patienten und dessen Verpflegung. Dazu kommt eine ausgebildete Helferin der Fachstelle, die sich mit den an Demenz erkrankten Senioren beschäftigt. "Sie sorgt im Grunde für die soziale Betreuung. Das kann in Form von Biografiearbeit sein oder spielen und bewegen", erläutert Johanna Thomack. Wichtig ist, dass die Betreuung immer über acht Stunden pro Tag geht. "Nur so können wir Angehörige effektiv entlasten", weiß die Fachstellenleiterin.

Die Coburger Fachstelle möchte sich dabei auf das Stadtgebiet und die angrenzenden Gemeinden beschränken. "Schön wäre es, wenn wir in den einzelnen Stadtteilen oder Quartieren Gastfamilien finden, die dann Menschen aus ihrer nächsten Umgebung aufnehmen können." Eine Konkurrenz zu bestehenden Einrichtungen oder Betreuungsgruppen soll das ganze nicht sein. In Coburg funktioniere das Netzwerk Pflege sehr gut. "Hauptsache, es kann im Einzelfall geholfen werden", bekräftigt Johanna Thomack. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung sei die Gesellschaft noch mehr gefordert bürgerschaftliches Engagement zu zeigen.

"Mit dieser Art von Nachbarschaftshilfe rücken wir auch wieder näher zusammen, Vorurteile werden abgebaut und Hemmschwellen überwunden", ist sich die stellvertretende Leiterin des Awo-Mehrgenerationenhauses sicher.

Auch für Schlaganfallpatienten wäre dieses Modell eine Möglichkeit besser betreut zu werden. Im Moment müssen deren Angehörige, wenn sie denn mal "frei" haben möchten, die Schlaganfallpatienten bei Demenzpatienten in der Tagespflege unterbringen. Doch das passt einfach oft nicht zusammen.

Bei einer Gastfamilie könnten gezielt jüngere Schlaganfallpatienten untergebracht und von der ausgebildeten Helferin beschäftigt werden.

Was kostet das alles?

Noch können die Kosten für die Tagespflege in Gastfamilien in Bayern nicht abgerechnet werden. In Hessen bekommt die Gastfamilie 50 Euro pro Tag und 4,50 Euro für die Verpflegungskosten. Außerdem gibt es eine Pauschale für den Fahrdienst und für Dienstbesprechungen und Fortbildungsveranstaltungen. Johanna Thomack: "In Bayern ist das so noch nicht möglich!" Aber Johanna Thomack schwebt ein Coburger Modell vor. Wenn sich Gastfamilien finden und sich pflegende Angehörige melden, die an diesem Modell interessiert sind, könnte daraus eine Initiative entstehen und schließlich ein Coburger Weg beschritten werden. Gertrud Oehlke ist zuversichtlich. Immerhin hat sich schon eine Frau gemeldet, die ihre Wohnung behindertengerecht umgebaut hat und dort ihren Mann pflegt. Sie würde gerne ein bis zweimal die Woche noch andere zu Betreuende aufnehmen - immerhin, Zeit und Raum hat sie und Abwechslung und der Austausch mit anderen tut immer gut.

Wie geht's voran? Interessenten, die sich für das Projekt "Tagespflege in Gastfamilien" interessieren - ob als Gastfamilie oder als pflegender Angehöriger - melden sich bei Johanna Thomack, Fachstelle für pflegende Angehörige, Tel. 09561/94415.