Vor 125 Jahren konstruierte der Coburger Landmaschinenfabrikant Andreas Flocken in der Callenberger Straße ein Elektrofahrzeug - vielleicht das erste dieser Art. Nun ist ihm eine kleine Ausstellung gewidmet.
"Andreas Flocken und seine Landmaschinenfabrik waren in Coburg in Vergessenheit geraten", sagt Christian Bos eckert. Der Historiker veröffentlichte 2009 einen Aufsatz über Flocken - angeregt durch eine Seite in einem Buch zur deutschen Automobilgeschichte. Darin wird Flocken als derjenige bezeichnet, der vermutlich das erste vierrädrige Elektrofahrzeug konstruierte.
Ob er wirklich der erste war, weiß indes niemand. "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass vielleicht schon zuvor ein findiger Kopf einen Elektromotor in ein Straßenfahrzeug einbaute. Wir sind deshalb sehr vorsichtig, uns an irgendwelchen Erstlings-Diskussionen dieser Art zu beteiligen", sagt zum Beispiel Bettina Gundler, Kuratorin für den Bereich Landverkehr beim Deutschen Museum in München.
Sicher ist: 1881 stellte Gustave Trouvé in Paris ein dreirädriges Elektrofahrzeug vor, 1882 schickte Siemens in Berlin einen elektrischen Oberleitungsbus auf eine Versuchsstrecke. Beide Fahrzeuge sind in der Ausstellung im Ämtergebäude zu finden, die ab Montag dort besichtigt werden kann.
Zusammengestellt wurden die Tafeln vom Coburger Designforum Oberfranken (CDO). Die Stadt bot der Ausstellung gerne Raum, "weil wir die Elektromobilität fördern wollen", wie Dritter Bürgermeister Hans-Heinrich Ulmann (CSB) am Freitag erläuterte. "Wir wollen an Andreas Flocken und seine Pioniertat erinnern: Er hat das erste klimaneutrale Fahrzeug erfunden." Flocken betrieb in der Schleifmühle einen Generator zur Stromerzeugung und wollte auch das nahegelegene Hotel Excelsior mit Strom versorgen Das verhinderte aber die Stadt Coburg, vermutlich, um einen Konkurrenten für ihr eigenes Stadtwerk klein zu halten.
Trotzdem dürfte
der gebürtige Pfälzer Flocken, der zuvor in Sachsen arbeitete, nicht zufällig nach Coburg gekommen sein, vermuten Boseckert und Professor Auwi Stübbe, der Vorsitzende des CDO. Der damalige Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha hatte in seinem Herzogtum Gewerbefreiheit gewährt und damit den Aufschwung begünstigt, der mit dem Eisenbahnanschluss 1858 in Gang gekommen war. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 habe dieser Boom angehalten. Zwischen 1850 und 1900 habe sich die Einwohnerzahl Coburgs auf 22 000 verdoppelt, sagte Ulmann. Repräsentative Straßen wie die Bahnhofstraße ("fast eine Allee") und die Mohrenstraße entstanden.
"Flocken gehört in die Reihe der bedeutenden Erfinder", zeigte sich Ulmann überzeugt. Aber er entwickelte sein Elektrofahrzeug offenbar nie bis zur Serienreife. Es gab zwar nach dem ersten von 1888 mindestens zwei Nachfolgemodelle, aber die nutzte Flocken selbst.
Unter anderem, um damit nach Redwitz zu fahren, wo er an der Rodach ein weiteres Wasserkraftwerk betrieb.
"Wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen, hat die Elektromobilität eine Riesenchance", meinte Stübbe. In Norwegen hätten die Zulassungszahlen des Tesla (ein Elektro-Sportfahrzeug) schon die des VW Golf übertroffen.