Seit Sommer 2013 fahren rund 280 Busse, Laster und Autos in Coburg mit R33. Ab nächster Woche ist der in Coburg entwickelte Kraftstoff offiziell an einer Pilot-Tankstelle zu haben.
Wer wollte, konnte freilich schon von Beginn an bei der Walther-Tankstelle in der Raststraße den Coburger Diesel tanken: Zwei der Tanksäulen enthalten den in der Hochschule entwickelten Kraftstoff. Streng genommen sollten sich hier nur die Teilnehmer des Pilotversuchs bedienen, also Fahrer von Autos der HUK Coburg, des Autohauses Bender und der Firma Lasco. Doch weil sich das an einer Selbstbedienungs-Tankstelle schwer kontrollieren lässt, fahren seit Beginn des Versuchs auch etliche andere Kraftfahrer mit "R33". Einige bewusst, berichtet Kristin Götz, die als Doktorandin den laufenden Großversuch betreut. Einer habe sich sogar direkt bei ihr gemeldet und angeboten, seine Erfahrungen mitzuteilen.
Die Erfahrungen, auch aus den Forschungslabors, sind bislang so gut, dass Jürgen Krahl nun den Zeitpunkt gekommen sieht, den Verkauf von R33 sozusagen offiziell freizugeben.
Der Vizepräsident der Hochschule Coburg und Leiter des Technologietransferzentrums Automotive (TAC) an der Hochschule Coburg hat die Entwicklung des neuen Kraftstoffs in die Wege geleitet.
Von der chemischen Struktur her gleicht R33 normalem Diesel, den es überall zu zapfen gibt. Der wesentliche Unterschied: R33 enthält zu 33 Prozent nachwachsende Rohstoffe, deshalb auch der Name. Die Kraftstoffnorm erlaubt, dass dem herkömmlichen Diesel bis zu sieben Prozent sogenannter Biodiesel beigemischt werden kann, hergestellt aus wiederaufbereitetem Speiseöl. Mehr Biodiesel enthält auch R 33 nicht. Den weitaus größeren Anteil an den 33 Prozent machen hydrierte Pflanzenöle aus.
Ihm sei kein anderer Großversuch bekannt, der einen Kraftstoff mit einem derart hohen Anteil an Pflanzenöl teste, sagt Professor Krahl.Inzwischen ist schon das erste Testfahrzeug mit einem Kraftstoff unterwegs, bei dem das hydrierte Pflanzenöl aus Algen gewonnen wurde.
Offiziell läuft der Großversuch mit R33 noch bis zum Sommer, und die Ergebnisse stehen noch aus. Aber nach den bisherigen Erfahrungen sei nicht zu befürchten, dass es mit dem R33 in irgendeinem Dieselmotor Probleme geben werde, sagt Krahl.
Damit hätte R33 zumindest das Ziel erfüllt, nicht schlechter zu sein als herkömmlicher Diesel. Krahl und Kristin Götz erhoffen sich freilich noch ein bisschen mehr: R33 soll auch den Verbrauch von Motoröl verringern und den Kohlendioxid-Ausstoß senken. Letzteres tut R33, wie Professor Axel Munack bestätigt. Er betreute bis 1.
Oktober für die Internationale Energie Agentur in Deutschland das Aufgabengebiet "Flüssige Biokraftstoffe aus Biomasse". Munack beziffert die rechnerische Einsparung von CO 2 aufgrund der pflanzlichen Inhaltsstoffe auf etwa 16 Prozent. Ob R33 darüber hinaus Schadstoffe einspart (durch niedrigeren Verbrauch oder selteneren Ölwechsel), müssen die Tests auf den Prüfständen bei VW bestätigen. "Als Wissenschaftler hoffe ich auf solide Ergebnisse", betont Krahl. Aber es deute sich an, dass das Projekt "einen positiven Abschluss" finden könne.
Schub auch für den Hochschulstandort Der SÜC-Bus mit der Nummer 139 wird sich nächste Woche auf die Fahrt nach Berlin begeben: Wie im Vorjahr wird sich der Großversuch R33 auf der Grünen Woche präsentieren dürfen - und der SÜC-Bus dient quasi als Messestand.
Parallel dazu läuft am Montag, 19., und Dienstag, 20. Januar, der 12. Internationale Fachkongress für Biokraftstoffe. "Wir sind damit noch näher dran an den Fachleuten", sagt Jürgen Krahl. "Man muss das publizieren und auch platzieren", sagt er mit Blick auf die bislang vorliegenden Zwischenergebnisse.
Dabei geht es Krahl nicht nur um die Ergebnisse dieses einen Forschungsprojekts. "Wir wollen den Wissenschaftsstandort Coburg ausbauen und zukunftsfähig machen." Inzwischen betreut Krahl in Coburg mehrere Doktoranden. "Vor 15 Jahren wäre es noch unmöglich gewesen", sagt Krahl. Es wäre auch immer noch nicht möglich, hätte die Hochschule Coburg nicht mit den Universitäten Bayreuth und Bamberg sowie der Hochschule Hof die Technologie-Allianz Oberfranken (Tao) gegründet.
Krahl, bislang schon an der Technischen Universität Braunschweig habilitiert, kann nun auch über die Universität Bayreuth Doktoranden betreuen. Denn immer noch haben Hochschulen für angewandte Wissenschaft kein eigenes Promotionsrecht.
"Wir wollen Oberfranken stäken, und wir wollen Tao stärken", sagt Krahl, der gleichzeitig auf die individuelle Förderung verweist, die eine kleine Hochschule wie die Coburger leisten kann: "Bei uns kennt der Professor die Studierenden."