Wie konnte die Piper Seneca mit drei Personen an Bord, zwei davon erfahrene Piloten, am Samstag quasi direkt neben ihrem Zielflugplatz in Coburg abstürzen? Das fragen sich nicht nur die Behörden, sondern auch erfahrene Piloten.
Leitender Oberstaatsanwalt Anton Lohneis hat auf die Fragen zur Absturzursache an diesem Montag noch keine Antwort: "Es gibt noch keine Erkenntnisse - und die sind auch heute noch nicht zu erwarten." Es könne ja noch nicht einmal sicher gesagt werden, wer geflogen ist - der 58-jährige Pilot aus Fürth, der an Bord war, oder der 46-jährige Coburger Unternehmer mit Pilotenschein, der am Freitag seine neue Niederlassung in Hamburg besucht hatte und am Samstag unbedingt nach Coburg zurückkommen wollte, weil da die Meisterschaft im Kopfrechnen stattfand, an der seine Söhne teilnahmen.
Tatsache ist: Die Sicht war am Samstag schlecht. Wie schlecht, dürfen die Männer vom Tower aber nicht sagen. "Keine Auskünfte" laute die Maßgabe, sagt Volker Ernst. Die gebe es nur bei Polizei oder Staatsanwaltschaft. Aber auch dort wissen die Beamten noch nichts Neues, und übers Wetter sagen sie auch nichts.
Um die Aufklärung der Unglücksursache bemühe sich die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) in Braunschweig, erläutert Lohneis. Ob ein Pilotenfehler oder die Maschine die Ursache war, werde in absehbarer Zeit niemand sagen können. Lohneis: "Ohne dass hier Gutachten vorliegen, können wir über die Unfallursache keine Auskunft geben."
Die Coburger Brandensteinsebene darf seit Sommer 2012 wieder per Instrumentenflug angeflogen werden. Damit ist sie auch bei schlechten Sichtverhältnissen erreichbar. Ohne Bordinstrumente weiß der Pilot in den Wolken buchstäblich nicht mehr, wo oben und unten ist. Das Raumgefühl geht fast sofort verloren, wenn die Augen keine Informationen mehr liefern können. Aber auch beim Instrumentenflug muss der Pilot ab einem bestimmten Punkt die Landebahn sehen können.
"Wenn man am missed-approach-point die Landebahn nicht sieht, zieht man automatisch den Steuerknüppel hoch", erzählt ein erfahrener Pilot.
Der Unglücksflug war als Instrumentenflug bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) angemeldet. Mindestens eine Stunde vor der geplanten Abflugszeit muss der Pilot seinen Flugplan durchgeben: Wo startet, wo landet er, gibt es Zwischenstationen und - ganz wichtig - welchen Ausweichflugplatz wählt er, wenn er am eigentlichen Zielflugplatz nicht landen kann? All das muss der Pilot dokumentiert haben, bevor er abhebt, genauso wie die Spritmenge und die Reichweite der Maschine. Es muss genug Treibstoff in den Tanks sein, um den Ausweichflugplatz noch erreichen zu können und dort noch 45 Minuten lang Platzrunden zu drehen. Ist der Luftraum frei, darf der Pilot starten, oft mit Zeitvorgaben beziehungsweise Zeitkorridoren (Slots), in denen er bestimmte Regionen überfliegen darf.
Denn der Luftraum über Deutschland ist eng, selbst wenn eine Maschine ohne Druckkabine wie die Piper Seneca in der Regel tiefer fliegt als die großen Jets und Turboprops.
"Während des Fluges untersteht die Maschine unserer Kontrolle", erläutert Martin Köppl von der DFS. Die DFS hatte den Flieger bis kurz vor Coburg auf dem Radar und übergab dann an die Flugleitung im Coburger Tower. Damit begann das Anflugverfahren, an dessen Ende der Tower die genaue Landezeit an die DFS zurückmelden muss. Doch die Maschine kam nicht. Der Flugleiter im Coburger Tower alarmierte sofort die DFS, die aber die Maschine auch nicht mehr auf dem Radar fand. All ihre Daten werde die DFS nun der BFU zur Verfügung stellen. Ob das die Frage beantwortet, was geschah, nachdem die Piper ihren heimatlichen Luftraum erreicht hatte? Gesehen hat das offenbar keiner. Die Wolken hingen tief, und sie stürzte an einer Stelle ab, an der sie sich eigentlich gar nicht hätte befinden dürfen.