Coburg feiert Gerhard Polt und die Wellbrüder

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In der Rolle des großmäuligen Spießers entlarvt Gerhard Polt die skrupellose Scheinheiligkeit von Politikern. Fotos: Jochen Berger
In der Rolle des großmäuligen Spießers entlarvt Gerhard Polt die skrupellose Scheinheiligkeit von Politikern. Fotos: Jochen Berger
Während die Wellbrüder Christoph, Karli und Michael (von links) musizieren, sitzt Gerhard Polt scheinbar unbeteiligt auf der Bühne. Fotos: Jochen Berger
Während die Wellbrüder Christoph, Karli und Michael (von links) musizieren, sitzt Gerhard Polt scheinbar unbeteiligt auf der Bühne. Fotos: Jochen Berger
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Vielseitiger Musiker: Crhistoph (Stofferl) Well
Vielseitiger Musiker: Crhistoph (Stofferl) Well
 
 
Karli Well am Knopfakkordeon
Karli Well am Knopfakkordeon
 

So erlebt das Publikum im seit Wochen ausverkauften Kongresshaus den Auftritt des sprachgewaltigen Kabarettisten und der musizierenden Brüder Christoph, Karli und Michael Well. Mit subversivem Witz entlarven sie die Scheinheiligkeit skrupelloser Spießer.

Willkommen in den Niederungen freistaatlicher Banalität. Willkommen in einem Land, in dem das Aufstellen eines Bierzeltes schon als kulturelle Großtat gefeiert werden darf. Doch nicht in jeder Lederhose muss ein bornierter Ureinwohner stecken. Manchmal tarnt sich der Geist des subversiven Widerspruchs ganz bewusst mit den Insignien der sogenannten Gemütlichkeit.

Die Wellbrüder jedenfalls kennen sich aus mit den Gepflogenheiten der Polizei in Bayern und dem Selbstverständnis von Landräten, die sich Geburtstagsfeiern im XXL-Format von der städtischen Sparkasse großzügig bezuschussen lassen. Sie sinnieren über die Selbstgefälligkeit bairischer Eingeborener und zeigen sich beim Gastspiel mit Gerhard Polt im ausverkauften Kongresshaus Rosengarten verblüffend gut informiert über die kommunalpolitischen Gegebenheiten im Coburger Land.
Vom geschlossenen Schlachthof über die gesammelten Urlaubstage des aus dem Amte scheidenden Oberbürgermeisters bis zur weit über die Region hinaus bekannten Kompetenz des CSU-Landtagsabgeordneten Jürgen W. Heike frotzeln sie reimend und singend auf offener Bühne.

Die Wellbrüder, das zeigt dieser Auftritt, sind nicht nur musikalisch die legitimen Erben der legendären "Biermösl Blosn". Immerhin stecken ja auch zwei Drittel "Biermösl Blosn" in dem neu formierten Ensemble. Seit Hans Well das 35 Jahre erfolgreich tourende Trio verlassen hat, komplettiert Karli Well das Brüder-Trio. Allzu viel verändert außer dem Namen hat das nicht. Denn auch die Wellbrüder bleiben den vertrauten Feindbildern treu. Mit ihren bald derben, bald vergnüglich ironischen Pointen nehmen sie den CSU-Filz im Freistaat ebenso ausdauernd ins Visier wie ehedem. Und das Zusammenspiel mit Gerhard Polt funktioniert ebenfalls so mühelos selbstverständlich wie zu Zeiten der "Biermösl Blosn".

Genüsslich verkörpert Polt mit seinem unvermeidlichen Trachtenjanker die Borniertheit und die durch keine Kritik von außen zu irritierende Selbstzufriedenheit des CSU-gläubigen Bayern. Wenn Polt ins Grübeln kommt, warum es im weiß-blauen Freistaat denn noch immer kein CSU-Museum gibt, darf das Publikum wahlweise schmunzeln oder erschrecken.


Igel und Fußgänger

Denn Polt beherrscht die Kunst, in der Banalität scheinbar alltäglicher Begebenheiten die Skrupellosigkeit des Spießers zu entlarven. Was bei Polt lustig klingt und immer wieder zum Lachen verleitet, ist in Wahrheit oft erschreckend. Angefangen bei der ungläubigen Verwunderung eines schießfreudigen Waffenbesitzers, der höchst verärgert darauf reagiert, dass seine großkalibrige Jagd auf Jugendliche gar mit einer Bewährungsstrafe geahndet wird.

Entlarvend auch seine Bekenntnisse eines Autonarren, der Fußgängerzonen ebenso konsequent vermeidet wie der Teufel das Weihwasser und sich lautstark darüber erregt, was sich denn so alles auf den Straßen herumtreibt - "von der Wildsau bis zum Radfahrer, vom Igel bis zum Fußgänger."

Musikalisch sind die Wellbrüder höchst vielseitig und wandlungsfähig. Beeindruckend reichhaltig ist das Instrumentarium - von der Basstuba bis zur Block- und Querflöte, von der Drehleier bis zum Akkordeon, vom Alphorn bis zur Gitarre, von der hohen Bach-Trompete bis zur Harfe. Hinter der scheinbaren Volksmusik-Harmlosigkeit steckt freilich geballtes Können, das sich bisweilen bis zur ironisch gebrochenen Demonstration buchstäblich atemberaubender Virtuosität steigert. Und immer wieder treiben Michael, Karli und Christoph Well genüsslich ihr Spiel mit der musikalischen Doppelbödigkeit. Der Lohn: ausdauernder Jubel samt Zugabe.


Die Künstler

Wellbrüder Das Trio versteht sich als Nachfolge-Formation der "Biermösl-Blosn". die 35 Jahre lang bayerische Folklore und Dialekt auf die Bühne brachten und dabei immer wieder gemeinsam mit Gerhard Polt auftraten. Zu den Wellbrüdern zählen mit Christoph ("Stofferl") und Michael Well zwei Mitglieder der "Biermösl-Blosn". Neu im Ensemble ist Karli Well, der als zwölftes von insgesamt 15 Kindern der Well-Familie geboren wurde.