Coburg braucht dringend bezahlbare Wohnungen

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Auf Baustellenschildern am Albertsplatz verspricht die Wohnbau Stadt Coburg GmbH, an Coburgs Zukunft zu bauen. Wie viel Raum hat dabei der soziale Wohnungsbau? Foto: Helke Renner
Auf Baustellenschildern am Albertsplatz verspricht die Wohnbau Stadt Coburg GmbH, an Coburgs Zukunft zu bauen. Wie viel Raum hat dabei der soziale Wohnungsbau? Foto: Helke Renner
Sie begreifen sich als Team und bauen auf gute Zusammenarbeit: Brigitte Lambert von der kirchlichen allegemeinen Sozialarbeit der Diakonie und Roman Kollar von der Sozialrechtsberatung beim Verein Hilfe für das behinderte Kind. Foto: Helke Renner
Sie begreifen sich als Team und bauen auf gute Zusammenarbeit: Brigitte Lambert von der kirchlichen allegemeinen Sozialarbeit der Diakonie und Roman Kollar von der Sozialrechtsberatung beim Verein Hilfe für das behinderte Kind. Foto: Helke Renner
 

Bezahlbarer Wohnraum ist ein Menschenrecht. Darauf wollen der Arbeitskreis Armut und das Evangelische Bildungswerk aufmerksam machen und laden zu einer Podiumsdiskussion ein. Es geht um die Frage, wie die Stadt dieses Menschenrecht umsetzen will.

Es ist ja nicht so, dass in Coburg nicht gebaut wird. Die Ketschenvorstadt, der Schillerplatz und das Brauhausgelände sind nur drei Standorte, an denen in naher Zukunft neue Wohnhäuser entstehen. Nur: Sozialwohnungen wird man dort vergeblich suchen.

Dabei wird bezahlbarer Wohnraum für die Menschen in Coburg, die im wahrsten Sinne des Wortes arm sind, dringend benötigt. Das wissen Brigitte Lambert und Roman Kollar, zwei von drei Sprechern des Arbeitskreises Armut, aus ihrer täglichen Praxis in der kirchlichen allgemeinen Sozialarbeit der Diakonie und in der Sozialrechtsberatung des Vereins "Hilfe für das behinderte Kind". Deshalb wird der Arbeitskreis nun schon zum zweiten Mal das Thema Wohnen aufgreifen.


Manche müssen draufzahlen

"Jeder Sechste ist in Bayern von Armut bedroht", stellt Brigitte Lambert fest. Und Coburg sei da keine Ausnahme. "Zu mir in die Beratungsstelle kommen immer wieder Menschen, die eine billige Wohnung suchen, die Wohnung wechseln müssen oder aber bereits obdachlos sind", ergänzt sie. Nicht selten erfahre sie, dass die Empfänger von Sozialleistungen noch zusätzlich Geld draufzahlen müssen, weil die Miete höher ist als der Satz, auf den sie nach den Richtlinien der Stadt Anspruch haben. Das ist auch für Roman Kollar der Knackpunkt. "Im Durchschnitt muss laut Auskunft vom Jobcenter ein Viertel der Bedarfsgemeinschaften zur Miete zuzahlen."


Dunkelziffer ist höher

Doch das seien nur die Fälle, die bekannt sind. Die Dunkelziffer liege höher. Das habe viel mit Unwissenheit, Ängsten und Scham der Betroffenen zu tun. Eine Lösung könnte für Roman Kollar sein, dass die Richtlinien für die Hilfe zur Unterkunft, die die Stadt jährlich verabschiedet, an die realen Mietpreise angepasst werden.

"Menschenwürdiger Wohnraum ist ein Menschenrecht und gehört zum Existenzminimum", heißt es im Forderungskatalog des Arbeitskreises Armut. Dazu gehöre natürlich auch, dass bezahlbarer Wohnraum neu geschaffen werden müsse. Roman Kollar sieht die Stadt in der Verantwortung. "Man hat es in Coburg in den letzten Jahren einfach verschlafen, Sozialwohnungen zu bauen", sagt er.


Viel zu wenig

Dass dieses Thema inzwischen im Stadtrat heftig diskutiert wird, hält er für einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Aber die vom Wohnbau-Geschäftsführer Christian Meyer für die nächsten zwei Jahre angekündigten 150 neuen Wohnungen seien lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Was die Leerstände in der Stadt angeht, hat Roman Kollar wenig Hoffnung, dass deren Sanierung und Renovierung viel zur Entspannung der Situation beitragen können. "Die Eigentümer müssten bereit sein, sie für eine geringe Miete zur Verfügung zu stellen."

Weil Menschen, die von Armut bedroht oder betroffen sind, kaum eine Lobby in der Gesellschaft haben und sich auch selbst nur selten für ihre Rechte einsetzen können, hat sich im Jahr 2010 der Arbeitskreis Armut in Coburg gegründet. Ihm gehören aktuell 21 Mitglieder an. "Wir sind kein Verein und haben kein Büro. Uns geht es vor allem um Vernetzung, fachlichen Austausch und Zusammenarbeit", erläutert Roman Kollar. "Wir arbeiten viel im Verborgenen, treffen uns zwei- bis dreimal im Jahr und machen keinen großen Wirbel darum", ergänzt Brigitte Lambert. 2014 habe die Arbeitsgruppe Wohnen im Arbeitskreis - es gibt noch die Arbeitsgruppe Bildung - die Problematik des bezahlbaren Wohnraums erstmals in die Öffentlichkeit gebracht. "Danach sind wir in die Stadtratsfraktionen gegangen." Und dann gab es erste Anträge zum Thema sozialer Wohnungsbau. "Wir sind froh, dass das Thema nun im Stadtrat angekommen ist."

Auf dem Podium sitzen am Dienstag, 10. November, Christian Meyer, Geschäftsführer der Wohnbau, von dem sich die Organisatoren eine Stellungnahme zur aktuellen Situation erwarten, und Dritter Bürgermeister Thomas Nowack (SPD), der fürs Soziale in der Stadt verantwortlich ist. Christina Adam von der Arbeitslosenberatung der katholischen Betriebsseelsorge kennt die konkreten Sorgen der von Armut Betroffenen und René Sauer, stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenters Coburg Stadt, hat dazu die Zahlen parat. Claudia Lohrenscheit von der Hochschule Coburg könne einiges zum Menschenrecht auf Wohnung sagen, erläutert Brigitte Lambert. Eingeladen seien alle Parteien, die Kirchen, Studierende, aber auch alle, die sich für dieses Thema interessieren oder direkt betroffen sind.