Roland Kluttig und das Philharmonische Orchester des Landestheaters bescheren dem begeisterten Publikum einen faszinierend Abend mit Werken von Carl Philipp Emanuel Bach, Johann David Heinichen und Wolfgang Amadeus Mozart. Als Solisten werden Bernhard Forster und Christoph Hartmann gefeiert.
Diese Leidenschaft ist kaum zu bändigen. Diese Musik seufzt und jubiliert, kann gar nicht genug bekommen vom Überschwang der Gefühle. Himmelhoch jauchzend in einem Moment, zu Tod betrübt im nächsten Augenblick - so klingt die Musik von Carl Philipp Emanuel Bach, wenn sie mit Mut zum Risiko, mit Mut zu schroffen Kontrasten gespielt wird.
Und genau so klingt Carl Philipp Emanuel Bachs Musik beim letzten Sinfoniekonzert dieser Saison im Landestheater Coburg, das zum furiosen Finale einer bemerkenswerten Spielzeit wird. "Dass dieses Konzert zustande kam, verdanken wir dem Wasserschaden", erklärt Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig in seiner Moderation. Denn ursprünglich sollte dieses Konzert mit einem gänzlich anderen Konzept bereits Mitte Dezember stattfinden, musste dann aber wegen des Wasserschadens abgesagt und auf das Ende der Spielzeit verschoben werden.
Aus dem zunächst geplanten romantischen Programm mit Klarinetten-Star Sabine Meyer (das Konzert wird in der nächsten Spielzeit nachgeholt) wird eine Huldigung an den vor 300 Jahren geborenen zweitältesten Sohn des großen Johann Sebastian Bach, der freilich zu Lebzeiten bekannter war als sein Vater.
Innere Zerrissenheit Die Streichersinfonie h-Moll aus dem Zyklus der sogenannten "Hamburger Sinfonien" eröffnet eine Vortragsfolge, die Werke ausschließlich Werke des 18. Jahrhunderts umfasst. Die innere Zerrissenheit von Carl Philipp Emanuel Bachs Musik entfaltet sich an diesem Abend mit geradezu vibrierender Intensität des Ausdrucks.
Mit feinem Gespür für den besonderen Gestus dieser Musik lässt Roland Kluttig die schroffen Kontraste im Ausdruck regelrecht aufeinanderprallen und sorgt zugleich dafür, dass im Wechsel der Stimmungen der Blick für formale Zusammenhänge nicht verloren geht. Das in kleiner Besetzung agierende Philharmonische Orchester folgte Kluttigs fein differenzierter Zeichengebung stets reaktionsschnell.
Gleich in zwei Werken stellt der Gastsolist dieses Abends sein besonderes Können wie sein Stilgefühl unter Beweis. Christoph Hartmann, seit mehr als zwei Jahrzehnten Oboist der Berliner Philharmoniker, beeindruckt das Publikum mit seiner fein differenzierten Deutung von Carl Philipp Emanuel Bachs Oboenkonzert B-Dur. Besonders eindringlich interpretiert: das ungemein empfindsame Largo dieses Konzerts.
Gemeinsam mit Bernhard Forster, Solooboist des Landestheaters, gelingt Hartmann zudem eine klanglich feinfühlig abgestufte, im Zusammenspiel bestens harmonierende Deutung des e-Moll-Konzerts für zwei Oboen von Johann David Heinichen, der Zeitgenosse Johann Sebastian Bachs war und einst als Kapellmeister am Hof Augusts des Starken in Dresden gefeiert wurde.
Mozart als Höhepunkt Der unbestreitbare Höhepunkt des Abends freilich folgt nach der Pause: Mozarts Es-Dur-Symphonie KV 543. Das Werk gehört zur Trias der letzten Symphonien Mozarts und entstand 1788 - im Todesjahr von Carl Philipp Emanuel Bach. "Wir hören heute Abend Mozart aus der geschichtlichen Perspektive seiner Zeit", hatte Kluttig in seiner Moderation angekündigt.
Und genau so ist dieses Werk dann tatsächlich auch zu hören - schlank im Klang, geschärft in den Konturen, beinahe schroff in den Kontrasten.
Während bei Carl Philipp Emanuel Bach jedoch diese Kontraste als Symbol innerer Zerrissenheit wirken, sind sie bei Mozart formal stets gebändigt. Mit flotter, trotzdem jedoch nie gehetzt wirkender Temponahme in den raschen Ecksätzen gelingt Kluttig eine faszinierend spannungsvolle Deutung, die zugleich den inneren Ausdrucksreichtum des Werkes feinsinnig entfaltet.
Immer wieder werden auch Feinheiten der Stimmführung hörbar, weil das Philharmonische Orchester Kluttigs gestalterische Impulse stets sehr aufmerksam in Klang verwandelt.
Das Publikum ist am Ende zu Recht begeistert und erklatscht sich - höchst ungewöhnlich bei einem Sinfoniekonzert - sogar noch eine Zugabe des Orchesters: das Menuett aus Mozarts Es-Dur-Sinfonie.
Die Solisten des Abends: Philharmoniker aus Berlin und Coburg Christoph Hartmann studierte Oboe am Konservatorium Augsburg
und an der Musikhochschule München. Noch vor Beendigung des Studiums wurde Christoph Hartmann 1991 Solo-Oboist bei den Stuttgarter Philharmonikern, wechselte aber bereits im folgenden Jahr in die ,Orchester-Königsklasse' zu den Berliner Philharmonikern.
Bernhard Forster studierte Oboe in Karlsruhe, Paris und Basel. Nach ersten Engagements beim Württembergischen Kammerorchester und dem anhaltinischen Theater in Dessau war er Solo-Oboist im Symphonieorchester des Mitteldeutschen Rundfunks Leipzig. Er ist seit 2003 Solo-Oboist im Philharmonischen Orchester Landestheater Coburg.