Brose Coburg: Solidarisch für die Sitze-Fertigung

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Nach der Pressekonferenz (von links): Kurt Sauernheimer, Vorsitzender der Geschäftsführung, Jan Brauer, Werkleiter Coburg, Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, Stefan Kübrich, stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats Coburg und Sandro Scharlibbe, Geschäftsführer Sitz. Foto: Brose Fahrzeugteile
Nach der Pressekonferenz (von links): Kurt Sauernheimer, Vorsitzender der Geschäftsführung, Jan Brauer, Werkleiter Coburg, Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, Stefan Kübrich, stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats Coburg und Sandro Scharlibbe, Geschäftsführer Sitz. Foto: Brose Fahrzeugteile
 
Betonte, wie sehr ihm der Standort Coburg am Herzen liegt: Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Brose. Foto: Brose Fahrzeugteile
Betonte, wie sehr ihm der Standort Coburg am Herzen liegt: Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Brose. Foto: Brose Fahrzeugteile
 
Als Erweiterungsfläche im Visier: Das Sparkassengebäude Bamberger Straße 15. Foto: Simone Bastian
Als Erweiterungsfläche im Visier: Das Sparkassengebäude Bamberger Straße 15. Foto: Simone Bastian
 

Alle verzichten, damit am Standort Coburg für die Zukunft investiert werden kann und die Arbeitsplätze bis 2024 sicher sind.

42 Millionen Euro sparen, 100 Millionen investieren, und damit den Fertigungsstandort Coburg sichern: So lässt sich zusammenfassen, was Geschäftsführung, Betriebsrat und Gesellschafter von Brose für den Standort Coburg vereinbart haben. Bis 2024 soll dieser Pakt gelten, bis dahin sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Brose Fahrzeugteile, und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Stefan Kübrich informierten am Dienstag über die Vereinbarung.

Stoschek war es gewesen, der im Sommer bei einer Betriebsversammlung erklärt hatte, dass die Entscheidung, ob ins Werk Coburg investiert werde, auch davon abhänge, ob es gelingen würde, die Arbeitskosten zu senken. "Es gibt keine Alternative dazu, es den Mitarbeitern fair zu sagen, wie die Situation ist", begründete Stoschek am Dienstag sein Vorgehen im Juli. "Ich will betonen, dass ich ein großes Herz habe für Mitarbeiter, die in der niedrigsten Lohnstufe im Schichtbetrieb arbeiten. Und ich hätte große Probleme damit, Mitarbeitern, die in vierter Generation für Brose arbeiten, zu erklären, dass wir für sie keine Jobs haben, trotz hoher Auftragszahlen."

Deshalb, so Stoschek, habe er sich für die Standortsicherung auch persönlich engagiert. "Ohne die Beteiligung Außenstehender" sei diese Vereinbarung zustandegekommen, also ohne die Beteiligung einer Gewerkschaft, betonte Stoschek. Er wertete dies als Zeichen des Vertrauens der Mitarbeiter in die Unternehmensführung.

Verzicht auf Rendite

Die fünf Gesellschafter - neben Stoschek seine Schwester Christine Volkmann sowie die Kinder von beiden - verzichten in den nächsten fünf Jahren auf Rendite aus dem Werk Coburg. Dieser Verzicht macht 19 Prozent der rund 42 Millionen Euro aus, die im Coburger Standort in den nächsten fünf Jahren einzusparen sind, rechnete Stefan Kübrich vor. Die Beschäftigten am Standort leisten fast die Hälfte der Summe. Das soll durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen erreicht werden: 2019 werde die Lohnsteigerung ein Prozent niedriger ausfallen als beim Tariflohn der Metallindustrie. Brose ist nicht tarifgebunden, orientiert sich aber am Ergebnis der Tarifverhandlungen.

In der Fertigung soll von Akkord- auf Prämienlohn umgestellt werden. Bei moderner Fertigung ist Akkordarbeit ohnehin kaum möglich. Schichtmodelle werden so angepasst, dass keine Sonntagsschichten mehr nötig sind und damit auch keine Zuschläge. Über die Einzelheiten sollen die Beschäftigten bei Betriebsversammlungen kommende Woche informiert werden.

Fünf Prozent der Einsparungssumme tragen die Geschäftsführer und Leitenden Angestellten bei, die übrigen 28 Prozent sollen dadurch erreicht werden, dass die Fertigung rationalisiert wird.

Das haben auch die Investitionen zum Ziel, die Brose in Coburg tätigen will. Presswerk und Kunststoffgießerei sollen modernisiert werden, ein neues Logistikzentrum soll entstehen sowie ein Entwicklungs- und Verwaltungsgebäude für den "Geschäftsbereich Sitz". Dafür wird Brose zum einen die Lücke zwischen seinen Standorten an der südlichen Bamberger Straße schließen. Die dort befindlichen Firmen sollen auf das ehemalige Ros-Areal umsiedeln. Auf dem Gelände Bamberger Straße 15, wo sich zurzeit noch eine Filiale der Sparkasse befindet, will Brose das Entwicklungs- und Verwaltungsgebäude errichten.

Trotz der Einsparungen seien die Kosten für eine Arbeitsstunde in der Coburger Fertigung immer noch höher als in den anderen Werken, betonte Stoschek. Aber Coburg sei das "Leitwerk", das für die weltweite Produktion entwickle und neue Fertigungsmethoden ausprobiere. Wenn es nach dem Betriebsrat geht, bleibt das auch so, sagte Stefan Kübrich, und machte deutlich, dass bereits jetzt die Qualifizierung der Mitarbeiter angegangen werden müsse, "nicht erst, wenn die neuen Anlagen da sind".

Michael Stoschek nutzte den Termin, um mehr Solidarität von den Fahrzeugherstellern einzufordern: Diese würden auf ihre Zulieferer einen hohen Kostendruck ausüben. Das zwinge zu Verlagerungen nach Osteuropa. Brose sei der letzte Sitzhersteller mit Fertigung im Inland. "Wir haben Fälle, wo uns deutsche Automobilhersteller gar nicht mehr erlauben, ein Gebot aus Deutschland abzugeben." Die Automobilzulieferer beschäftigen Stoschek zufolge in Deutschland rund 305000 Menschen. Mit dem Fertigungsstandort Coburg sichere Brose auch rund 3000 Arbeitsplätze bei seinen hiesigen Zulieferern.

Unter dem Kostendruck steht auch das Brose-Werk Santa Margarida bei Barcelona. Auch hier wurde Stoschek zufolge eine Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung bis 2024 abgeschlossen: Die wöchentliche Arbeitszeit steigt dort von 40 auf 44 Stunden, ohne Lohnausgleich.