Warum ein Kongresshotel für den Coburger Tourismus eine Chance bedeuten könnte, wie die regionale Zusammenarbeit weitergeht und womit sich Briten locken lassen: ein Gespräch mit Tourismus-Chef Michael Amthor.
Er ist kennt auch die andere Seite: Michael Amthor, gebürtiger Bayreuther, arbeitete in mehreren Hotels (zuletzt als Direktor), bevor er Betriebsleiter des Coburger Tourismusbetriebs wurde. Damals begrüßten es die Hoteliers, dass einer der ihren Tourismuschef wurde. Nun scheint die Harmonie ein wenig getrübt.
Tageblatt: Herr Amthor, Sie haben jüngst in der Betriebssenatssitzung einen Mangel an Hotelbetten beklagt, und Karin Schlecht, die Betriebsleiterin des Kongresshauses, hat offen gesagt, dass ein Kongresshotel fehlt. Sie haben beide die Diskussion ums neue Innenstadtkonzept miterlebt, auch die Suche nach einem Investor.
Wie realistisch sind die Aussichten, dass sich tatsächlich ein Investor und Betreiber für ein Kongresshotel findet? Michael Amthor: Wir hatten eine Anfrage für die evangelische Landessynode im Jahr 2017, bevor die Landesausstellung beginnt. Da gab es eine Anforderung, 200 Zimmer Ende März 2017 zu finden. Das hat eine Weile gedauert, bis wir die alle zusammenhatten. Für Kongresse und Tagungen wünschen sich die Unternehmer einen Betrieb, wo sie alle zusammen wohnen und eventuell abends zusammensitzen können, und das bieten wir als Markt noch nicht. Deswegen wird diese Diskussion immer mal wieder hochkochen. Es gibt die These: Mehr Angebot schafft mehr Nachfrage, und nachdem Coburg einige Dinge nur schwierig bedienen kann, denke ich schon, dass es eine Chance wäre, wenn sich ein Investor findet. Der macht vorher natürlich auch eine Marktanalyse und prüft, ob es sich rechnet.
Sie waren selbst Direktor eines Hotels. 100 Prozent Auslastung erreichen die ja nie.Auch als ich noch Leiter eines Hotels in Coburg war, habe ich gesagt: Wir brauchen ein zusätzliches Hotel.
Warum? Konkurrenz belebt das Geschäft ist das eine. Aber vor allem, weil wir gewisse Dinge als Stadt nicht abbilden können. Wir haben 840 Betten in Coburg, aber Hoteliers rechnen eher in Zimmern, also rund 400 Zimmer, verteilt auf zum Teil kleine Einheiten. Wenn ich aber eine Tagung machen möchte mit 150 Leuten, und es ist die Maßgabe, dass alles in einem Hotel stattfinden soll, wenn möglich, mit angeschlossenem Tagungsraum, dann können wir das nicht bedienen.
Aber es kommen doch Tagungen nach Coburg, und die kommen mit der Situation zurecht.
Würde ein Kongresshotel nicht die kleinen Betriebe gefährden? Die kleinen Betriebe haben ein spezielles Publikum, an das die großen ohnehin nicht rangehen würden. Ein Hotel mit Kongressmöglichkeiten schafft ganz einfach ein anderes Potenzial an Gästen für die Stadt.
Potenzial an Gästen sollte auch der Tourismusverein bringen. Aber kaum ist er gegründet, gibt es schon Streit um den Namen. Wie wird es da weitergehen.Wir haben am 1. Oktober Mitgliederversammlung im Landratsamt Coburg. Es gibt eine Kündigungserklärung des Landkreises Lichtenfels zum Ende nächsten Jahres. Man führt nun auf der Vorstandsebene Gespräche, wie man das noch verändern kann.
Lichtenfels soll gehalten werden?Es gibt eine Entscheidung der Bürgermeister, noch keinen Kreistagsbeschluss, aber die Kündigung von Landrat
Meißner, die aber impliziert, dass man versuchen möchte, schon vor dem 31. Dezember 2015 auszutreten. Da gibt es eben Gespräche auf Vorstandsebene. Ich finde das sehr schade, denn ich glaube, die Region mit Lichtenfels zusammen hätte eine tolle Möglichkeit, sich zu vermarkten. Die Themen Wandern und Radfahren waren schon da. Wir hätten das Thema Spiritualität mit dem Lutherweg und den Wallfahrten am Obermain. Wir haben wirklich tolle Orte in der Region, und es wird auch in Zukunft so sein, dass jeder, der in Staffelstein Urlaub macht, mal nach Coburg fährt, und jeder, der Urlaub in der Region Coburg macht, wird Vierzehnheiligen und Kloster Banz besichtigen. Aber es gibt auch den Wunsch der Thüringer, mit einzusteigen: Sonneberg, Steinach, Lauscha, vielleicht auch noch Bad Colberg-Heldburg. In Heldburg entsteht das Deutsche Burgenmuseum, das 2016 eröffnet wird.
Es ist das einzige dieser Art in Deutschland, und es wird vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ausgestattet. Das bringt einen guten Input für die Region. Wir haben mit Ummerstadt neben Seßlach eine sehr pittoreske Stadt mit mittelalterlichem Flair. Dann hätten wir mit den drei Thermen in Bad Rodach, Bad Staffelstein und Bad Colberg sicherlich eine tolle Möglichkeit gehabt, die Thermenregion zu werden. Wir hätten gern das Thema gespielt "Thermen und Bäder", hätten das Sonnebad in Sonneberg, das Aquaria und das Spaßbad in Bad Staffelstein mitvermarkten können. Das wird es vielleicht auch in Zukunft geben, aber vielleicht eher auf Projekt-Ebene. Dem Besucher ist das ohnehin egal.
Die Thüringer wollen sich der Region anschließen, und die Lichtenfelser wollen wieder raus? Woran liegt das denn?Es gab seit 1992 den Gebietsausschuss Oberes Maintal/Coburger Land.
Lichtenfels war Sitz der Geschäftsstelle und hat 140 000 Euro bezahlt, Stadt und Landkreis Coburg haben sich mit jeweils 35 000 Euro beteiligt. Das wurde moniert, weil Gebietskörperschaften, die ein gemeinsames Konstrukt haben, paritätisch einzahlen müssen. Der Zweckverband wurde aufgelöst, ein neuer gegründet, und jetzt gab es drei paritätische Bezahler. Und nun wurde gesagt, "wir passen den Gebietsnamen ein wenig an". Am Namensbildungsprozess waren alle beteilig, und da kam dann "Rennsteig - Coburg - Obermain". Das war kein einheitlicher Beschluss, und dann haben die Lichtenfelser gesagt, dass sie das so nicht möchten. Man darf nicht vergessen, dass Staffelstein mit der Obermain-Therme der größte touristische Leistungserbringer ist, mit 436 000 Übernachtungen 2013. Die Obermaintherme ist das größte Ausflugsziel in der Region.
Vor diesem Hintergrund war "Obermain" ein wichtiger geografischer Begriff für die Lichtenfelser. Wir haben uns als Coburger damit nie so ganz recht identifizieren können. Der Rennsteig ist ein Begriff, den man räumlich zuordnen kann. Wir haben ein Stückchen Rennsteig, Coburg als Mittelpunkt, und der Obermain ist auch noch wichtig. Mit dem Begriff "Grenzenlos fränkisch" lässt sich auch gut spielen. Wir haben nächstes Jahr 25 Jahre deutsche Einheit, Sonneberg fühlt sich Franken zugehörig. Hinzu kommt dieses "fränkisch-authentisch".
Und das kommt jetzt nicht?Doch, es kommt. Aber ohne Lichtenfels.
Was ist mit dem Regionalmanagement? Das bewegt sich doch auch im Tourismus-Bereich? Da gibt es eine ganz klare Abgrenzung.
Das Regionalmanagement macht keine touristische Vermarktung, sondern kümmert sich um touristische Produkte oder Infrastruktur. Wir als Marketing-Organisation haben ja nur limitiert Geld. Wenn es aber darum geht, einen Fahrradweg auszubauen oder die Gemeinden anzusprechen, dass die entsprechenden Schilder für den vermarkteten Radweg aufgestellt werden, dann vermittelt das das Regionalmanagement.
Noch ein anderes Thema: Wie sieht es aus mit dem Heritage-Trail im Coburger Land? Die Briten wollen diese Wege offenbar auf deutsches Gebiet ausdehnen. Das tun wir schon. Es gibt eine Kooperation mit Prinz Hubertus von Sachsen-Coburg und Gotha und der DZT (Deutsche Zentrale für Tourismus) in London. Das ganz steht unter dem Titel "Royales Erbe" und steht kurz vor der Vollendung. Das erscheint dann auf der britischen Homepage der DZT.
Die vergangenen zwei Jahre war das sehr hannoverlastig, und wir sind gerade in der Fertigstellung des Coburger Teils. Da gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Tourismus Coburg und Hubertus Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha.
Zeichnet sich denn ab, dass das was bringt? Die in Hannover waren begeistert. Prinz Hubertus hat ja auch da verwandtschaftliche Beziehungen, und er hat im Vorfeld telefoniert. Dabei hieß es, es sei sehr positiv und es lohne sich, da etwas zu machen.
Das andere Thema ist Martin Luther: Was kommt da noch auf Sie zu in den nächsten Jahren? Wir haben ja nächstes Jahr das Themenjahr "Bild und Bibel". Da ist von den Touristikern Cranach als Person ausgewählt worden, um das Thema greifbar zu machen. Lucas Cranach war ja 1506 ein halbes Jahr auf der Veste Coburg und hat da auch Luther gemalt.
Daneben gibt es die "Wege zu Cranach". Da vermarkten sich die fränkischen Städte Kronach, Coburg und Nürnberg in einem gemeinsamen Flyer über den Tourismusverband Franken.
Projektbezogene Zusammenarbeit mit anderen findet also statt?Ja. Mit den Haßbergen vermarkten wir zum Beispiel den Amtsbotenweg und den Rückertweg. Es gibt eine Kooperation zu Festungen, die gerade anläuft im Rahmen eines Europaprojekts namens "forte cultura". Da arbeiten Kulmbach, Kronach und Coburg zusammen. In den Haßbergen gibt es ein Projekt, das noch ein bisschen in den Kinderschuhen steckt, den "Burgenwinkel". Da soll es dann zum Ende des Jahres noch einmal Gespräche mit Heldburg und Coburg über Kooperationen geben. Dann haben wir noch die "Burgenstraße", dort bin ich auch im Marketingausschuss.
Das Gespräch führte
Simone Bastian.