Bach-Kantate lockt in Coburg viele Choristen an

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Rund 120 Stimmen zählte der Projektchor bei der Aufführung der Bach-Kantate "Was Gott tut, das ist wohlgetan". Zur Probenarbeit trafen sich die Choristen im "Haus Contakt" und anschließend in der Morizkirche. Fotos: Jochen Berger
Rund 120 Stimmen zählte der Projektchor bei der Aufführung der Bach-Kantate "Was Gott tut, das ist wohlgetan". Zur Probenarbeit trafen sich die Choristen im "Haus Contakt" und anschließend in der Morizkirche.  Fotos: Jochen Berger
Musiker des Landestheaters übernahmen den Instrumentalpart bei der Probe und Aufführung der Bach-Kantate (im Bild von links): Markus Riepertinger und Tobias Ziegler).
Musiker des Landestheaters übernahmen den Instrumentalpart bei der Probe und Aufführung der Bach-Kantate (im Bild von links): Markus Riepertinger und Tobias Ziegler).
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Gedränge im Chorraum der Morizkirche. Dicht an dicht sitzen an diesem Samstagnachmittag die Mitglieder des vielleicht ungewöhnlichsten Chores, den Coburg bislang gesehen hat. Rund 120 Stimmen, aber kein richtiger Name - das ist der Projektchor, der dem Lockruf "Bach-Kantate zum Mitsingen" folgt.

Mit vielleicht 40 Teilnehmer hatte Coburgs Kirchenmusikdirektor Peter Stenglein bei diesem Projekt gerechnet. Angemeldet aber hat sich schließlich die dreifache Zahl.

Schon seit Studienzeiten hat Stenglein mit einem solchen Vorhaben geliebäugelt - und den Gedanken doch immer wieder verworfen. "Bach-Kantate zu Mitsingen" - solche Angebote funktionieren gewöhnlich nur in Großstädten, weiß der Kirchenmusiker. Dabei lässt sich der überraschend große Andrang in der Morizkirche keineswegs mit dem Umstand erklären, dass Stenglein mit dem Coburger Bachchor und der Kantorei St. Moriz gleich zwei renommierte heimische Chöre leitet.

Gäste sogar aus München"

Nur etwa ein Drittel der Choristen an diesem Wochenende rekrutiert sich aus den Reihen von Bachchor und Kantorei.
Der Rest kommt überwiegend aus Gesangvereinen oder Kirchenchören aus dem Landkreis.
"Offensichtlich ist es gelungen, viele Interessenten anzusprechen, die wir sonst nicht erreichen", freut sich Stenglein. Unter den Teilnehmern dieses Bach-Projektes finden sich aber auch manche Gäste aus Würzburg oder München, aus Deggendorf oder Traunstein. Manche dieser Musikenthusiasten besitzen Verwandte im Coburger Land und nutzen dieses Chor-Wochenende gleich für einen Familienbesuch.

An einem einzigen Probentag muss Stenglein aus der bunten Sangesschar einen möglichst homogenen vokalen Klangkörper formen. Nach der vormittäglichen Probe im Kontakt überrascht der Projektchor dann am Nachmittag in der Morizkirche mit bereits beachtlich abgerundetem, tragfähigem Klang.

In gestalterischer Hinsicht aber hat Stenglein verständlicherweise noch einige Arbeit vor sich. Das beginnt bei der nonverbalen Kommunikation zwischen Choristen und Chorleiter. "Wir brauchen den Blickkontakt", sagt Stenglein immer wieder. Und immer wieder geht es um das richtige Atmen, das Atmen an der richtigen Stelle, damit sich die Melodien gesanglich entfalten können.

"Achtung, Vorfahrt!"

"Was Gott tut, das ist wohlgetan" - diese Bach-Kantate, im Werkverzeichnis mit der Nummer 100 versehen, ist eine kluge Wahl für ein solches Mitsingprojekt. Das sechsteilige Werk, in den 1730er Jahren in Leipzig entstanden, bietet dem Chor zwei interessante, klangvolle Choralsätze am Anfang und am Ende. Dazwischen gibt es ein Duett und drei Arien, in denen sich ein Solistenquartett präsentieren kann.

Im Eröffnungschor übernimmt der Chorsopran die markant herausgestellte Choralmelodie. "Achtung, Vorfahrt", sagt Stenglein deshalb zum Chor und deutet auf die Sopranstimmen. Im zweiten Teil der Nachmittagsprobe üben Chor und Orchester dann erstmals gemeinsam. Ein gutes Dutzend Musiker überwiegend aus den Reihen des Landestheater-Orchesters übernimmt den Instrumentalpart und beweist Stilsicherheit mit transparentem, aufmerksamem Musizieren.

"Das müssen wir trotzdem üben"

Mit dem Singen allein aber ist es nicht getan. Weil die Bach-Kantate als musikalischer Teil des sonntäglichen Gottesdienstes erklingen soll und der Altar deshalb nicht unter einem großen Chorpodest verschwinden wird, muss der am Anfang und Ende geforderte Chor das möglichst schnell und ruhige Auf- und abtreten proben.
"Wir sind zwar nicht beim Militär, aber das müssen wir trotzdem üben", sagt Stenglein: "Jetzt kommt der schwerste Teil - merken Sie sich den Platz, an dem Sie stehen, damit Sie ihn dann wieder finden."