Am Dienstag geht es im Coburger Stadtrat um die Zukunft des Landestheaters

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Ach sähe es doch endlich so auf dem Schlossplatz aus, um die lange anstehende Generalsanierung des Landestheaters zu bewältigen. Unser Archivbild entstand bei der Neugestaltung des Theaterplatzes. Morgen geht es bei einer Stadtrats-Sondersitzung um die Finanzierung der größten Baumaßnahme in der Geschichte des Landestheaters. Foto: Jochen Berger
Ach sähe es doch endlich so auf dem Schlossplatz aus, um die lange anstehende Generalsanierung des Landestheaters zu bewältigen. Unser Archivbild entstand bei der Neugestaltung des Theaterplatzes. Morgen geht es bei einer Stadtrats-Sondersitzung um die Finanzierung der größten Baumaßnahme in der Geschichte des Landestheaters. Foto: Jochen Berger

Bei einer Sondersitzung soll der Stadtrat der Finanzierungsvereinbarung mit dem Freistaat zustimmen. Doch wo wird während der Bauarbeiten gespielt?

Es geht um viel, wenn der Stadtrat am Dienstag zu einer Sondersitzung zusammentritt. Es geht um 63 Millionen Euro - von denen der Freistaat Bayern 75 Prozent für die Generalsanierung des Landestheaters und 50 Prozent der Kosten für die dringend benötigten Erweiterungsbauten bereit ist zu zahlen.

Nach langen, schwierigen Jahren der Bestandserfassung, Abwägung, Planung und vor allem der Verhandlungen mit dem Freistaat Bayern als dem Eigentümer der Immobilie liegt jetzt endlich eine Finanzierungsvereinbarung vor, bei der - da sind sich alle Fraktionen einig - Coburg recht gut weg kommt.


Betriebsgenehmigung läuft 2018 aus


Zeit für noch längeres Abwägen gibt es auch nicht mehr. Ende 2018 läuft die Betriebsgenehmigung für das Landestheater ab, das 2013 nach einem erheblichen Wasserschaden nur notdürftig wieder aktiviert werden konnte.


Wo also liegt das Problem? - Es geht nicht mehr und nicht weniger um die Erhaltung des Landestheaters als lebendige und für Coburg zentrale Kulturinstitution für die Zukunft. Das ist eine diffizile Aufgabe über die rein bauliche Seite hinaus: Wo und wie soll in den drei bis vier Jahren Bauzeit gespielt werden, ohne dass das eigentliche Theaterleben erstirbt, die Kraft, welche die Coburger Lebenswelt und die der Region in erheblichem Maße speist. Die Image, Ausstrahlung. Selbstvergewisserung, Bedeutung der doch eigentlich recht kleinen Stadt im weiten oberfränkischen, ländlichen Raum in erheblichem Umfang bestimmt.


Ein sehr sensibler Bereich

Es wäre in der heutigen Zeit der allgegenwärtigen Vergnügungsverführungen naiv zu glauben, man könnte die ca 130 000 Besucher der letzten Spielzeit mal ein Weilchen auf Halte legen und dann auf Knopfdruck wieder aktivieren. Oder improvisierend mit halbseidenen Pseudoangeboten während der Interimsphase bei der Stange halten. Mal ganz davon abgesehen, dass das Landestheater auch ein Unternehmen ist, das 260 Mitarbeiter beschäftigt. Und bezahlen muss. Was sollte mit denen in einer Zeit reinen Notbetriebes geschehen? Für 63 Millionen sanieren und dann in Schönheit sterben? Das ist sehr wohl die Frage.
Wie sensibel dieser nicht technisch, sondern nur mit Gespür und Kreativität zu bewältigende Bereich der Zukunftssicherung des Landestheaters ist, lässt die in den letzten Monaten zu beobachtende Besucherzurückhaltung erahnen, die wohl infolge der vom Rechnungshof zwangsweise verordneten Eintrittpreiserhöhung sehr plötzlich eingetreten ist. Und für die Landestheaterintendant Bodo Busse und sein Team jetzt zusätzlich Kraft aufbringen müssen.


Auf der Suche nach einer geeigneten Interimsspielstätte war mittlerweile die alte Dreifachturnhalle am Anger ins Blickfeld gekommen. Sie wird durch einen Neubau an der Karchestraße ersetzt. Die im Oktober von Bayreuther Bühnenplanern vorgelegte Machbarkeitsstudie belegt, dass die Angerturnhalle sogar recht gut zu einem attraktiven Spielraum "ertüchtigt" werden könnte, was knapp über fünf Millionen Euro kosten würde. Wobei der Freistaat zugesagt hat, 75 Prozent von maximal 5 Millionen Euro zu übernehmen.


Doch plötzlich bekamen, wie es Oberbürgermeister Norbert Tessmer formulierte, Stadträte quer durch alle Fraktionen "Bauchschmerzen", und die innerstädtische Projektgruppe bat um neuerliche Prüfung: Über fünf Millionen Euro nur für eine Zwischenlösung, die dann wieder verschwindet? Ginge es mit einem Zelt nicht doch günstiger?


Wünsche, Wünsche

Oder wäre nicht gar eine dauerhaftere, umfangreichere, nachhaltigere Lösung schöner? - Wünsche, Wünsche. Nur kommen sie recht spät. Wie sollte so etwas in der Kürze der Zeit noch umgesetzt werden. Zumal sich der Freistaat keinesfalls im jetzt zugesagten Umfang an einem eigenständigen Neubau beteiligen würde. - Das alles soll in der morgigen Sondersitzung noch einmal zur Sprache kommen.
Aber:
Das mit der Prüfung recht kurzfristig beauftragte städtische Hochbauamt wird laut Auskunft von dessen Leiter Peter Cosack bis morgen keinesfalls eine grundsätzliche Einschätzung zur Zeltlösung abgeben können.
Intendant Bodo Busse hat sich längst von einem Theaterzelt abgewandt: Im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt. Akustisch unmöglich. Und keinesfalls so viel billiger als die Aufrüstung der Dreifachhalle am Anger, von den Unterhaltskosten her sogar recht unwägbar. Fürs Schauspiel müsste es dann, wie Sanierungszeiten anderenorts gezeigt haben, doch noch eine Extraspielstätte geben. Weshalb Intendant Busse vor Weihnacht schon recht verzweifelt - weil er längst inhaltlich planen und vorbereiten müsste - rief: "Hört jetzt auf, lasst uns das machen, die Zeit drängt."
Gibt es vor diesem Hintergrund tatsächlich noch Entscheidungsspielraum? Dass ein Stadtrat lieber einmal zu oft als einmal zu wenig nachdenkt, ist löblich. Doch die Fraktionsvorsitzenden waren sich vor Weihnachten, vom Tageblatt befragt, klar, dass alles andere als die Angerhallen-Variante "subobtimal" oder gar nicht mehr machbar wäre.
"Uns blutet das Herz, wenn so viele Ressourcen verbraucht werden. Das ist alles andere als nachhaltig", hatte Martina Benzel-Weyh von den Grünen formuliert. Doch am wichtigsten sei, dass die Sanierung jetzt endlich kommt.


Das muss jetzt über die Bühne

Auch die SPD würde sich zwar etwas Dauerhafteres wünschen. Doch Fraktionsvorsitzende Bettina Lesch-Lasaridis weiß, dass es fatal wäre, die Interimslösung wieder aus dem Gesamtpaket herauszunehmen, über das der Stadtrat morgen offiziell informiert wird. "Wir haben viel erreicht. Das Ding muss jetzt in Gänze durch. Eine weitere zeitintensive Diskussion können wir uns nicht leisten", sagte sie dem Tageblatt. Auch Jürgen Oehm, der noch mit einer Zeltlösung sympathisierte, ist sich klar: "Rein aus Vernunftsgründen muss das jetzt über die Bühne. Wir werden nicht ablehnen."


In der öffentlichen Ratssitzung am Dienstag ab 15 Uhr werden Jürgen König und Angela Peetz vom Staatlichen Bauamt Bamberg über den Stand der Vorbereitungen berichten. Intendant Bodo Busse und Oberbürgermeister Norbert Tessmer werden Stellung beziehen.