In den nächsten Jahren wird sich die ärztliche Versorgung weiter verschlechtern. In einer Bürgerwerkstatt diskutierten Vertreter aller beteiligten Gruppen über Lösungen.
"Wir nehmen keine Patienten mehr auf" oder "Den nächsten Termin gibt es erst in drei Monaten" - solche Antworten kennt fast jeder, der in einer Arztpraxis anruft. Deshalb lautete das Thema der Bürgerwerkstatt, veranstaltet vom Landkreis und dem Aktionsprogramm für regionale Daseinsvorsorge (Moro): "Coburger Land im Wandel - Ärztliche Versorgung im Umbruch."
Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst, aber alle Teilnehmer befürworteten die Gründung einer ärztlichen Bereitschaftsdienstpraxis, wahrscheinlich im Coburger Klinikum. Die Diskussionsrunde war mit rund 50 Bürgern und Vertreter aller beteiligten Gruppen gut besucht. Darunter waren der Hausärztliche Verein Coburg, die kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB), die Geschäftsführerin der Regiomed Kliniken, Katja Bittner, sowie Bürgermeister verschiedener Gemeinden.
Durch die neue Praxis soll der Bereitschafts- und Notdienst mittwochs, freitags und am Wochenende aufrecht erhalten werden.
"Wenn die Praxis kommt, dann wird ein Fahrdienst bereitgestellt", sagte Nadine Laskowski vom Landkreis Coburg. Die finale Umsetzung und Finanzierung muss jedoch noch genau erarbeitet werden, auch ob es einen oder zwei Standorte geben wird.
Eine solche Einrichtung würde die Zeit für den Bereitschaftsdienst einzelner Ärzte entlasten, argumentiert Bernhard Hillenbrand, Hausarzt aus Dörfles-Esbach. Nach Hillenbrands Argumentation und der seiner Kollegen, würde sich, als positiver Nebeneffekt, die Attraktivität für Neuansiedlung von Ärzten deutlich erhöhen.
Denn junge Ärzte sind in ganz Deutschland Mangelware. Im Jahr 2012 haben weniger als 100 Ärzte ihren Facharzt für Allgemeinmedizin - Voraussetzung für eine eigene Praxis - in Bayern gemacht.
"Bei 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten ist das eine erschreckende Zahl", so Hillenbrand.
Der Hausarztverein Coburg sieht als Hauptgrund für den Ärztemangel eine zu starke Reglementierung seitens der Krankenkassen und des Gesetzgebers. "Eine 60-Stunden-Woche ist Normalität. Dazu kommt noch der Bereitschaftsdienst und, wenn man Pech hat, Regressforderungen von den Kassen im fünfstelligen Bereich", sagt Hillenbrand.
Axel Dosch von einem Berliner Beratungsbüro für regionale Entwicklung moderierte die Veranstaltung und sammelte Ideen, Sorgen und Vorschläge auf kleinen Zetteln. Mehrfach musste er die Redner mit dem Hinweis unterbrechen, dass sie sich kurz fassen oder nicht vom Thema abweichen sollen.
Zur Sprache kam auch die ärztliche Versorgungssituation in Ahorn. Dort gibt es seit Februar keinen Arzt mehr - ein Schicksal was viele andere Gemeinden auch fürchten.
Bürgermeister Martin Finzel (parteilos) äußerte sich zum Thema: "Wir führen gute Gespräche mit interessierten Ärzten, aber es hängt auch an den Rahmenbedingungen."
Eine davon ist das Förderprogramm der Staatsregierung zur Niederlassung von Hausärzten im ländlichen Raum. Ärzte haben die Möglichkeit 60 000 Euro bei einer Niederlassung zu erhalten, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen - etwa eine Fünf-Jahres-Bindung. Bamberg, Forchheim oder Bayreuth sind Förderregionen, der Coburger Raum jedoch nicht. "Ich appelliere für die Aufnahme der Region Coburg in das Förderprogramm", sagt Finzel. Viele der Diskussionsteilnehmer äußerten den gleichen Wunsch.
Bei einer Feststellung waren sich alle Beteiligten einig: Das momentane Niveau der ärztlichen Versorgung wird in Zukunft nicht mehr zu halten sein.
Vor allem Hausbesuche gehen weiter zurück und die Wege zur nächsten Praxis werden länger.
Auch eine Umlagerung von ärztlichen Untersuchungen auf Arzthelferinnen wurde diskutiert. Außer in Bayern und Baden-Württemberg wird dies schon in vielen Ländern praktiziert.
Der Ärzteschwund wird in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter zunehmen und das Coburger Land kämpft mit allen Städten und Regionen Deutschlands um den Nachwuchs. Deshalb muss auch weiter an der Attraktivität der Region und sozialer Versorgungsstrukturen, wie Kinderbetreuung , gearbeitet werden.