Ärger wegen einer privaten E-Mail

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Symbolbild: FT
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Forderungen nach Unterlassungserklärungen und Rücktritt, die Drohung mit rechtlichen Schritten - was ist der Hintergrund, dass die Coburger Stadtratsmitglieder René Hähnlein (Linke) und Martin Ruggaber (SPD) sich gegenseitig beharken?

Der Anfang der Geschichte geht so: Auf einem Computer in Thüringen, über den junge männliche Prostituierte vermittelt wurden, finden die Fahnder auch eine Verbindung zum Coburger Stadtratsmitglied Martin Ruggaber (SPD). Ruggaber räumt im August 2014 die Vorwürfe ein: Er hatte dreimal einen Prostituierten gebucht, der noch minderjährig war. Es folgt im November ein Strafbefehl über 90 Tagessätze, was den Vorteil hat, dass Ruggaber nicht als vorbestraft gilt.

Trotzdem fordern viele seinen Rückzug aus dem Stadtrat - Vertreter anderer Fraktionen, aber auch Kollegen aus seiner eigenen. Andere stützen ihn. Dann sagen sich am 13. Februar, einem Freitag, drei Mitglieder von der SPD-Fraktion los. Martin Ruggaber liefert ihnen einen der Gründe - auch sie wünschen seinen Rücktritt.

Dass die drei - Adelheid Frankenberger, Barbara Kammerscheid und Mathias Langbein- sich ausgerechnet mit dem Linken-Kreisvorsitzenden René Hähnlein zusammentun underklären, für eine Max-Brose-Straße stimmen zu wollen, bringt ihnen zwei Tage später eine E-mail eines politisch interessierten Coburgers ein. Er fragte die drei, wie es um ihre Moral stehe - wenn sie auf der einen Seite Ruggabers Rücktritt wünschen, aber auf der anderen Seite bereit seien, einer Max-Brose-Straße zuzustimmen. Schließlich sei Brose in der NSDAP gewesen und mithin auf der Seite der Täter während der NS-Zeit.

Der Inhalt dieser Mail ist deshalb bekannt, weil René Hähnlein nun weite Teile davon veröffentlicht hat. Hähnlein hatte vom Autor eine Kopie der umfangreichen Mail erhalten und direkt geantwortet - merklich angesäuert. Ob der Autor die "Vergewaltigung Minderjähriger" auf eine Stufe stelle mit einem aus dem Zusammenhang gerissenen Facebook-Zitat, schrieb Hähnlein da. Denn der E-Mail-Schreiber hatte auch den Linken eine fragwürdige Moral unterstellt, weil vor einigen Jahren ein laut Hähnlein inzwischen ehemaliges Kreisvorstandsmitglied sich auf Facebook über Briefbomben ausgelassen hatte und dass es dem damaligen Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, "ruhig die Hände" hätte "abreißen dürfen".

Dreimal spricht Hähnlein in seiner Mail von "Vergewaltigung Minderjähriger" und will das als private Äußerung verstanden wissen. Doch diese private Äußerung gelangte zu Martin Ruggaber, und der forderte durch seinen Anwalt Norbert Kastner eine Unterlassungserklärng. Hähnlein lehnte das ab: "Obgleich mir natürlich der juristische Unterschied zwischen einem Missbrauch und einer Vergewaltigung klar ist, unterscheide ich nach meinem moralischen Werteschema nicht nach juristischen Formulierungen, sondern nach Handlungen und vor allem deren Auswirkungen", schreibt Hähnlein. Das werde er im privaten Bereich auch so beibehalten. In seinen Funktionen als Stadtrat, Fraktionsvorsitzender oder Linke-Kreisvorsitzender habe er sich über Ruggaber in dieser Form nie geäußert, betont Hähnlein

Dass er nun Ruggabers Rücktritt fordert, wirkt vor diesem Hintergrund wie eine Retourkutsche: "Allerdings stelle ich mir schon die Frage, ob Herr Ruggaber seine Verfehlungen und strafbaren Handlungen dadurch relativieren oder gar ungeschehen machen will, in dem er jede Bürgerin und jeden Bürger Coburgs, der seine Handlungen ähnlich empfindet und wertet wie ich oder mit den juristischen Fachbegriffen nicht vertraut ist, mit Unterlassungserklärungen oder Klagen überzieht", schreibt Hähnlein.

Ruggaber solle zurücktreten, seine "Verfehlungen" in einer "Phase der Ruhe und inneren Einkehr" aufarbeiten. Und weiter: "Nur durch ein sofortiges Ausscheiden von Herrn Ruggaber aus dem Stadtrat von Coburg kann es gelingen, weiteren Schaden von der Stadt Coburg abzuwenden und ein deutliches Signal zu senden, dass man zu seinen Verfehlungen steht, deren Tragweite erkennt und ernsthaft an einer Resozialisierung interessiert ist.
Alles andere wäre nicht nur eine Belastung für seine Partei (SPD), sondern für den gesamten Stadtrat von Coburg."

Ruggaber sieht sich durch diese Formulierungen kriminalisiert und droht rechtliche Schritte an.
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