In der nahezu ausverkauften Arena Nürnberg lieferten sich der HSC 2000 Coburg und der HC Erlangen ein packendes Duell auf Augenhöhe.
Der fränkische "Handball-Clásico" zwischen dem HC Erlangen und dem HSC 2000 Coburg endete klassisch. In sechs Aufeinandertreffen in Mittelfranken haben die Coburger in den vergangenen elf Jahren noch nie einen Zähler mit nach Hause nehmen können. Das änderte sich auch im siebten Vergleich vor der stimmungsvollen Kulisse von 8.108 Zuschauern in der fast ausverkauften Arena Nürnberg am Samstag nicht.
Mit einem verdienten 26:24-Erfolg in einem hochemotionalen Spiel etablierte sich Erlangen im Mittelfeld der Liga, während Coburg weiter auf dem vorletzten Tabellenplatz in der 1. Liga verharrt. Die Gastgeber spielten die gesamte Partie von vorne weg, lagen nie in Rückstand, wobei sich viele Kleinigkeiten beim HSC summierten.
"Wir haben das Coburger Spiel in den letzten Wochen sehr genau beobachtet und haben diese Erkenntnisse an die Mannschaft weitergegeben. Sie stellen eine sehr gute und aggressive Abwehr gegen die es gilt gute Lösungen zu finden", so Erlangens Coach Robert Andersson vor der Partie.
Anderssons Plan ging auf
Das ist ihm gelungen. Denn zu allererst wurden in der Abwehr des HCE die Kreise des in der letzten Woche überragenden Nico Büdel entscheidend eingeschränkt. Die von Pavel Horak organisierte Deckung ließ die Coburger selten richtig ins Spiel kommen. Die mussten fast für jeden Treffer Schwerstarbeit leisten. Zwar gelang es in der eigenen Hintermannschaft ebenfalls, den Erlanger Rückraum die Durchschlagskraft zu nehmen, aber auch darauf hatte sich der Gegner eingestellt.
Zu oft rückten die Außendecker der Coburger zur Aushilfe zu weit nach innen und gaben auf den Außenpositionen dadurch viel Raum frei. Ole Rahmel auf der rechten und Martin Stranovsky auf der linken Seite hatten im Gegenteil zum vorhergehenden Spiel beim SC Magdeburg einen richtig guten Tag erwischt und trafen selbst fast von der Torauslinie nach Belieben.
Technische HSC-Raffinessen
Auch beim HSC blitzen immer wieder technische Raffinessen auf. So blieb einem Kempa von Stefan Lex auf Florian Billek der Erfolg versagt, Sebastian Weber traf nach sehenswertem Anspiel von Adnan Harmadic zum 6:5.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Coburger den ersten größeren Rückstand beim 6:3 wieder verkürzt und ab da verlief das Spiel in immer wieder neuen Wellenbewegungen, ohne dass der HSC noch einmal zum Ausgleich kam.
Die "Katze" war immer zur Stelle
Das lag zum einen an Katsigiannis im Tor der Erlanger, der immer zum richtigen Zeitpunkt zur Stelle war als es eng wurde und mit teils artistischen Einlagen Gegentreffer verhinderte. So wie beim Stand von 12:9 als er einen Heber von Steffen Coßbau mit einer Flugeinlage gerade noch neben das Tor lenkte.
Zum anderen ist die Niederlage des Tabellenvorletzten aus Coburg wieder einmal hausgemacht. Das liegt eben auch an den immer wiederkehrenden, kräftezehrenden Aufholjagden. Es gelang einfach nicht, den Bock auch einmal umzustoßen, zum Ausgleich oder sogar zur eigenen Führung zu kommen.
Mehrmals hatten sie in der Partie Gelegenheit dazu, aber meist ging gerade dann etwas richtig schief. Freie Bälle fanden nicht den Weg ins Tor, oft waren es einfache technische Fehler, die zu Ballverlusten führten und dem Gegner in die Karten spielten, weil der sich vom größten Druck wiederholt befreien konnte. Da nutzten auch die zwischenzeitlich tollen Paraden von Oliver Krechel im eigenen Tor nichts. Schlecht war vor allem das HSC-Überzahlspiel.
Überzahlspiel mitentscheidend
Schon vor der Pause machte Erlangen zwischen der 15. und 17. Minute aus dem 7:5 in der Unterzahl ein 9:5, beim 9:5, die Zeitstrafe für den HCE war gerade abgelaufen, kassierten die Coburger eine solche. Auch Mitte der zweiten Halbzeit gelang Erlangen, die dabei den Torwart nicht wechselten und tatsächlich mit fünf gegen sechs agierten, in einer Unterzahl ein weiterer Treffer ohne dass Coburg einen setzte.
Unterm Strich bleibt: Zwei der drei Überzahlspiele gingen mit insgesamt 0:3 verloren. Das bemängelte auch Coburgs Trainer Jan Gorr: "Aus eigener Überzahl kassieren wir Tore und geraten noch selbst in Unterzahl, das darf nicht passieren."
Doch wie schon so oft ließen sich die HSCler durch die andauernden Nacken- und Rückschläge nicht unterkriegen, hielten bis zum Abpfiff dagegen. Aber erst in der Schlussphase klappte es mit dem ersten Konter, weil Erlangen bis dato ein tolles Rückzugsverhalten gezeigt und vor dem HSC-Tor recht sicher agiert hatte und sich somit auch wenig Möglichkeiten für einfache Tore boten.
Als selbst Adnan Harmandic nach einem "Steal" einen schnellen Vorstoß lief und zum 22:21 traf, keimte erneut die Hoffnung, dass die Partie doch noch kippen könnte. Doch das gegnerische Erfolgstrio des HCE mit Theilinger, Stranovsky und Rahmel war auch in der Schlussphase nicht zu bremsen.
Trotzdem feierten nicht nur die Erlanger Fans mit ihrem Team den Sieg, auch die HSC-Anhänger gratulierten ihrem Team zu dessen Leistung. "Das zeigt die tolle Identifikation unserer Fans mit der Mannschaft", zog Gorr ein positives Fazit trotz der Niederlage.
HC Erlangen gegen HSC 2000 Coburg 26:24 (15:13)
HC Erlangen: Mario Hunstock, Nikolas Katsigiannis; Nicolai Theilinger (6), Jonas Link, Isaias Guardiola Villaplana, Kevin Herbst, Michael Haaß (1), Christopher Bissel, Ole Rahmel (8), Martin Stranovsky (7/3), Pavel Horak (1), Nikolai Link (1), Jonas Thümmler (2), Stanko Sablijic.
Trainer: Robert Andersson.
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Oliver Krechel; Philipp Barsties, Lukas Wucherpfennig, Dominic Kelm, Sebastian Weber (5), Stefan Lex, Steffen Coßbau (4/1), Florian Billek (2), Till Riehn, Nico Büdel (3/1), Adnan Harmandic (2), Girts Lilienfelds (2), Romas Kirveliavicius (6). - Trainer: Jan Gorr.
SR: Nils Blümel / Jörg Loppaschewski.
Spielaufsicht: Bernd Andler
Spielfilm: 1:0 (5.), 3:3 (9.), 5:3 (11.), 6:5 (14.), 9:5 (17.), 10:6 (19.), 10:9 (23.), 13:9 (26.), 13:11 (HZ), 16:12 (36.), 17:16 (43.). 19:16 (45.), 19:18 (48.), 21:18 (51.), 22:19 (52.), 22:21 (53.), 23:22 (55.), 25:22 (57.), 25:24 (59.), 26:24.
Zuschauer: 8.108 in der Arena Nürnberg (fast ausverkauft).
Strafminuten: 6 (Guardiola Villaplana, Horak, N. Link) - 8 (Kirveliavicius, Barsties 4, Riehn).
Siebenmeter: 3/3 - 3/2.
Beste Spieler: Theilinger, Stranovsky, Rahmel - Weber, Coßbau.
Stimmen zum Derby
HSC-Trainer Jan Gorr: "Wir haben aus unseren Ballgewinnen zu wenig gemacht, auch das Konterspiel ist uns etwas abhandengekommen. Im Positionsangriff waren wir mit Erlangen auf Augenhöhe."
HSC-Geschäftsführer Steffen Ramer: "Das war ein stimmungsvolles, emotionales Derby als große Werbung für den Handballsport. Natürlich ist eine solche Niederlage schade."
HC-Trainer Robert Andersson: "Aus unserem Rückraum kam sehr wenig, nicht alles hat zu 100 Prozent geklappt. Katsigiannis hat aber wichtige Bälle pariert und von Außen haben wir sehr gut getroffen."
HC-Geschäftsführer Rene Selke: "Es war ein grandioses Handballfest, in dem kein Schönheitspreis zu gewinnen war. Ein Hexenkessel, in dem beide Lager alles reingelegt haben.