Wo heute Hunde Ferien machen und Bayreuth-Pendler ihr Domizil aufgeschlagen haben, erlebten bayerische Soldaten vor 153 Jahren im Kampf gegen die Preußen eine schwarze Stunde.
Der Name weckt von Anfang an die Neugier. Wer von Bayreuth die Bundesstraße 22 entlang nach Osten in Richtung nördliche Oberpfalz fährt, kommt nach einer knappen Viertelstunde vorbei am Ort Seybothenreuth. Just da, neben der B 22, hatte er eingeschlagen, unser Pfeil.
Seybothenreuth. Ein Name, wie es ihn nur einmal gibt in Franken, in Deutschland, wohl weltweit.Worauf er zurückzuführen ist? Die ersten Seybothenreuther, die wir treffen, zucken mit den Schultern. Auch Linda Mucha weiß es nicht. Die Rentnerin mit dem Berliner Dialekt wohnt seit 20 Jahren hier. Ihr Haus fällt sofort auf. Nicht, weil es einmalig ist. Im Gegenteil. Es gibt viele dieser Häuser am sogenannten Burgstallring, der einzigen Ringstraße im Ort. Schmal sind sie, gerade mal vier Meter breit, alle mit Spitzdächern und kleinem Vorgarten.
Kleine Reihenhäuser auf dem Land? Dort, wo Platz normalerweise keine Rolle spielt? Ungewöhnlich. "Die sehen kleiner aus als sie sind", sagt die ältere Dame und lächelt. Ende der 1990er Jahre hätten sie und ihr verstorbener Mann so ein Häuschen gekauft - von den Amerikanern. Diese hatten die Häuser in den 1980er Jahren für ihre in Grafenwöhr stationierten Soldaten und deren Familien errichtet. Küche, Toilette und Waschraum im Erdgeschoss, Schlafzimmer und Dusche im 1. Stock. ganz oben ein Bad und zwei Räume mit schrägen Wänden: insgesamt 130 Quadratmeter Wohnfläche. "Wir sind damals aus beruflichen Gründen hierhergezogen, weil die BAT-Zigarettenfabrik in Berlin zugemacht hat", erzählt Mucha. "Die Ruhe war für uns Berliner ziemlich ungewohnt."
Mucha winkt ihrem Nachbarn. Diethard Kneisel hat zumindest eine Vermutung, was den Ortsnamen angeht. "Seybothenreuth, das hängt mit Sauboden zusammen", sagt er. Es gebe im Übrigen historisch gesehen noch das Schloss, das älteste Gebäude des Ortes, in Privatbesitz. "Und da oben irgendwo auf dem Hügel ist so ein Denkmal von einer Schlacht", ergänzt Mucha. "Ich kann nicht sagen, für was es steht." Bevor wir weitergehen, lobt die Rentnerin noch die Verkehrsanbindung. "Nach Bayreuth sind es mit der Bahn zwei Stationen. In elf Minuten ist man dort."
"Ich hasse Autofahren"
Am Bahnhof ist um 11.47 Uhr wenig los. Nur Maria Ruppenstein wartet im Unterstellhäuschen auf den Zug. "Ich fahre in meine Heimat, nach Bad Staffelstein", erzählt sie. Die Liebe habe sie nach Seybothenreuth verschlagen. Seit 2012 lebe sie hier mit ihrem Mann, der aus Seybothenreuth stammt. Der Agilis-Zug hat schon drei Minuten Verspätung. Das ermöglicht uns, weiter zu plaudern. Als sie noch nicht im Ruhestand gewesen sei, sei sie jahrelang von hier mit der Bahn nach Staffelstein zur Arbeit gefahren, drei Stunden täglich. "Ich hasse Autofahren", sagt Ruppenstein. "Ich habe zwar ein Auto, aber wenn ich es vermeiden kann, damit zu fahren, vermeide ich es."
Der kleine Agilis-Zug kommt und hält. Maria Ruppenstein steigt ein, als Einzige. Danach fährt der Zug ab Richtung Bayreuth. In einer halben Stunde wird der nächste eintreffen.
Wir fahren die Hauptstraße entlang und suchen das Schloss, von dem im Gespräch bei den "Amerikaner-Häusern" die Rede war. Das Haus mit dem Wappen über der Tür muss es wohl sein. Als wir aussteigen, werden wir von etwas anderem abgelenkt. Gegenüber ist eine Hundepension. Inhaber Andreas Pfitzer bittet uns auf Nachfrage in den Garten. Zwölf Hunde verschiedener Rasse und Größe sind anfangs so skeptisch wie wir. Doch nach kurzer Zeit verstummt das Bellen von Berner Senner, Huski, Spitz oder Mischling.