Im Wald zwischen Rothof und Weipelsdorf erinnert eine Marter an eine Bluttat. Sie ist nicht nur ein markanter Punkt im Wald, sondern auch Denkmal, das die Fleischerinnung und die Gemeinde Bischberg schätzen - und pflegen.
Heute wäre das dem Metzgersburschen sicher nicht passiert. Da hätte er alles überwiesen, mit e-banking gearbeitet und, sofern er ansonsten gesund gewesen wäre, ein langes Leben haben können. Aber andererseits hätte dann der Weipelsdorfer Wald eine Besonderheit weniger: Dann gäbe es die Metzgermarter an der Kolmsdorfer Schneise nicht und die Fleischerinnung wäre um ein Element, das aus Erinnerungsgründen zur Zusammenkunft taugt, ärmer.
So steht nun an der Kolmsdorfer Schneise, eingerahmt von mächtigen Bäumen, ein in die Denkmalliste eingetragenes Kulturgut. Bislang war nur der Hauptstein als Denkmal eingetragen. Nun gilt das auch für den mit einem Kreuz versehenen Nebenstein, den Kreuzstein.
Den hat das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz neu und nachträglich in die Denkmalliste aufgenommen.
Die Metzgermarter bietet Wanderern und Spaziergängern nicht nur zwei Ruhebänke zum Verschnaufen, sondern obendrein auch noch Stoff zum Nachhängen ... die Geschichte des armen Metzgersburschen eben.
Wie gesagt, die Fleischerinnung ist es, die sich der Marter annimmt. Deren Geschäftsführer Norbert Liebig kann sich noch erinnern, wie eine der ersten umfassenderen Renovierungen der Nachkriegszeit vor 30 Jahren groß gewürdigt wurde. Immerhin hatte sich die Innung die Instandsetzung der über drei Meter hohen Steinsäule stolze 10 000 Mark kosten lassen. Gefeiert wurde das gelungene Werk mit einem Gottesdienst, "im Freien", berichtet der 59-Jährige. Seitdem hat sich dieser Metzger-Gottesdienst etabliert, "immer mit der Singgemeinschaft Lichteneiche", allerdings an wechselnden Orten.
Liebigs Vater Helmut war beim ersten Metzger-Gottesdienst als Obermeister mit von der Partie und Pfarrer Ewald Thoma zelebrierte diesen Metzger-Gedenkgottesdienst. Die Geschichte hinter der Marter "hat uns Ferdinand Kohlert dargelegt", weiß Liebig noch heute. Was beweist, wie sehr das Schicksal des gemeuchelten Metzgerkollegen auch ihn beschäftigt hat.
Den Überlieferungen zufolge wurde ein Friedrich Hoffmann (Fryderycus) aus Bayreuth (Baireut) auf dem Nachhauseweg von einem Geschäft just an dieser Stelle jämmerlich ermordet. Die Tat selbst ereignete sich bereits 1565. Allerdings sind ansonsten keine weiteren Details überliefert, weder wo der "Metzgers Jung" begraben ist, noch über den weiteren juristischen Verlauf. Offenbar wurde der Mörder nie gefunden und gerichtet. Lediglich die Marter mit dem Text zur Missetat und die Zunftzeichen haben die Zeit überdauert.
Allerdings drohte die Marter zu zerfallen. Laut Altbamberger Band II, wie es in einem FT-Artikel aus dem Jahr 1967 heißt, war sie um 1840 so zerfallen, dass die Steine herumlagen. Ein Bauer, der einen Stall bauen wollte, hatte deshalb bei der städtischen Administration nachgefragt, ob er sie dafür überlassen bekommen könnte. Das Ansinnen stieß auf Ablehnung, stattdessen wurde die Marter wieder aufgestellt. 1930, so ist weiter zu lesen, hat sie Bildhauer Hans Leitherer "kunstgerecht" erneuert. Danach hatte die Metzgermarter jedenfalls einen breiteren Sockel, ein neues Meisterzeichen der Bildhauerzunft und wieder sichtbare Embleme des Metzgerhandwerks. Von der ursprünglichen künstlerischen Gestaltung des Marterstockes jedenfalls konnte nichts die Zeit überdauern.
Intensiv mit der Metzgermarter beschäftigt hat sich Hans Müller aus Memmelsdorf, selbst Metzger und leidenschaftlicher Hobby-Historiker. Aus seinem Bestand stammt übrigens auch der FT-Artikel des Jahres 1950, dessen Kopie das Bischberger Archiv wie weitere Dokumente zur Marter füllt. Darin heißt es, "In früheren Zeiten war es Brauch, die Erinnerung an schwere Verbrechen, die auf öffentlichen Wegen verübt worden waren, durch allgemein sichtbare Zeichen festzulegen." Wie ein weiterer FT-Bericht belegt, war es im Jahr 1971 der Forst, das heißt das Forstamt Bamberg West, das sich um die erneute Instandsetzung der Marter kümmerte. Was es mit den beiden Steinen an der Marter auf sich hatte, war damals nicht bekannt.
Nun jedenfalls, so hat der Bischberger Gemeinderat vor kurzem erfahren, wurde der Kreuzstein neu in die Denkmalliste aufgenommen. Grund genug für Bürgermeister Johann Pfister (BI) und seinen früheren Kollegen von der Berufsschule, Norbert Liebig, der Marter einen Besuch abzustatten. Dabei erwähnt Liebig auch den bislang letzten Marter-Akt: die Renovierung im Jahre 2009 mit Hilfe der Kultur- und Denkmalstiftung der Sparkasse Bamberg. Dabei wurde auch die neue Gedenktafel aus Messing aufgestellt.
Einen Besuch wert
Nach diesem Besuch im schönen Frühlingswald findet Liebig, dass man der Metzgermarter seitens der Fleischerinnung öfter die Ehre eines Besuchs erweisen könnte ...
Der Gemeinde Bischberg jedenfalls läge die Metzgermarter und deren Bewahrung am Herzen, unterstreicht der Bürgermeister, und das nicht nur, weil Bischberg heuer mit seinem Jubiläum 1000 Jahre Bischberg besonders für Historisches sensibilisiert ist.
Beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege läuft bis 2014 eine so genannte Nachqualifizierung für Denkmäler. Dabei fand nun auch der Kreuzstein neben der Metzgermarter Aufnahme in die Denkmalliste. In dieser sind allein für den Landkreis Bamberg 911 Bodendenkmäler, 1917 Einzelbaudenkmäler und elf Ensembles aufgenommen. Besonders stolz ist das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege auf seine Denkmalliste, die auf dessen Homepage online steht und jedem zeigt, welche Denkmäler sich in seiner Region befinden. "Sie wird tagesaktuell gepflegt", betont Pressesprecherin Beate Zarges.
"Der bisher noch nicht erfasste Kreuzstein gehört zu einer Gattung von Flurdenkmälern, die ausschließlich entlang von alten Straßen und Wegkreuzen, gelegentlich auch an Waldrändern, auf Anhöhen oder auf alten Gemeinde- bzw. Herrschaftsgrenzen aufgestellt wurden. Der unmittelbare Anlass für eine solche Stiftung ist in der Regel nicht schriftlich bezeugt und, wenn nicht mündlich überliefert, vergessen. Sie steht häufig im Zusammenhang mit einem Todesfall oder auch mit einem Totschlagsdelikt. Der geistesgeschichtliche Hintergrund ist, dass an solchen Denkmälern Fürbittgebete gehalten wurden. Es handelt sich bei diesem Brauchtum um einen ausschließlich katholischen Ritus.
Die Erfassung und Erforschung von Weg-, Stein- und Flurkreuzen wird auch durch zahlreiche Heimatforscher, volkskundliche Institute und Vereine betrieben und die Ergebnisse in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht", heißt es im Schreiben Zarges zum Bischberger Kreuzstein weiter.