Flüchtlingshilfe: "Wir müssen einfach nur machen!"

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Ayhan Cetin, Koch im Bruckertshof, Mohamad Abazli, in Syrien ausgebildeter Koch und derzeit Praktikant im Bruckertshof, erklären dem Abgeordneten Andreas Schwarz die syrischen Spezialitäten. Foto: Abgeordnetenbüro
Ayhan Cetin, Koch im Bruckertshof, Mohamad Abazli, in Syrien ausgebildeter Koch und derzeit Praktikant im Bruckertshof, erklären dem Abgeordneten Andreas Schwarz die syrischen Spezialitäten. Foto: Abgeordnetenbüro
Rund 90 Zuhörer im Bamberger Lulisaal waren zu dieser Veranstaltung gekommen
Rund 90 Zuhörer im Bamberger Lulisaal waren zu dieser Veranstaltung gekommen
 
von links: Anette Kramme, Doris Lüken-Klaßen, Soziologin an der Universität Bamberg, Andreas Schwarz
von links: Anette Kramme, Doris Lüken-Klaßen, Soziologin an der Universität Bamberg, Andreas Schwarz
 

Wie kann Integration von Flüchtlingen gelingen? Unter diesem Motto fand eine Informationsveranstaltung für Flüchtlingshelfer und Ehrenamtliche statt.

Nach aktuellen Schätzungen sind zurzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht und rund 1,1 Millionen Menschen sind in Deutschland angekommen. Für den Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz (SPD) steht unsere Gesellschaft vor großen Aufgaben. Doch ganz klar ist für Schwarz, dass Integration nicht in Berlin oder München stattfindet, sondern vor Ort in den Städten und Gemeinden. Geleistet wird diese von vielen "überdurchschnittlich engagierte Menschen, die ihre Freizeit opfern, in die Unterkünfte gehen, Deutschkurse abhalten oder bei Behördengängen oder Arztbesuchen helfen".

Staatssekretärin Anette Kramme (SPD) informierte bei der Veranstaltung im Luli-Saal über laufende Maßnahmen und Programme der Bundesrepublik zur Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Insbesondere im Bereich der Arbeitsmarktpolitik seien weitere Mittel bereitgestellt worden. Sie bedauerte es, dass man in Deutschland "nicht mehr Verständnis mit dem Thema Flüchtlinge zeigt". Neueste Umfragen sprechen von "einer zunehmenden Radikalisierung der Gesellschaft, in der für viele die AfD zum Sprachrohr wird". In Zukunft gehe es vor allem darum, die Gesellschaft zusammenzuhalten und gemeinsam Hetze gegen Flüchtlinge zu bekämpfen. "Ich bin stolz auf Sie und auf das, was Sie leisten", so Kramme, die sich ausdrücklich bei den vielen anwesenden Helfern bedankte.

Doris Lüken-Klaßen vom Europäischen Forum für Migrationsstudien an der Universität Bambergging in ihrem Impulsreferat der Frage nach, wie Integration gelingen könne und was Integration bedeute. Für sie kann Integration nur dann gelingen, wenn Flüchtlinge Deutsch lernen und gewillt sind, sich an die Werte und Normen der deutschen Gesellschaft anzupassen. Die Verantwortung dafür liege aber bei der Aufnahmegesellschaft. Sie setzt Rahmenbedingungen und muss dafür entsprechende Mittel bereitstellen. Integration sollte immer als Querschnittspolitik verstanden werden.


Einwanderungswellen

Anhand von statistischen Daten wurde deutlich, dass die Bundesrepublik Deutschland schont immer Ziel von "Einwanderungswellen" war. Ganz gleich, ob es sich um Menschen aus den ehemaligen Ostblockstaaten, Arbeitsimigranten aus Italien, Portugal und der Türkei, Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion oder Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien handelte. Sie alle haben Deutschland ein bisschen bunter und weltoffener gemacht und mittlerweile hat jeder fünfte Bundesbürger einen Migrationshintergrund. Die Referentin zeigte sich sehr zuversichtlich, dass auch die aktuelle Integration von Flüchtlingen und Asylbewerben gelingen kann. Die Gesellschaft dürfe dabei lediglich nicht vergessen, dass "es Menschen sind, die zu uns kommen". Die Geschichte der Bundesrepublik hat gezeigt, so Doris Lüken-Klaßen, "dass wir Integration können" und "wir einfach nur machen müssen".

Lenemarie Funck-Späth vom Verein "Freund statt fremd" und Carola Wieland vom Migrationssozialdienst der Arbeiterwohlfahrt sprachen über ihre Arbeit in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften in der Stadt und im Landkreis Bamberg.

In der sich anschließenden Diskussion berichteten Ehrenamtliche über ihre Tätigkeiten und ihre Erfahrungen. Eine Reihe von Hausaufgaben wurde den anwesenden Politikern mit auf den Weg gegeben. Angefangen von der Kritik an der langen Verfahrensdauer der Asylverfahren, scheinbar unüberwindbaren bürokratischen Hindernissen und die mangelnden ärztlichen Versorgung der Flüchtling bis hin zu den Schwierigkeiten bei der Familienzusammenführung.

Zur Sprache kam auch der fehlende öffentliche Personennahverkehr im ländlichen Raum und die daraus resultierenden Probleme für die Flüchtlinge. Ebenfalls beklagt wurde die mangelhafte Unterstützung der Ehrenamtlichen in manchen Landkreiskommunen.


Migrationsbereiat im Kreis

Darüber hinaus wurde angesprochen, dass sich so manches attraktive Geschäftsmodell, insbesondere mit den zur Verfügung gestellten Unterkünften, mit dem Not und dem Elend der Menschen machen lässt. Viele Ehrenamtliche haben das Gefühl, dass "die Politik" immer wieder Maßnahmen beschließt, "die dann in der Realität einfach nicht praktikabel beziehungsweise realisierbar sind. Auf eine entsprechende Anregung aus dem Publikum vertrat Andreas Schwarz die Meinung, dass "ein Migrationsbeirat auf Landkreisebene möglicherweise in der Lage ist, die jeweiligen kommunalen Hilfeleistungen besser zu vernetzen". Der Migrantenbeirat der Stadt Bamberg könnte Modell für ein solches Projekt im Landkreis sein.

Gelebte Integration konnten sich die zahlreich erschienen Besucher beim vorbereiteten Imbiss "schmecken lassen". Für syrische Snacks sorgte Karam Abazli, ein in Syrien ausgebildeter Koch aus der Flüchtlingsunterkunft in Gundelsheim. Er arbeitet seit Kurzem in der Gaststätte Burckertshof. Auf der Arbeit werden seine noch fehlenden Sprachkenntnisse vom arabisch sprechenden türkischen Koch kompensiert und seine Deutschkenntnisse durch die russische Spülhilfe immer weiter verbessert.