Viereths Bürgermeisterin und der Banküberfall

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Diese Sparkassen-Filiale in Viereth wurde am Donnerstagabend überfallen.Ronald Rinklef
Diese Sparkassen-Filiale in Viereth wurde  am Donnerstagabend  überfallen.Ronald Rinklef

Der vermeintliche Täter des Banküberfalls vom Donnerstag ist schnell gefasst worden. Was die Tat aber für die Opfer bedeutet, wird sich erst zeigen.

"Es war ein Donnerstag und auch wieder so gegen halb sechs, kurz vor Schluss." Regina Wohlpart hat die Vergangenheit eingeholt. Als sie diesen Donnerstag kurz nach sechs das Rathaus verlässt, erfährt sie von einer Mitarbeiterin, dass offenbar die Sparkassen-Filiale überfallen wurde. Genau das hatte sie selbst erlebt. Als Mitarbeiterin der Sparkasse. Am Schalter. In Viereth, vor 25 Jahren. "Da war alles auf einen Schlag wieder da, wie ein Film", sagt die heutige Bürgermeisterin.

In dieser Funktion ist sie diesen Donnerstag nach Dienstschluss schnell runtergefahren zur Sparkasse. Da war alles voller Polizeiautos. Leute von der Sparkasse waren da. Dann hat Regina Wohlpart erfahren, dass es tatsächlich einen Überfall gegeben hat. Also wieder einen. "Nur war es damals im Mai und hell."

Sie stand an diesem Mai-Donnerstag 1992 hinter Panzerglas am Schalter, davor ein Kunde. Dann kam der Maskierte. Mit Handgranate und Pistole.

Regina Wohlpart kann nur zu gut nachfühlen, wie es in der Sparkassenmitarbeiterin aussehen muss, die diesen Donnerstag in der Bank war. Sie kennt die Dame selbstverständlich auch persönlich.
Wie die Polizei zum aktuellen Überfall berichtet, hat die Angestellte den Mann angesprochen, als er sie daraufhin mit einer Waffe bedrohte, die er hinter einer Tüte hervorgeholt hatte. Dann verschwand er. Noch am frühen Freitagmorgen hat die Polizei den Mann geschnappt: In Hessen nahmen Beamten den mutmaßlichen Täter fest. Es handelt sich um einen 57-jährigen Bamberger. Dieser wird wohl spätestens am Samstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Mit der Hilfe von Zeugenhinweisen konnte die Polizei den Bamberger ermitteln. Am frühen Freitag ließ er sich ohne Widerstand an einer Autobahnraststätte an der A 6 festnehmen.

Auch der Täter von vor 25 Jahren wurde ermittelt, erinnert sich Regina Wohlpart. In ihrem Fall waren sogar mehr Leute beteiligt. "Die hatten sich zuvor schon auffällig verhalten, ein Teenager hatte sich ein Autokennzeichen gemerkt". So wurde der Täter gestellt. Und in der Folge auch verurteilt.

Damit war für Regina Wohlpart der Fall bei weitem nicht erledigt, geschweige denn abgehakt. "So was vergisst man nie!"

Vermutlich hätte sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können, aber Regina Wohlpart hatte für sich entschieden, sich der Sache alleine zu stellen, sie alleine aufzuarbeiten. Die ersten Tage nach dem Überfall war sie daheim geblieben.

Es hatte "mindestens ein Jahr gedauert, bis ich alles einigermaßen verarbeitet hatte". Freilich hatte sie das erste Jahr nach dem Überfall häufig Angst und später immer ein ungutes Gefühl, "wenn zum Beispiel jemand mit Helm in die Bank gekommen ist."

Froh ist die 50-Jährige im Nachhinein über den einfühlsamen Polizeibeamten, der sie seinerzeit vernommen hat. Auch so etwas bleibe in Erinnerung. In dem Fall in guter. Hin und wieder begegnet sie diesem Mann, da er in der Nähe der Gemeinde auf die Jagd geht.

Auch den Kunden, der im Mai 1992 am Schalter gestanden hatte, trifft die heutige Bürgermeisterin ab und an. "Wenn wir uns sehen, ist da immer eine besondere Verbindung."

Künftig wird sie eine ganz neue Verbindung wohl auch zu der Dame und früheren Kollegin haben, die in dieser Woche einen ähnlichen Alptraum durchlitten hat wie sie selbst. "Das steckt man nicht einfach so weg, das bleibt immer im Unterbewusstsein."

Bei bestimmten Anlässen, so wie eben dem schlimmen in dieser Woche, läuft der Film wieder ab. "Der komplette Ablauf ist drin im Unterbewusstsein." Sie könnte ihn genau schildern." Regina Wohlpart weiß aber auch: "Einfach nur darüber zu reden hilft."

Die Sparkasse ist indes froh, so Pressesprecher Mathias Polz, dass der Mitarbeiterin nichts passiert ist, das stehe an erster Stelle. Man habe ausgebildete Erstbetreuer, die sofort in die betroffene Geschäftsstelle kommen. Dringend werde geraten, sich in psychologische Nachbetreuung zu begeben. Die Entscheidung liege aber beim jeweiligen Mitarbeiter.

Am Freitag blieb die Vierether Geschäftsstelle wegen des Überfalls geschlossen, ab nächsten Mittwoch geht der Betrieb weiter. Mit oder ohne die überfallene Mitarbeiterin wird sich zeigen. Es sei ihre Entscheidung so Polz, die respektiert werde. So wie damals bei Regina Wohlpart.

Freilich wird die 42-Jährige frühere Kollegin Regina Wohlparts ihrerseits diesen Donnerstag im Dezember 2017 wohl nie vergessen.